Simulation Produktentwicklung von Durchflussmessgeräten beschleunigen

Redakteur: Juliana Pfeiffer |

Simulation zu nutzen, bedeutet viel Zeit und Kosten zu sparen. Endress+Hauser nutzt das Simulationstool Ansys Discovery Live zur Visualisierung der Strömung und zur virtuellen Design-Optimierung von Durchflussmessgeräten.

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Gegenphasige Oberschwingung bei etwa 1000 Hz (überhöht dargestellte Auslenkung).
Gegenphasige Oberschwingung bei etwa 1000 Hz (überhöht dargestellte Auslenkung).
(Bild: Cadfem)

Gase und Flüssgkeiten werden immer häufiger mit dem Coriolis-Messprinzip erfasst. Eine multivariable Sensorik und höchste Messgenauigkeit sind nur zwei Gründe für dieses Messprinzip. Das 1953 gegründete Familienunternehmen Endress+Hauser hat mit Promass Q ein Prozessmessgerät entwickelt, das den Coriolis-Effekt für genaue Messergebnisse nutzt. Dabei wird das Gerät in eine Rohrleitung eingefügt und bestimmt dort kontinuierlich Prozessgrößen des durchströmenden Fluids. Neben dem Massedurchfluss (±0,05 %) ermittelt dieses Messgerät ebenso die Dichte (±0,2 kg/m³) und die Temperatur (±0,1 °C) mit hoher Genauigkeit. Um den Massedurchfluss direkt zu bestimmen, wird der Coriolis-Effekt genutzt. Hierzu werden die zwischen den Prozessanschlüssen liegenden Messrohre von einem Erreger in Resonanz versetzt. Strömt nun ein Fluid durch die gegensinnig schwingenden Messrohre, so beginnen die Rohre infolge der Coriolis-Kraft zu taumeln. Diese Bewegung wird von zwei Sensoren am Ein- und Auslauf des Messrohres abgegriffen. Ein Signalprozessor berechnet die Phasendifferenz zwischen diesen beiden Signalen, welche direkt proportional zum Massedurchfluss ist. Darüber hinaus lässt sich aus der Resonanzfrequenz die Fluiddichte ableiten und schließlich wird durch einen Temperatursensor am Messrohr die Fluidtemperatur genau erfasst.

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Die Software Discovery Live macht die Physik aller skizzierten Ideen in Sekunden sichtbar

Ansys Discovery Live ist Ansys Simulationssoftware – aber ohne das Know-how eines Simulationsexperten einsetzbar. Innerhalb weniger Sekunden liefert sie Konstrukteuren und Produktentwicklern aussagekräftige Informationen über die physikalischen Auswirkungen, wenn ein Konzept oder ein Designelement geändert oder auch ganz anders gestaltet wird. Der Clou: Die Software liefert nicht nur die Physik in Sekunden, sondern erlaubt auch die Geometrie in Sekunden zu ändern, praktisch live, während sich die Physik an die geänderte Geometrie wieder anpasst. Entwickler und das gesamte Projektteam können mit Varianten „spielen“ und verstehen anhand der anschaulichen Visualisierung intuitiv, was sich im und um das Produkt bei einer Änderung abspielt – sie nehmen den Prototypen sozusagen digital in die Hand und „erfassen“ ihr Bauteil im wahrsten Sinne des Wortes.

Simulation spart uns viel Zeit

Entscheidend für die Appliklationssicherheit und Messgenauigkeit in der Praxis ist, dass sich die Messrohrvibrationen nicht in die angeschlossene Prozessleitung hinein ausbreiten. Dazu muss der Prozessanschluss bei allen auftretenden Fluiddichten ruhig stehen. Daher sind Coriolis-Massedurchflussmesser stets "in Balance". Dafür wird meist das Prinzip der Stimmgabel genutzt, wobei die Strömung auf zwei gegenphasig schwingende Rohre aufgeteilt wird. "Im Bereich Produktentwicklung und Forschung arbeiten wir seit mehr als 25 Jahren mit Cadfem und verwenden Ansys-Tools", sagt Dr. Ulrich Kaiser, Director Technology, Endress+Hauser Group Services. So wurde in diesem Fall sowohl die Balance als auch die Unempfindlichkeit der Messrohrschwingung gegen Veränderungen von Prozessgrößen (Temperatur und Druck) sowie Stoffeigenschaften (Dichte, Viskosität und Schallgeschwindigkeit) mit Ansys Workbench sowie Optislang optimiert.

Ergebnisse innerhalb von Sekunden erhalten

Simulationen sind bei Endress+Hauser ein wichtiger Bestandteil im Produktentstehungsprozess, denn neben der Kosteneinsparung ist die Zeiteinsparung durch Optimierung am virtuellen Prototyp enorm. "Wir sind davon überzeugt, dass uns Simulation viel Zeit spart. Wir möchten die Produktentwicklung beschleunigen, die Markteinführungszeiten verkürzen und innovativ sein. Simulation spielt für uns in der Produktentwicklung eine sehr wichtige Rolle", hebt Dr. Vivek Kumar, Senior Technical Expert bei Endress+Hauser die Vorteile von Simulation hervor. Im Idealfall sollten alle am Entwicklungsprozess Beteiligten diese Möglichkeiten haben. Und genau hierbei hilft Ansys Discovery Live. "Wir haben im Unternehmen eine Initiative zur Verbreitung der Simulation gestartet. Unser Ziel ist es , das in Zukunft mehr Entwickler Simulationswerkzeuge nutzen können. Discovery Live ist für uns ein wichtiges Element dieses Ziel zu erreichen", ergänzt Dr. Kaiser. Expertenwissen ist dafür nicht notwendig und die Bedienung ist denkbar einfach. Weil die Ergebnisse sofort innerhalb von Sekunden vorhanden sind, erkennt jeder was sich durch eine Geometrieänderung physikalisch in und um ein Bauteil tut. So wird die Simulation nicht vom Experten, sondern vom kompletten Projektteam eingesetzt. Es geht nicht um Detailauslegung und Validierung, sondern um das blitzschnelle Ausprobieren von Ideen und den Vergleich von Varianten.

Discovery Live optimiert Entwicklung

Für Dr. Vivek Kumar sind die erfolgreichsten Produkte diejenigen, bei denen Simulation bereits in der frühen Phase der Produktentwicklung genutzt wurde. "Simulation soll sich nicht nur auf Experten, wie beispielsweise Ingenieure oder auf Forschung und Entwicklung beschränken. Auch andere Abteilungen wie das Marketing können Discovery Live nutzen, um den Kunden die Visualisierung der Strömung in unseren Durchflussmessgeräten zu zeigen", erläutert Dr. Kumar. In späteren Phasen seien eindeutig Ansys AIM oder Ansys Workbench die Tools für die Simulation. "Aber am Anfang kann man mit Space Claim Ideen skizzieren und mit Discovery Live in der Besprechung zeigen, welches Design vielversprechend ist. Dadurch sind wir agil, schneller und effizient", sagt Dr. Kumar. Um nicht den Bezug zur Realität zu verlieren, ist es hilfreich, so oft wie möglich im Entwicklungsprozess eine Brücke zwischen den realisierten Prototypen einerseits und der Simualtion andererseits zu schlagen. Der damit verbundene Abgleich der Eingangsparameter ist Grundlage für eine genauerer Vorhersage des realen Systemverhaltens durch die Simulation. So lassen sich experimentell beobachtete Phänomene am Rechner nachvollziehen und oft auch verstehen, was wesentlich zur Entwicklung von Lösungsansätzen beiträgt. Mit Simulation kann in dieser Phase auf kostspielige und zeitaufwendige Experimente verzichtet werden.

Entwickler befähigen

Komplexe schwingungsfähige Systeme wie Promass Q wären ohne numerische Simulation nicht realisierbar. Bei der Entwicklung von modernen Prozesssensoren ist ein kombiniertes Vorgehen mit experimentellem Aufbau und Simulationsmethoden nicht mehr wegzudenken. Es geht aber auch darum, Entwickler zu befähigen: "Ansys, Cadfem und Endress+Hauser bilden gemeinsam Entwickler aus, indem wir nicht nur Wissen vermitteln und Notizen in Powerpoint Präsentationen liefern, sondern auch Simulations-Apps bereitstellen wollen, in denen Experten wie wir unser ganzes Wissen einbringen. Es handelt sich dabei um FEM- und CFD-Apps für Multiphysik-Simulation.

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Man muss Mitarbeiter befähigen wollen und ihnen Wissen an die Hand geben, da die Experten nicht überall sein können", betont Dr. Kumar. So haben Endress+Hauser und Cadfem eine strategische Partnerschaft geschlossen, um die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der numerischen Simulation auszubauen. "Unsere Konzernstrategie erfordert eine schnelle Markteinführung. Wir sind überzeugt, dass wir durch den Einsatz von Discovery Live sowohl im Entwicklungsprozess als auch in der Konzeptphase Zeit und Kosten sparen und am Ende bedarfsorientierte Produkte haben werden", erklärt Dr. Kaiser. (jup)

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