Elektromobilität Dichte Traktionsbatterien leben länger

Autor / Redakteur: Dipl.-Ing. Sandra Seitz / Dipl.-Ing. (FH) Sandra Häuslein |

Warum die Dichtheit von Traktionsbatterien in E-Fahrzeugen eine bedeutende Rolle spielt und wie diese sicher zu prüfen ist, erklären wir hier.

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Um die Ladekapazität von Traktionsbatterien für Eletkro- bzw. Hybrid-Elektro-Fahrzeuge hoch zu halten, sollte auch die kleinste Batteriekomponente Dichtheit gewährleisten.
Um die Ladekapazität von Traktionsbatterien für Eletkro- bzw. Hybrid-Elektro-Fahrzeuge hoch zu halten, sollte auch die kleinste Batteriekomponente Dichtheit gewährleisten.
(Bild: ©Patrick P. Palej - stock.adobe.com)

Wir alle kennen das Phänomen von unseren Smartphone-Akkus: über kurz oder lang nimmt ihre Ladekapazität ab. Selbstverständlich ist es im Interesse von Zulieferern, Herstellern und ihren Kunden, diesen Effekt bei den kostspieligen Traktionsbatterien für Elektro- bzw. Hybrid-Elektro-Fahrzeuge zu minimieren. Gelegentlich wird derzeit als Zielgröße eine Speicherfähigkeit von noch ungefähr 80 % nach 10.000 Ladezyklen genannt. Soll die EV/HEV-Batterie eine für den Endkunden akzeptable Lebensdauer erreichen, muss bereits auf Ebene der kleinsten Batteriekomponente – der einzelnen Batteriezelle – Dichtheit gewährleistet sein. So darf weder Elektrolyt aus der Batteriezelle austreten noch darf Feuchtigkeit in die Zelle eindringen, auch keine Luftfeuchtigkeit. Die Anforderung ist also, dass jede Batteriezelle gasdicht ist. Ist sie dies nicht, reduziert sich neben ihrer Leistung gleichzeitig ihre Lebensdauer: Eine undichte Zelle rutscht schon nach viel weniger Ladezyklen aus ihrem Normbereich für die Kapazität. Und auf Dauer kann eindringende Luftfeuchtigkeit die Batteriezelle sogar vollständig zerstören.

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Es gibt drei unterschiedliche Bauformen für Batteriezellen. Rundzellen (auch als Typ 18650 bekannt) und prismatische Zellen weisen beide ein stabiles Gehäuse auf, während die sogenannten Pouch-Zellen ein flexibles Gehäuse haben. Bei prismatischen Zellen können sogar Vorprüfungen vor der eigentlichen Versiegelung sinnvoll sein. Aber allen drei Bauformen ist gemeinsam, dass die mit Elektrolyt gefüllten Batteriezellen nach ihrer Versiegelung auf Dichtheit geprüft werden müssen, um das Eindringen von Luftfeuchtigkeit auszuschließen. Die dafür erforderlichen Grenzleckraten liegen im Bereich von 10-5 mbar·l/s bis 10-6 mbar·l/s. Ältere Verfahren wie Wasserbad, Lecksuchspray oder Druckabfallmessung sind für diese Anforderungen ungeeignet.

Helium-Prüfung in der Vakuumkammer

Sinnvoll ist hier vielmehr eine moderne, integrale Prüfgasmethode, die ebenso schnell wie genau ist: in einer Vakuumkammer mit Helium als Prüfgas. Diese Art der Qualitätssicherung lässt sich besonders einfach realisieren, wenn der Elektrolytfüllung bereits eine kleine Menge Helium – etwa 5 % – zugegeben werden kann, weil dann jeder Prüfling das Prüfgas bereits enthält.

Viele Hersteller von Batteriezellen führen bereits an deren Gehäusen Dichtheitsprüfungen durch. Die festen Gehäuse von prismatischen und Rundzellen werden dazu evakuiert, wieder mit 100 % Helium befüllt und versiegelt. Man platziert die Zelle in einer Vakuumprüfkammer, evakuiert die Kammer und misst dann, wie viel Helium in einem gegebenen Zeitraum aus der Zelle austritt. Anschließend an die Ermittlung der Leckrate lässt sich das Helium aus der Zelle zurückgewinnen. Bei diesem Gehäusetest arbeitet man meist mit einer Grenzleckrate von 10-5 mbar·l/s. Es ist auch möglich, die Heliumkonzentration zu reduzieren – man mischt das Prüfgas dann mit trockener Luft oder mit Stickstoff. Für Vortests an den beutelartigen Gehäusen von Pouchzellen fährt man meist mit einer Helium-Schnüffelspitze an den Siegelnähten der Zelle entlang.

Derzeit beziehen deutschen Automobilhersteller ihre Batteriezellen fast ausschließlich von asiatischen Zulieferern, die die Dichtheit ihrer Zellen bereits in der Fertigung prüfen.

Gefahren beim Transport

Dennoch sind Beschädigungen von Batteriezellen auf ihrem Transportweg keine Seltenheit. So dürfen Lithium-Ionen-Batterien und -Zellen wegen ihrer Brandgefährlichkeit nicht mehr als Fracht von Passagierflugzeugen transportiert werden. Zugleich setzt man spezielle Cargo-Foam-Systeme ein, um gezielt sogar Brände in Containern mit Batteriezellen an Bord von Frachtmaschinen löschen zu können.

Viele Experten und Wissenschaftler – beispielsweise das Institut für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) der RWTH Aachen – sind daher der Ansicht, es sei von großer Bedeutung, einen effizienten Wareneingangstest zu konzipieren, damit deutsche Hersteller und Zulieferer fehlerhafte Zellen vor dem Zusammenbau erkennen können. Tatsächlich gibt es bei Weiterverarbeitern sogar schon den Trend, die Batteriezellen aus Asien leer zu beziehen. Dann werden sie erst nach dem Transport vom deutschen Empfänger mit Elektrolyt befüllt, verschlossen und formatiert. Nach dem Befüllen und Verschließen ist dann ohnehin eine Dichtheitsprüfung notwendig.

Auch in den anschließenden Wertschöpfungsprozessen sind verschiedene Dichtheitsprüfungen erforderlich. Zur Weiterverarbeitung werden die Batteriezellen zunächst zu Batteriemodulen zusammengebaut, aus denen wiederum Batteriepacks entstehen. Einige deutsche OEMs übernehmen diese Produktionsschritte selbst, andere beziehen ihre Batteriepacks von deutschen Tier-1-Suppliern. Sowohl Batteriemodule als auch Batteriepacks sind normalerweise mit mehreren Kühlkanälen versehen, die entweder mit einem Wasser-Glykol-Gemisch oder mit Kältemittel versorgt werden. Die Dichtheit dieser Systeme ist deswegen kritisch, weil die Kühlung der Batterien langfristig gewährleistet sein muss und ein Austreten des Kühlmediums auch zu Kurzschlüssen führen könnte. Bei einer Kühlung mit einem Wasser-Glykol-Gemisch wird gegen eine Grenzleckrate von 10-3 mbar·l/s geprüft, bei Kältemittelkreisläufen ist die erforderliche Dichtheit durch eine Prüfung gegen eine Leckrate im Bereich von 10-5 mbar·l/s zu gewährleisten. Schließlich gilt es noch, die Integrität des Batteriepack-Gehäuses gemäß Schutzklasse IP67 zu prüfen. Die entsprechende Wasserdichtheit ist nach einer Prüfung gegen ungefähr 10-3 mbar·l/s gegeben.

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Schnüffellecksuche mit Formiergas

Um den Kühlkreislauf von Batteriepacks zu prüfen, ist es nicht unbedingt nötig, Helium als Prüfgas zu verwenden – oft ist eine Prüfung mit Formiergas wirtschaftlich sinnvoller. Das kostengünstige Formiergas ist eine Mischung aus 95 % Stickstoff und 5 % Wasserstoff. Dieses Mischungsverhältnis macht Formiergas unbrennbar. Als eigentliches Prüfgas dienen bei dieser Methode die 5 % Wasserstoff, die im Gemisch enthalten sind. Für die Dichtheitsprüfung empfiehlt es sich, die Kühlkreisläufe zunächst zu evakuieren und dann mit Formiergas zu befüllen. Anschließend lassen sich alle Schweißnähte und Lötstellen daraufhin überprüfen, ob dort Formiergas bzw. Wasserstoff austritt. Die Schnüffelspitze des Wasserstoff-Lecksuchgeräts kann in der Vor- und Kleinserienproduktion manuell über die potenziellen Leckstellen geführt werden. In der Großserienfertigung empfiehlt sich dagegen ein automatisiertes Verfahren. Kommt statt der Kühlflüssigkeit aus Wasser und Glykol ein Kältemittel zum Einsatz, können Leckstellen direkt nachgewiesen und genau lokalisiert werden, ohne vorherige Evakuierung und Befüllung mit Formiergas. Denn es gibt Schnüffellecksuchgeräte, die die gängigen Kältemittel als Prüfgas verwenden können.

Bei der Prüfung von Batteriegehäusen ist bei großen Gehäusen eine Schnüffellecksuche die Methode der Wahl. Bei kleinen Stückzahlen kann dies manuell, mit Formiergas erfolgen, bei der Serienfertigung größerer Gehäuse empfiehlt sich wiederum eine automatisierte Helium-Schnüffellecksuche mit dem Roboterarm. Ist das Prüfteil allerdings nur klein oder mittelgroß, kann der sogenannte Akkumulationstest eine sinnvolle Alternative sein. (sh)

* Sandra Seitz ist Marktmanager Automobile Dichtheitsprüfung bei der Inficon GmbH.

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