Bionik Bionisch optimierte CFK-Bauteile in Serie fertigen
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Die Herausforderungen bei der Herstellung von Bauteilen aus carbonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) liegen in der Auslegung und der serienmässigen Umsetzung. Das Beispiel einer Dämmstoffsäge zeigt, wie das von der ersten Idee bis zur Serienfertigung durchgängig gelingen kann.

Die Schweizer Firma Bionic Composite Technologies AG (Biontec) designt, entwickelt und produziert Faserverbundbauteile in Stückzahlen von 100 bis 100.000 pro Jahr. Das Unternehmen begleitet den Kunden vollumfänglich – von der Idee bis zur Serienproduktion in allen Anwendungsbereichen.
Richtige Menge an Fasern mit der richtigen Faserausrichtung
Mit einer eigen entwickelten Technologie, die auf der bionischen Faserablage basiert und um das Harzinjektionsverfahren (RTM) ergänzt wird, ist Biontec in der Lage, genau die richtige Menge an Fasern mit der richtigen Faserausrichtung an der richtigen Stelle in das Bauteil einzubringen. So wird die beste Performance bei einem sehr geringen Materialeinsatz in den verschiedensten Anwendungsbereichen erreicht. Da alle Produkte der Biontec kundenspezifische Formteile sind, stehen am Anfang einer jeden Entwicklung die spezifischen Kundenanforderungen. Im vorliegenden Beispiel sollte eine tragende Struktur – der „Spaltkeil“ – einer Dämmstoffsäge entwickelt werden. Die wichtigsten Anforderungen sind eine hohe Steifigkeit, um einen geraden Schnitt zu ermöglichen. Ein geringes Gewicht ermöglicht eine gute Handhabung im täglichen Einsatz, denn das Produkt wird von Handwerkern auch auf Gerüsten eingesetzt. Zudem sind geometrische Restriktionen zu beachten, da das Bauteil durch den Schnittspalt zu führen ist. Jedoch spielen auch die Kosten, das zu erwartende Volumen und, da es sich um ein Sichtbauteil handelt, ein ansprechendes Design eine entscheidende Rolle. Aus dem Pflichtenheft werden mögliche Baukonzepte entwickelt und entsprechend bewertet.
Bionische Faserablage und effiziente Serienfertigung
Mit dem besten Konzept wird dann die Umsetzung gestartet. Am Anfang steht zunächst ein Wechselspiel von Konstruktion und Berechnung. In enger Abstimmung mit dem Kunden wird das Design entwickelt, bis es allen Ansprüchen gerecht wird. Durch die bionische Faserablage lässt sich das Bauteil auch bei engen geometrischen Restriktionen weitreichend optimieren. Aufgrund der besonderen Fertigungstechnik lassen sich fast alle durch die Simulation ermittelten Faserverläufe auch umsetzen. Aber auch unvorhergesehene Belastungszustände sollten beachtet werden, da hochgradig optimierte Strukturen diese unter Umständen mit katastrophalem Versagen quittieren.
Durch die Auswahl der richtigen Fasern, Harzsysteme und etwaigen Kerne kann an jedem Ort im Bauteil ein Optimum aus mechanischen Anforderungen, geometrischen Randbedingungen und Kosten gefunden werden. Dies führt dazu, dass auch unterschiedliche Fasern in einem Bauteil zum Einsatz kommen.
Industrielle Stickmaschine stellt Faserorientierungen dar
Bei der Gestaltung des Bauteils wird von Anfang an auch auf eine fertigungsgerechte Auslegung geachtet. Insbesondere bei hohen Stückzahlen werden so viele Merkmale wie möglich werkzeugfallend umgesetzt. Schlüssel hierfür ist die Faserablage mittels industriellen Stickmaschinen (Tailored Fibre Placement – TFP): Diese erlaubt es, beliebige Faserorientierungen darzustellen und endkonturgetreue Verstärkungen vollautomatisiert herzustellen.
Im Anschluss werden die gestickten Verstärkungen zu einer trockenen Vorform, der Preform, geformt und je nach Anforderung mit Schaumkernen und Metallinserts ergänzt. In einem geschlossenen Werkzeug werden diese Preforms mit einem reaktiven Kunststoff getränkt und ausgehärtet (Resin Transfer Moulding – RTM). Erlauben die Platzverhältnisse im Werkzeug mehrere Formnester, werden diese genutzt, um den Ausstoß zu erhöhen – wie man es aus dem Spritzguss kennt. So entstehen höchstpräzise Bauteile in kurzen Zyklen. Der hohe Automatisierungsgrad in der Fertigung garantiert, dass jedes Bauteil gleich ist. Im vorliegenden Beispiel der Dämmstoffsäge sind alle Bohrungen werkzeugfallend. Das Bauteil wird lediglich entgratet und um metallische Inserts ergänzt. Eine kostenintensive Lackierung entfällt aufgrund der hochwertigen Oberflächen.
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CFK-Bauteile
Wenn Haute-Couture-Stickerei auf Bionik trifft
CFK in hochdynamischen Anwendungen
Faserverbundwerkstoffe sind als Leichtbauwerkstoffe auch für weitere dynamische Anwendungen geeignet. Ein hohes Maß an Schwingungsdämpfung sowie gute Dauerfestigkeit prädestinieren CFK für hochdynamische Anwendungen wie Pick-and-Place-Anlagen für die Chipindustrie oder die Verpackungstechnik. Dazu kommt die geringe thermische Ausdehnung für Strukturen in der Messtechnik, Optik und hochpräzisen Bearbeitungsmaschinen und die Durchstrahlbarkeit von CFK und GFK beim Röntgen, respektive im MRT, welche in der Medizintechnik genutzt wird.
Häufig steht der Werkstoff in Konkurrenz zu den klassischen metallischen Werkstoffen Aluminium, Titan oder Stahl oder hochgefüllten Spritzgussmaterialien. Für den Anwender stellt sich neben dem Wettbewerb der Werkstoffe die Herausforderung, dass zusätzlich innerhalb der Composite Werkstoffe eine Vielzahl an Fertigungsprozessen miteinander konkurrieren. Mit der Kombination aus bionischer Faserablage und Mehrkavitäten-RTM-Technologie zeigen sich insbesondere bei komplexen Bauteilen in mittleren bis hohen Stückzahlen erhebliche Kostenvorteile gegenüber klassischen Verfahren wie der Prepreg-Fertigung im Autoklaven. Bionisch optimiert und mit den richtigen Verfahren hergestellt, kann der „teure“ Werkstoff CFK in den verschiedensten Anwendungen seine Vorteile ausspielen und somit auch in preissensitiven Anwendungen Einzug halten.
* Benedikt Borchert arbeitet bei der Bionic Composite Technologies AG
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