Additive Fertigung Additiv gefertigte Sandkerne gehen in Großserie
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Für das BMW Group Werk Landshut haben Loramendi und Voxeljet mit dem Industrialization of Core Printing ein Verfahren und eine Anlage entwickelt, mit der die anorganischen Sandkerne für das Gießen von Zylinderköpfen automatisiert, additiv gefertigt werden.

Für den klassischen Kernfertigungsprozess für das Gießen von Zylinderköpfen benötigte BMW bisher immer ein Werkzeug. Der große Nachteil: hoher Invest, Unflexibilität und die Werkzeuge sind geometriegebunden. Deshalb begab sich BMW intensiv auf die Suche nach einem Konzept zur Automatisierung und Industrialisierung des additiven Fertigungsprozesses für Sandkerne. Bislang waren die Arbeitsschritte vor dem Druck: Aufbereitung und Wiederverwendung des Formstoffes; und nach dem Druck: Trocknen, Entpacken und Reinigen der gedruckten Teile manuell und mühsam. Es war also notwendig, die bestehenden Lösungen zu überdenken und eine vollautomatische, integrierte Linie zu schaffen. „BMW hat damals festgestellt, dass es bisher keine kommerzielle Lösung für die Massenfertigung von Kernen gibt“, erinnert sich Dr. Ingo Ederer, Voxeljet-Gründer und CEO. Der Automobilhersteller entschloss sich somit in eine Art Wettbewerb mit verschiedenen Anbietern zu untersuchen, ob es nicht doch eine Lösung gibt. „Und dabei war Loramendi als ein wichtiger Lieferant der Gießereistrecke bei BMW ein gesetzter Partner“, verrät Ederer. Die Tätigkeit des spanischen Unternehmens konzentriert sich auf die Entwicklung und Lieferung von globalen Gießereilösungen: Kernherstellungsanlagen, vertikale Formmaschinen sowie Ersatzteil- und Nachrüstungsservice. Für die Kompetenz im 3D-Druck hat sich Loramendi an Voxeljet gewandt. Als Start-up geboren aus der TU München steht Voxeljet seinen Kunden seit über 20 Jahren mit 3D-Drucklösungen zur Seite. Damit war das Kooperationsprojekt Industrialization of Core Printing (ICP) geboren.
Quarzsand für den 3D-Druck kommt zum Einsatz
Mit dem ICP haben die Partner ein Verfahren samt Anlage zur automatischen anorganischen Großproduktion von Sandkernen für den Leichtmetallguss entwickelt und implementiert. Dabei läuft der Prozess wie folgt ab: „Alles beginnt mit der Materialaufbereitung. Hierbei kommt ein spezieller Sand zum Einsatz, in diesem Fall ein GS14 Quarzsand mit ausgewählter Sieblinie für den 3D-Druck“, erklärt Francesc Roure Pastor Teamleiter 3D-Druck Loramendi. Dieser wird mit einem pulverförmigen und flüssigen Additiv gemischt. Ein Rohrkettenförderer transportiert dieses Materialgemisch zu den einzelnen Druckern.
„Mit diesem Sand wird der 3D-Druck-Job gebaut, das heißt der Recoater trägt eine 300-µm-Sandschicht auf“, sagt Pastor. Dann druckt der Druckkopf einen anorganischen Binder auf die Sandschicht auf. So entsteht die Geometrie des Kerns. Anschließend wird der Boden in der 3D-Druck-Jobbox um 300 µm gesenkt und der Prozess wird wiederholt: Recoaten, Drucken bis die Höhe des gesamten Kerns erreicht ist.
Unbedruckter Sand zu 100 Prozent dem Prozess zurückführen
Nach dem Druckprozess wird die so genannte Jobbox weiter transportiert zur Aushärtestelle, in diesem Fall eine Mikrowelle. „Hier wird die Feuchtigkeit im Kern in einem Mikrowellen- und Absaugprozess entnommen. Im Anschluss sind die Kerne bereits fertig ausgehärtet und besitzen die finalen chemischen und mechanischen Eigenschaften. Müssen aber noch entsandet werden“, beschreibt Pastor diesen Schritt. Dies geschieht im Prozess des Unpackings. Hierbei wird der unbedruckte Sand, der sich in der Jobbox befindet, entnommen, indem der Boden geöffnet wird, damit der Sand rausfließen kann. Die Kerne sind nun frei vom unbedruckten Sand. „Dieser unbedruckte Sand wird wiederrum zurückbefördert zur Sandaufbereitung und kann zu 100 Prozent wieder eingesetzt werden“, sagt der Teamleiter.
Die Kerne werden weitergefahren, ein Roboter detektiert die Position über eine Kamera, greift die einzelnen Kerne raus und legt sie in eine Reinigungsstation. Dort werden die Kerne mit Druckluft in einer Drehbewegung gereinigt. Zum Schluss übergibt der Roboter den sauberen Kern dem Mitarbeiter. Der scannt den Kern, um die Maßhaltigkeit zu verifizieren und inspiziert ihn nochmals optisch, um ihn dann auf die Silage zu legen, die später in den Gießprozess geführt wird.
Der Prozess ist von der Sandaufbereitung bis zur Übergabe des Kerns voll automatisiert und auf die Serienfertigung im Automobilbau, mit einer Taktfrequenz von 1,5 bis 2 Minuten pro gefertigten Kern, abgestimmt.
3D-Druck für die Serienproduktion
Der VX1300 X 3D-Drucker kann wahlweise mit furanischen oder anorganischen Materialsystemen betrieben werden. Mit einer vollautomatisierten Nachbearbeitungszelle werden die komplexen Sandkerne für den Metallguss vorbereitet und in den bestehenden Gussprozess integriert. Der werkzeuglose Aufbau der Sandkerne ermöglicht Variantenwechsel in konkurrenzloser Geschwindigkeit. Ganz ohne aufwändigen Werkzeugwechsel und Ruhezeiten der Produktion.
Der VX1300 X 3D-Drucker behält sich selbst und seine Produktion stets im Blick. Denn er ist serienmäßig mit redundanten Baugruppen zur Prozesssicherheit und Predictive Maintenence ausgestattet. Sollte es zu einem Ausfall einzelner Systemkomponenten kommen, ist die VX1300 X durch Einschalten der zusätzlichen Baugruppen in der Lage, Stillstandzeiten zu vermeiden.
Durch den 3D-Druck zur Herstellung von Wassermantelkernen kann die Konstruktion des Zylinderkopfes für den BMW B48-Motor deutlich verbessert werden. Der anorganische Prozess schont die Umwelt und verbessert so auch die Arbeitsbedingung, da beim Abguss lediglich Wasserdampf entsteht. Gleichzeitig können die Effizienz und der Verbrauch des Motors durch das komplexe Design der Kerne optimiert werden. Keine andere Technologie ermöglicht es, ein derart komplexes Element so (kosten-)effizient in Serie zu produzieren. Das Besondere bei diesem Verfahren ist, dass die Sandkerne eine spezielle Geometrie aufweisen, die mit Werkzeugen nur schwer darstellbar wäre, wenn nicht sogar unmöglich, weil sie hinterschnittig ist. „BMW hat für sich entschieden, dass sie mehr Flexibilität mit einer druckergestützten Fertigung, in Hinblick auf die Weiterverwendung von Verbrenner, erhalten, als wenn sie diese über Werkzeuge herstellen würden“, erklärt Ederer. Diese Hinterschnittigkeit, die nun additiv dargestellt werden kann, ermögliche es BMW die Kühlung im Zylinderkopf sehr nahe an die Brennkammer zu legen, d.h. die Wandstärke ist sehr klein. „Hier geht es weniger um die Gewichtseinsparung, sondern vielmehr um den Wärmeübergang. BMW selber spricht von 20 bis 30 Prozent mehr Effizienz, weil die Temperatur besser verteilt wird“, verrät Ederer
Aus neun mach eins: Vorteile des 3D-Drucks
Statt zuvor neun komplexe Einzelteile kann der Automobil-Hersteller den Kern nun vollständig im 3D-Druck herstellen. Die ICP-Fertigungslinie automatisiert und optimiert den einst manuellen und mühsamen Prozess komplett. „Die große Stückzahl ist sicherlich eine der großen Herausforderungen, und die Taktzeit. Ausgeschrieben war hier eine Minute pro Kern, was für den 3D-Druck schon super schnell ist“, zieht Ederer Resume.
Fünf Voxeljet VX1300-X 3D-Drucker produzieren im Binder-Jetting-Verfahren nun wöchentlich bei BMW vollautomatisch tausende Kerne. „Es ist in den Serienbetrieb integriert, sicherlich mit dem ein oder anderen Verbesserungspotenzial, aber es läuft in der Serienproduktion. Wir haben hier automobile Serienproduktion mit Druckern dargestellt“, sagt Ederer stolz. (jup)
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