Inline oder Batch? Kalibriersysteme für die Produktion von Drucksensoren im Vergleich
Drucksensoren sind die verbreitetsten Mess- und Steuerungsinstrumenten. Täglich werden mehrere tausend hergestellt und vertrieben. Um die spezifizierte Genauigkeit der Sensoren zu prüfen, benötigen die Hersteller Temperaturkompensationsanlagen. Diese arbeiten entweder im Inline- oder im Batch-Verfahren. Welches von beiden in Frage kommt, hängt u.a. vom Automatisierungsgrad ab.
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Der Sensormarkt wächst weltweit. Immer mehr elektrische Nervenzellen stecken in Industrieverfahren und Produkten, und der technische Innovationsprozess verlangt nach angepassten Fortentwicklungen. Die Autoindustrie ist dafür ein beredtes Beispiel. Die Notwendigkeit, die Fahrzeugsensorik weiter auszufeilen, wird durch den Trend zu Elektroautos und die Entwicklung selbstfahrender Modelle noch verstärkt.
Angesichts dieser Tendenzen steigen die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und die Qualität dieser Instrumente. Die Effizienz der Herstellungsverfahren muss entsprechend Schritt halten. Den mit der Produktion verknüpften Prüfprozessen kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Im Fall der Drucksensoren, die vor allem im Automotive-Bereich millionenfach verwendet werden, stehen die Temperaturkompensationsanlagen zur Genauigkeitskontrolle im Mittelpunkt. Die Kalibrierung der Sensoren in diesem Prüfdurchgang erfolgt entweder im Inline- oder im Batchverfahren.
Die Funktionalität beider Systeme und die Kriterien, die ihnen zugrunde liegen, werden im Folgenden anhand von Anlagentypen erläutert, die Wika für sich und andere Sensorhersteller realisiert hat. Seit Beginn der eigenen Sensorproduktion handelt Wika nach dem Grundsatz, alle notwendigen Prüfprozesse konsequent selbst zu gestalten und entsprechende Anlagen komplett im Unternehmen zu konstruieren. Auf der Basis der eigenen praxiserprobten Systeme entwickelt und baut Wika auch Anlagen für externe Kunden.
Inline-Prüfsysteme für hohen Automatisierungsgrad
Inline-Prüfsysteme empfehlen sich, einfach gesprochen, hauptsächlich für den Einsatz in der Massenfertigung mit hohem Automatisierungsgrad, in denen es auf kurze Taktzeiten ankommt. Der Kalibrier- und Abgleichprozess erfordert vor allem eine schnelle Temperierung, eine hohe Temperaturstabilität, eine schnelle Druckbereitstellung und eine präzise Regelung. Sämtliche Abläufe in der Anlage, das Be- und Entladen, die Kontaktierung der Sensoren und das Umrüsten, erfolgen vollautomatisch.
Die Sensoren werden nach der Montage an der Übergabestation in das Inline-System eingeschleust. Sie werden mittels Roboter auf Werkstückträgern platziert, auf denen sie durch die verschiedenen Prüfstationen gefahren werden. Wika-Anlagen arbeiten mit bis zu 20 Prüflingen pro Träger. Die Parallelisierung hängt dabei in erster Linie von der Baugröße und dem Temperierverhalten des Prüflings sowie von der Prüfzykluszeit und der geforderter Taktzeit ab.
Kalibriervorgang in Temperierkammern
Der anschließende Kalibriervorgang vollzieht sich in mehreren, in der Regel zwei bis vier, aufeinander folgenden Temperierkammern mit Vortemperier- und Abgleichzone. Für jede Kammer wird eine Abgleichtemperatur definiert, die typischerweise zwischen –40°C und 140°C rangiert. In der Abgleichzone einer Temperierkammer werden die Sensoren druckseitig und elektrisch kontaktiert. Ein Druckcontroller beaufschlagt die Prüflinge anschließend mit Druck und kalibriert sie. Die von Wika verwendeten Geräte arbeiten dabei mit einer Genauigkeit von bis zu 0,008% in Druckbereichen bis 1050 bar (Gas) bzw. 3500 bar (Öl/Wasser). Im Fall von mehreren Sensoren auf einem Werkstückträger werden die erfassten Messwerte über einen Multiplexer der Reihe nach hintereinander ausgelesen.
Eine Herstellersoftware vergleicht die Messwerte mit der Referenz des Controllers und ermittelt, wie weit die Ausgangssignale der Prüflinge von der idealen Kennlinie abweichen. Bei Nichteinhaltung der Spezifikation können die Korrekturwerte über die Software in den ASIC des Sensors hineingeschrieben werden. Dieses Abgleichprogramm ist auf einem separaten Endgerät installiert, das mit dem Controller und der Anlagensteuerung kommuniziert.
Eine solche Inline-Temperaturkompensationsanlage kann bei Bedarf über den eigentlichen Kalibrierstrang im „Baukastensystem“ erweitert werden. Als zusätzliche Stationen lassen sich zum Beispiel weitere Prüfungsfunktionen (Dichtheit, O-Ring), eine Laserbeschriftung und – als letzten Schritt – die Vereinzelung der Sensoren für die Verpackung integrieren.
Für den hier skizzierten Prüfprozess eignen sich jedoch nicht alle Sensoren. Das maßgebliche Kriterium ist das Erwärmungs- und Abkühlungsverhalten. Als Faustregel gilt: Je mehr Masse temperiert werden muss, desto länger dauert der Vorgang. Bei Industriedrucksensoren oder gar Prozesstransmittern mit Gehäuse, Prozessanschluss und Kabelstecker wäre ein Inline-Verfahren daher ineffizient. Anders verhält es sich bei gehäusefreien Messzellen und Drucksensoren mit Kunststoffgehäuse. Sie lassen sie sich im Sinne einer kurzen Taktzeit rasch temperieren.
Transportsystem mit Temperierschienen
Um diesen Schritt zu beschleunigen, hat Wika für die Werkstückträger in seinen Anlagen ein Transportsystem mit sogenannten Temperierschienen entwickelt. Bei diesem patentierten Verfahren werden die Sensoren, die auf dem Träger in Metalleinsätzen stecken, zusätzlich zur Strahlwärme/-kälte über die unmittelbar wirkende Kontaktwärme/-kälte innerhalb kürzester Zeit auf die definierte Abgleichtemperatur gebracht.
Idealerweise herrschen in den beiden Zonen einer Temperierkammer homogene Temperaturverhältnisse. Dies hängt jedoch von den Anforderungen an die Temperaturstabilität ab. Bei einer Maßgabe von ±1°C zum Beispiel braucht man in der Regel keine zusätzlichen Vorkehrungen zu treffen. Bei Werten von ±0,5°C und besser sollten die Prüflinge in der Abgleichzone jedoch abgeschirmt werden, zum Beispiel mit einer temperierten Prüfglocke. Schutzvorrichtungen dieser Art, die in Wika-Anlagen verbaut sind, sorgen für stabile Kalibrierbedingungen.
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Safety
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Im Inline-Verfahren kommt es neben dem Temperierung auch auf die sichere elektrische und druckseitige Kontaktierung an. Das kann Sensortypen trotz geeignetem Temperaturverhalten ausschließen, wenn deren elektrische Ausgangsverbindung nicht mit der Vollautomation harmoniert, zum Beispiel Sensoren mit losen Kabellitzen. Doch selbst in diesem Fall lässt sich ein Kompromiss realisieren, bei dem ein Bediener vor dem Beladen der Werkstückträger einen Kontaktierungsadapter an den Sensoren anbringt und nach der vollständigen Kalibrierung wieder entfernt.
In der Praxis werden solche Sensoren allerdings eher in einem Batch-System kalibriert. Das zweite Modell einer Temperaturkompensationsanlage ist das am weitesten verbreitete. Es eignet sich für alle Prüfanforderungen, die keinen hohen Automatisierungsgrad voraussetzen und bei denen der Zeitfaktor daher eine untergeordnete Rolle spielt. Batch-Anlagen können mehrere hundert Sensoren zugleich aufnehmen. Sie eignen sich für die Serienproduktion mit kleineren Stückzahlen, für den Fall einer hohen Varianz in Messbereich, Prozessanschluss und elektrischem Anschluss, für Testläufe vor einer Massenproduktion und für die Entwicklung.
Batch-Anlage nur eine Temperierkammer
Eine Batch-Anlage arbeitet mit nur einer Temperierkammer für sämtliche Prüfdurchgänge. Die erforderlichen Abgleichtemperaturen werden nacheinander angefahren. Üblich sind drei bis fünf Stufen im Bereich zwischen –40°C und 140°C. Störgrößen, zum Beispiel Temperaturschwankungen, lassen sich in dieser geschlossenen Umgebung bestmöglich ausschließen. Aus diesem Grund eignen sich Batchverfahren vor allem für Sensoren mit einer höheren Präzision als im Automotive-Bereich, wo Werte von 0,5% bis 1% ausreichen. Sie empfehlen sich auch für die Kalibrierung von Sensoren mit aufwändiger temperierbaren Metallkomponenten, da Zeit eine variable Größe in dem Konzept darstellt und von entsprechender Dauer zur Verfügung gestellt werden kann.
Im Gegensatz zum starren Inline-System, dessen Abläufe auf identischen Parametern beruhen, ermöglichen Batch-Anlagen eine flexible Nutzung. So können zum Beispiel Sensoren mit unterschiedlichen Druckbereichen gleichzeitig kalibriert werden. Die Prüflinge werden üblicherweise mittels Aufnahmeschienen, Rails genannt, in der Temperierkammer platziert. Diese Werkstückträger lassen sich über ein Ventil unterschiedlichen Druckbereichen zuordnen. Für jeden Druckbereich wird ein Controller installiert, der die Prüflinge mit Druck beaufschlagt und die Messwerte ausliest. Ein Zeitverlust entsteht nicht.
Limitierte Automatisierungsmöglichkeiten
Trotz der limitierten Automatisierungsmöglichkeiten lässt sich der Prüfprozess im Batch-Verfahren über die Konstruktion effizient gestalten. Das betrifft vor allem die Temperierphase. In Wika-Anlagen zum Beispiel sind die Rails unter Einhalten der gebotenen Druckfestigkeit in Leichtbauweise ausgeführt. Je weniger Masse die Aufnahmeschienen haben, umso so schneller werden sie temperiert. Der eingesetzte Energieaufwand wirkt damit rascher auf die Sensoren ein. Zugleich sind die Prüflinge auf den Trägern so angeordnet, dass die Wärme- bzw. Kälteverteilung optimiert ist. Beide Faktoren reduzieren die Temperierzeit.
Angesichts der Aufnahmekapazität von Drucksensoren handelt es sich bei der Temperaturkammer einer Batch-Anlage um einen vergleichsweise großen Raum. In dessen Inneren muss überall eine stabile Temperatur erzeugt und gehalten werden. Um diesen Vorgang zu beschleunigen, baut Wika spezielle Leitflächen in seine Prüfsysteme ein, vor allem für Applikationen in der Serienfertigung.
Die ausschlaggebenden Unterschiede zwischen Inline- und Batch-System werden vom angestrebten Automatisierungsgrad und dem Temperierverhalten der Sensoren charakterisiert. Die messtechnische Qualität ist davon unabhängig. Wika bestückt seine Batch-Anlagen mit dem demselben Kalibrier- und Auswertungsequipment wie in den Inline-Systemen.
Fazit
Hohe Stückzahlen, kurze Taktzeiten, rasch temperierbare Sensoren und eine einfache Genauigkeit sind die Hauptkriterien für eine vollautomatische Inline-Temperaturkompensationsanlage. Geht es um Flexibilität bei Produkt und Zeit, hohe Präzision und kleine Stückzahlen, kommt das Batch-Verfahren in Frage. Die tatsächliche Effizienz beider Anlagensysteme hängt letztlich von der jeweiligen Applikation ab und erfordert spezifische Lösungen. Die Erfahrung von Wika als Sensorhersteller und Anlagenbauer, der Abgleichprozesse und Automatisierungstechnik gleichermaßen beherrscht, ist dabei eindeutig: Das Optimierungspotenzial ist vielschichtig.
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