Forschung aus China Alle Solarzellen künftig papierdünn und biegbar

Von Henrik Bork Lesedauer: 3 min

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Dünne Solarzellen, so biegsam wie Papier – das ist die neueste Innovation aus den Laboren chinesischer Wissenschaftler in Shanghai. Und dabei geht es nicht um teure Spezialanfertigungen.

Biegbare, papierdünne Solarzellen könnten zukünftig eine ganze Reihe von Anwendungen im All, im Bereich der „Wearable“ genannten Konsumgüter oder auch für tragbare Energiespeicher ermöglichen.
Biegbare, papierdünne Solarzellen könnten zukünftig eine ganze Reihe von Anwendungen im All, im Bereich der „Wearable“ genannten Konsumgüter oder auch für tragbare Energiespeicher ermöglichen.
(Bild: Schizarty - stock.adobe.com)

Die üblichen, zu 95 Prozent schon jetzt den Markt für große Solarfarmen beherrschenden „c-SI“-Solarzellen könnten künftig so dünn wie Papier und ebenso biegsam hergestellt werden.

Die Forscher vom „Shanghai Institute of Microsystem and Information Technology (SIMIT) haben es mit ihrer innovativen Technologie und ihrem Aufsatz darüber auf den Titel des Wissenschaftsjournals „Nature“ geschafft. 50 Jahre lang habe es in dieser Richtung wegen der Rigidität von Solarzellen keinen Fortschritt gegeben, heißt es in der Einführung zu dem Aufsatz - bis jetzt.

Bald schon könnten Solarzellen also für eine ganze Reihe von Anwendungen im All, im Bereich der „Wearable“ genannten Konsumgüter oder auch für tragbare Energiespeicher „faltbar“ gemacht werden.

Solarzellen flattern im Wind wie ein Segel – ohne zu brechen

Die kristalline Silizium-Solarzelle, die entwickelt wurde, ist nur 60 Mikrometer dick, also so dünn wie Papier, hat dabei aber einen Biegeradius von rund acht Millimetern. Sie kann gefaltet werden oder im Wind flattern wie ein Segel, ohne zu brechen.

Wir haben die scharfen V-Rillen durch glattere U-Rillen ersetzt, mit denen die Biegebelastung effektiv verteilt und die Bruchneigung unterdrückt werden konnte.

Di Zengfeng, Ko-Autoren der Studie

Das Team hatte damit begonnen, gewöhnliche Silizium-Solarzellen, wie sie etwa in Photovoltaik-Bodenstationen weit verbreitet sind, mit einer Hochgeschwindigkeits-Videokamera zu filmen, während sie zerbrechen. Dabei entdeckten sie, dass sich die ersten Risse immer in einer „V-förmigen Rille“ am Rande der Silizium-Wafern bildeten.

An diesem Schwachpunkt setzten die Forscher an. „Wir haben die scharfen V-Rillen durch glattere U-Rillen ersetzt, mit denen die Biegebelastung effektiv verteilt und die Bruchneigung unterdrückt werden konnte,“ zitiert die South China Morning Post Di Zengfeng, einen der Ko-Autoren der Studie.

Effizienz der Energieumwandlung wird nicht beeinträchtigt

Die kristalline Silizium-Solarzelle, die entwickelt wurde, ist nur 60 Mikrometer dick, also so dünn wie Papier, hat dabei aber einen Biegeradius von rund acht Millimetern.
Die kristalline Silizium-Solarzelle, die entwickelt wurde, ist nur 60 Mikrometer dick, also so dünn wie Papier, hat dabei aber einen Biegeradius von rund acht Millimetern.
(Bild: Asia Waypoint/Nature)

Die neue Fertigungstechnik werde aber nur am Rand der Wafern eingesetzt, weshalb die Effizienz ihrer Energieumwandlung nicht beeinträchtigt ist, schreiben die Forscher. Genau hier liegen sonst die Nachteile anderer, bisher entwickelter „biegbarer Solarzellen“ aus amorphem Silizium, Kadmiumtellurid, organischen und Perowskit-Materialien.

Die mögen zwar flexibel sein, sagen die chinesischen Forscher, hätten aber eine geringe Energie-Effizienz und seien dafür bislang für viele kommerzielle Szenarien nicht einsetzbar. Anders die neue Erfindung aus Shanghai. Sie könne „neue Chancen in Sektoren wie der tragbaren Verbraucherelektronik, der mobile Kommunikation, der integrierte Photovoltaik in der Architektur, der mobilen Energieversorgung für Fahrzeuge oder im Weltraum eröffnen”, hieß es.

Silizium-Solarzellen: hoch effizient, leicht und flexibel

Das bisherige Resultat der Experimente – immerhin schon mit ersten Belastungstests am Südpol – zeige, dass es sich um „hoch effiziente, leichte und flexible Silizium-Solarzellen“ handele, heißt es auf der SIMIT-Webseite.

Bei extremen Belastungstests, mit denen das Flattern der dünnen Solar-Wafer in orkanartigem Wind simuliert wurde, verloren die neuen Solarzellen nach 20 Minuten nur rund drei Prozent ihrer Leistung, berichten die Forscher. Offenbar sei eine Serienfertigung denkbar. Allerdings raten die Wissenschaftler noch zu „weiteren In-Situ-Tests”.

Man präsentiere mit der nun veröffentlichten Studie in „Nature“ ein „morphologisches Fertigungsverfahren zur Fabrikation von faltbaren, kristallinen Silizium-Wafern (c-SI) für die kommerzielle Serienfertigung von Solarzellen mit beachtlicher Effizienz”, schreiben die Autoren.

Zahlreiche Anwendungen denkbar: vom Rucksack bis zum Segelboot

Mögliche Szenarien, in denen solche faltbaren Solarzellen genutzt werden könnten reichen von Rucksäcken und Zelten, dem Dach von E-Autos bis hin zu Segelbooten, Flugzeugen und Forschungsballons, schreiben die Forscher. Auch zur Stromversorgung von Handys und ähnlichen Endgeräten oder für die Erzeugung von Solarstrom in privaten Haushalten könnten sie nützlich sein, denken die chinesischen Wissenschaftler.

Ein weiterer Vorteil von faltbaren Silizium-Solarzellen vom Typ c-SI sei es, dass bei ihrer Produktion viel weniger hochgiftige Abfälle anfallen als bei der Fertigung der bisher bekannten flexiblen Zellen, hieß es außerdem. Und das eingesetzte Verfahren zur Abstumpfung der Ecken könne möglicherweise nicht nur für die Photovoltaik, sondern auch für Designer anderer flexibler Elektronik-Geräte interessant sein, so die Forscher aus Shanghai.

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