Technik kurz erklärt Die Entwicklung des Faxgeräts

Autor M.A. Bernhard Richter

In unserer Serie „Technik kurz erklärt“ stellen wir jede Woche ein Meisterwerk der Konstruktion vor. Heute: Das Faxgerät

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Ein sowjetisches Faxgerät aus den 1960er Jahren.
Ein sowjetisches Faxgerät aus den 1960er Jahren.
(Bild: Soviet fax machine / Mikhail (Vokabre) Shcherbakov / CC BY-SA 2.0)

Was gab es zuerst? Das Telefon oder das Faxgerät? Intuitiv würden viele von uns wie aus der Pistole geschossen antworten: Natürlich das Telefon! (Über dessen Konstruktionsgeschichte Sie hier mehr lesen können)

Allerdings war das Faxgerät rund elf Jahre früher dran, als das Telefon - aber der Reihe nach:

Im Jahre 1846 (zwei Jahre vor der Frankfurter Nationalversammlung und im Geburtsjahr von Buffalo Bill) arbeitete der schottische Erfinder und Konstrukteur Alexander Bain an einem ersten Faxgerät und konnte Bilder und Grafiken in Laborversuchen reproduzieren. Schon 1843 - drei Jahre früher - bekam er das Patent für einen "Electric Printing Telegraph" erteilt.

Frederick Bakewell verbesserte das System Bains im Verlauf der 1840er Jahre und konnte auf der Londoner Industrieausstellung 1851 ein funktionsfähiges Modell vorstellen.

Londoner Industrieausstellung 1851

Das System bestand darin, mit einer speziellen nichtleitenden Tinte auf ein Stück Metallfolie zu schreiben oder zu zeichnen; die Folie wurde dann um einen Zylinder gewickelt, der sich langsam drehte und von einem Uhrwerk angetrieben wurde. Ein von einem Schraubengewinde angetriebener Metallstift bewegte sich bei seiner Drehung über die Oberfläche des Zylinders und zeichnete einen Weg über die Folie nach. Jedes Mal, wenn der Stift die nichtleitende Tinte durchquerte, wurde der Strom durch die Folie zum Stift unterbrochen. Am Empfänger markierte ein ähnlicher pendelgetriebener Taststift chemisch behandeltes Papier mit einem elektrischen Strom, während sich der Empfängerzylinder drehte.

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Wie auch schon beim Telefon baute ein italienischer Erfinder auf den Geräten vorheriger Konstrukteure auf und so erfand Giovanni Caselli den Pantelegraphen und konnte über die normalen Telegrafenleitungen der Zeit in den 1860er Jahren einen kommerzielle Fax-Service anbieten. Der Pantelegraph konnte Handschrift, Texte und Zeichnungen bis zu einer Größe von 100 mm auf 150 mm übertragen. Zeitgenössische Herrscher und Gelehrte waren von der Qualität und der Zuverlässigkeit des Gerätes erstaunt, das Mitte der 1860er Jahre Bilder über hunderte Kilometer senden und empfangen konnte,

Scannen statt abtasten

Im Jahr 1880 konstruierte der englische Erfinder Shelford Bidwell den Fototelegraphen, der als erstes Telefaxgerät jedes zweidimensionale Original fotografisch abtastete und kein manuelles Plotten oder Zeichnen erforderte. Um 1900 erfand der deutsche Physiker Arthur Korn den Bildtelegraphen, der vor allem in Kontinentaleuropa weit verbreitet war, nachdem 1908 ein Foto einer gesuchten Person von Paris nach London übermittelt worden war.

Das Verfahren basiert auf den Halbleiter-Eigenschaften von Selen, das seinen Widerstand unter Lichteinwirkung ändert. Ein Foto wurde auf einen transparenten Film belichtet. Dieser wurde auf einen Glaszylinder gezogen und darauf zeilenweise abgetastet. Ein Spiegel im Inneren des Zylinders warf das Licht auf eine Selenzelle. Am Zielpunkt wurden die elektrischen Signale wieder in Licht umgewandelt, mit dem ein Film auf einem entsprechenden Glaszylinder belichtet wurde. Die erste telegrafische Bildübermittlung nach Korns Verfahren erfolgte von München nach Nürnberg im Jahr 1904 und dauerte 44 Minuten.

Von teurer Spezialnutzung zum Allerweltsgerät

Die Bildtelegraphen wurden lange Zeit aufgrund von Aufwand und Kosten nur punktuell eingesetzt, etwa in Polizeiverwaltung und Zeitungsredaktionen. Erste Prototypen einer neuen öffentlich zugänglichen Telefaxgeneration kamen in den 1970er Jahren unter der Bezeichnung Fernkopierer auf - allerdings verkannte man die technischen Möglichkeiten und verzichtete auf eine Vermarktung. 1979 wurde der Faxdienst offiziell von der Deutschen Bundespost eingeführt, konnte sich aber erst in den 80er Jahren allmählich in bundesdeutschen Büros etablieren. Als das teure und nicht lange haltbare Thermopapier durch normales Schreibpapier ersetzt werden konnte, brachen die Dämme - Mitte der 90er Jahre war das Faxgerät in deutschen Büros quasi unverzichtbar. Innerhalb von 12 Jahren stieg die Zahl der Anschlüsse von rund 4000 auf 1,1 Mio. (1993).

Das Fax im 21. Jahrhundert

Obwohl Unternehmen in der Regel immer noch über eine Art von Faxfunktionalität verfügen, sieht sich die Technologie einer zunehmenden Konkurrenz durch internetbasierte Alternativen gegenüber gestellt. Da in einigen Ländern elektronische Unterschriften auf Verträgen noch nicht gesetzlich anerkannt sind, während per Fax unterzeichnete Verträge mit Kopien der Unterschriften anerkannt werden, werden Faxgeräte im Geschäftsleben weiterhin unterstützt.

In vielen Unternehmen wurden freistehende Faxgeräte durch Multifunktionsgeräte oder andere computergestützte Systeme ersetzt, die in der Lage sind, eingehende Faxe elektronisch zu empfangen und zu speichern und sie dann auf Papier oder per E-Mail (die verschlüsselt werden kann) an die Benutzer weiterzuleiten. Solche Systeme haben den Vorteil, dass sie die Kosten senken, indem sie unnötige Ausdrucke eliminieren und die Anzahl der von einem Büro benötigten Telefonleitungen reduzieren.

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