3D-Scanner Wie 3D-Scanner in der Medizin eingesetzt werden können

Redakteur: Katharina Juschkat |

3D-Drucker sind mittlerweile bekannt, aber wie 3D-Scanner beispielsweise in der Medizin helfen können, wissen viele nicht. Dabei kommen die Scanner längst in Industrie, Wissenschaft, Kunst und Gesundheitswesen zum Einsatz. In der Medizin verbessern sie die Lebensqualität der Patienten.

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Der Einsatz von 3D-Scannern in der Medizin erleichtert es Ärzten enorm, lebensechte Abbildungen und Modelle zu erschaffen.
Der Einsatz von 3D-Scannern in der Medizin erleichtert es Ärzten enorm, lebensechte Abbildungen und Modelle zu erschaffen.
(Bild: Artec 3D)

Ein Mann läuft langsam um eine Frau herum und scannt sie mit einem Handscanner. Der Mann heißt Alexander Gorodetsky und ist ein mechanischer Designer mit viel Erfahrung. Die Frau heißt Olga, ist Extremsportlerin und hat einen schweren Unfall überstanden: einen missglückten Skydiving-Sprung. Die Russin verletzte sich bei dem Unglück so stark am Bein, dass sie den Großteil des Muskelgewebes verlor und nun mit einem deformierten rechten Unterschenkel leben muss.

Nun soll mithilfe des 3D-Scanners eine Prothese speziell an ihr Bein angepasst werden – weshalb Alexander Gorodetsky beide Beine mit dem handgeführten 3D-Scanner Artec Eva abscannt. Die Prothese am verletzten Bein soll am Ende des Prozesses genauso realistisch aussehen wie das gesunde Bein, einen hohen Tragekomfort bieten und das Leben wieder lebenswerter machen. Der Scanner errechnet in Echtzeit ein hoch aufgelöstes 3D-Modell des Objektes mit bis zu 16 Bildern pro Sekunde. Anschließend kommt 3D-Modellbauer Valery Karaoglanyan ins Spiel – er modelliert die Prothese anhand des Scans des gesunden und des Scans des verletzten Beins. Nach Fertigstellung des 3D-Modells des Wadenmuskels wird die kosmetische Prothese mithilfe eines 3D-Druckers erzeugt.

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Ein zweites Gesicht

Auch für das Gesicht können 3D-Scanner eingesetzt werden. Patienten können vor kosmetischen Operationen beispielsweise ein naturgetreues 3D-Modell ihres neuen Gesichts erhalten. Das ist zumindest bei Dr. Avşar in Istanbul möglich. Als erster plastischer Chirurg weltweit zeigt der Arzt seinen Patienten mithilfe des 3D-Handscanners individuelle Gesichtsmasken, die das Ergebnis des Eingriffs vorwegnehmen.

Den Betroffenen kann es helfen, das Ergebnis vorab zu sehen. Damit können die Patienten das Ergebnis der Operation besser einschätzen und Möglichkeiten und Grenzen des Eingriffs realistisch einschätzen. Die Ärzte können die Maske als dreidimensionales Referenzmittel nutzen. Vor dem 3D-Handscanner gestaltete Dr. Avşar die Masken selbst – allerdings von Hand. Eine mühsame Arbeit, die viel Zeit kostete. Zudem fehlten den handgefertigten Modellen oft so wichtige Details wie Farbe und Textur.

3D-gedrucktes Ohr hilft bei der OP

Ein weiteres Beispiel aus der Medizin: Das Mädchen Ellie hat eine angeborene Fehlbildung am elastischen Knorpel des Ohres, Fachausdruck: Mikrotie. Bei manchen Betroffenen kann die Ohrmuschel derart klein ausfallen, dass sie gar nicht vorhanden scheint. Die Folge ist Schwerhörigkeit. Mit dem 3D-Scan des Ohres kann Ken Stewart, der Leiter des örtlichen „Ear Reconstruction Service of Scotland“ in Edinburgh, Ohrfehlbildungen mit Hilfe einer 3D-Vorlage korrigieren. Hierfür werden normalerweise beide Ohren gescannt – das gesunde und das deformierte.

Liegt hingegen wie im Fall von Ellie eine bilaterale Mikrotie vor – beide Ohren sind betroffen – muss das Ohr eines Familienmitglieds gescannt werden. In diesem Fall kann Ellis Schwester aushelfen. Der 3D-Scanner erfasst zuerst die Ohrmuschel und dann den Gehörgang. Die Bilder werden anschließend im Rechner verschmolzen, um ein digitales Modell des Ohrs zu erstellen. Nach etwa drei Stunden Druckzeit werden die nachgebildeten Ohren aus dem 3D-Drucker entnommen, gereinigt und mit UV-Licht gehärtet. „Das Modell wird am Ende sterilisiert und direkt als Vorlage für die Nachbildung in den Operationsraum gegeben“, erklärt Ken Stewart. Mithilfe fortgeschrittener 3D-Visualisierungstechnik liegt den Chirurgen ein anderes Maß an Präzision vor.

Schnabelprothese für den Tukan Grecia

Aber nicht nur Menschen können von 3D-Scannern profitieren – auch Tiere erhalten Hilfe. Grecia, ein Tukan aus Costa Rica, der von Jugendlichen misshandelt wurde und dabei Teile seines oberen Schnabels verlor, konnte sein Glück kaum fassen, als er dank 3D-Scanner und -Drucker einen neuen Schnabel bekam. Durch den Verlust seines Schnabels konnte der Vogel kaum mehr Nahrung aufnehmen und musste gefüttert werden – ohne Prothese wäre er früher oder später verhungert.

Auch mental machte ihm der Verlust zu schaffen: Die Weibchen sahen ihn schief an, er fühlte sich als Außenseiter. Letztlich entschieden sich die Wissenschaftler für eine Prothese aus Nylon, die alle acht bis zwölf Wochen neu fixiert werden muss, damit sie nicht abfällt. Grecias Leben ist gerettet. Und er sonnt sich auch wieder im Interesse der Damenwelt – schließlich sieht sein Schnabel anders aus als der seiner Mitbewerber. (kj)

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