Mensch-Roboter-Kollaboration Erfolgreiche Teilautomatisierung durch Mensch-Roboter-Kollaboration
Ein Anbieter moderner Gebäudetechnik optimiert seine Produktion durch die flexible Zusammenarbeit von Mensch und Roboter und reduziert so Kosten und Durchlaufzeiten. Derzeit verrichten acht Cobots ihren Dienst im Unternehmen.
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Heute sind Unternehmen zunehmend gefordert, rasch auf Kundenwünsche zu reagieren – auch die Albrecht Jung GmbH & Co. KG mit Sitz in Schalksmühle. Der Premiumhersteller klassischer Elektroinstallationen und intelligenter Gebäudetechnik mit einem Portfolio an Schaltern, Steckdosen, Dimmern, Wächtern und Steuerungssystemen reagiert auf diese und andere Marktanforderungen mit einer optimierten Wertschöpfungskette.
Cobots bieten Optimierungsmöglichkeiten
„Wir richten unsere Fertigung schon seit 15 Jahren an Lean-Prinzipien aus“, erklärt Produktionsleiter Mario Schäfer während eines Rundgangs durch die Werkshalle am Standort Lünen bei Dortmund, in der sich mehr als 50 Fließfertigungsinseln befinden. „Ein eigenes Team beschäftigt sich intensiv mit Optimierungsmöglichkeiten. Um unsere Produktion möglichst verschwendungsarm zu gestalten und flexibel auch kleine Losgrößen herstellen zu können, sind wir stets auf der Suche nach modernsten Fertigungsverfahren. So wurden wir auf die kollaborierenden Roboter von Universal Robots aufmerksam.“
Kollaborierende Roboter – auch Cobots genannt – können nach erfolgreich abgeschlossener Risikobeurteilung ohne Schutzzaun Seite an Seite mit dem Menschen arbeiten. Der Vorteil dieser Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK): Während Cobots körperlich belastende oder monotone Arbeiten übernehmen, überwachen ihre menschlichen Kollegen die Produktion und übernehmen anspruchsvollere Tätigkeiten.
Mehr Flexibilität durch MRK-Anwendungen
„Wir haben bereits Erfahrungen mit traditionellen Industrierobotern gesammelt“, erzählt Schäfer. Sie werden seit dem Jahr 2000 zur Montage verschiedener Einzelkomponenten zu Fertigteilen eingesetzt. Diese Roboter sind für eine einzige Aufgabe programmiert und durch Sicherheitssysteme vom Menschen abgeschottet. „MRK-Anwendungen versprechen mehr Flexibilität. Davon wollten wir uns selbst überzeugen.“
Um den Weg zur MRK und in die Industrie 4.0 nicht allein beschreiten zu müssen, beteiligte sich Jung am Manuserv-Forschungsprojekt. „Hier ging es darum, mithilfe einer Software zu klären, ob eine Teilautomatisierung der Fertigung für uns überhaupt zu empfehlen ist – und wenn ja, an welchen Stellen der Produktionslinie“, so Schäfer. „Nach einer Simulation am Computer haben wir unseren ersten UR-Roboter, einen UR5, vom regionalen Vertriebspartner Dahl Automation bezogen. Wir haben ihn im Probebetrieb getestet und dann an einer Fertigungsinsel implementiert. Das war vor fünf Jahren.“
Besonderes Augenmerk richtet Jung dabei auf das Flussprinzip: Mensch und Cobot sollen eine harmonische kollaborierende Einheit bilden, deren Tätigkeiten genau aufeinander abgestimmt sind. „Der Einsatz von Robotern ist für uns wirtschaftlich, wenn unsere Mitarbeiter nicht auf sie warten müssen und parallel weiterarbeiten können“, betont Schäfer. „Bei den Cobots von UR ist dies garantiert.“
Mitarbeiter frühzeitig eingebunden
Um Ängste vor einem Abbau von Arbeitsplätzen nicht erst aufkommen zu lassen, waren Belegschaft und Betriebsrat von Jung an der Entwicklung der Automatisierungslösung von Anfang an beteiligt. Der offene Dialog überzeugte die Mitarbeiter von den Vorteilen des UR5, etwa die Schichtarbeiterin, die an einem der Fließfertigungsarbeitsplätze gemeinsam mit dem Roboterarm Smart Radios zum Wandeinbau montiert. Dazu legt sie ein von ihr montiertes Netzteil in eine Aufnahme und startet den UR5. Der Roboter nimmt das Netzteil mit seinem Zwei-Finger-Greifer auf und platziert es in einer Laserkammer, wo Vorder- und Rückseite des Netzteils gelasert werden. Anschließend entnimmt er das Teil und legt es in einer zweiten Aufnahme ab. In der Zwischenzeit faltet die Bedienerin Versandkartons zusammen, reinigt fertig montierte Teile, packt sie in die Kartons und montiert parallel ein neues Netzteil.
„Die Vorzüge des UR5 wurden in der Praxis sehr schnell deutlich“, erläutert Schäfer. „Er ist einfach zu bedienen und führt die einprogrammierten Arbeitsschritte stets mit derselben Wiederholgenauigkeit aus. Außerdem benötigt er nur wenig Platz. Das waren für uns entscheidende Argumente, weiter in die MRK zu investieren.“
Schrauben leicht gemacht
Eine andere Werkerin montiert Lautsprecher für digitale Radios. Ein UR3-Roboter, der mit einem Schrauber ausgerüstet ist, unterstützt sie. Auf ihr Startsignal hin greift er zwei Schrauben aus einer Vereinzelung und befestigt eine vorgesteckte Leiterplatte in einem Kunststoffgehäuse. Anschließend schraubt er Lautsprecher auf ein Kunststoffgitter. Die Arbeiterin legt dem Roboter die Teile dafür vor, entnimmt sie danach wieder und sorgt für einen ausreichenden Vorrat an Schrauben. Während der UR3 die Teile miteinander verbindet, ergänzt sie weitere Komponenten.
Dass die Cobots von UR bei Jung auch miteinander bestens kooperieren, demonstriert Carsten Meise ein Stockwerk höher. Dort bereitet der Leiter Vorrichtungsbau und Instandhaltung zusammen mit dem Facharbeiter Daniel Wagener zwei UR5-Roboter auf ihren Einsatz in der Produktion vor. Die beiden sind nebeneinander auf einer Fertigungsinsel positioniert und bearbeiten mehrere Gehäuseteile inklusive einer Leiterplatte. Nachdem der erste Roboter drei Komponenten durch Einrasten miteinander montiert hat, übergibt er dem zweiten das Teil. Dieser platziert es in einer Laserkammer, entnimmt und prüft es im Anschluss und legt es ab. „Sobald wir die beiden Cobots in unsere Produktionslinie integriert haben, werden insgesamt acht Roboter von Universal Robots bei Jung ihre Arbeit verrichten“, erklärt Meise. „Bei den meisten Applikationen arbeiten Mensch und Maschine miteinander zusammen.“
Cobots programmieren ohne Spezialkentnisse
„Mit dem Kauf unseres ersten UR-Cobots erhielt ich eine eintägige Schulung bei Dahl Automation. Zudem habe ich weitere Aufbauschulungen im Trainingszentrum von Universal Robots in München absolviert. Danach konnte ich die Roboter von UR selbstständig programmieren“, erklärt der gelernte Industriemechaniker Wagener. „Dank des Bedienpanels mit 3D-Visualisierung ist das ganz einfach. Auch kleinere Störungen können wir selbst beheben.“ Jung konfiguriert auch die Roboter mit den passenden Peripherieprodukten in Eigenregie: „Applikationen wie Zwei-Finger-Greifer, Sauggreifer oder Schrauber haben wir selbst zusammengestellt und implementiert. Einer unserer Verpackungsroboter ist zusätzlich mit einem Bildverarbeitungssystem ausgestattet, das ihm zeigt, wo sich die Abdeckungen von Schaltern befinden, die er aus einer Kiste abstapeln soll“, fügt Meise hinzu.
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Schutz der Mitarbeiter steht an erster Stelle
Kollaborierende Roboter zeichnen sich durch hohe Sicherheitsstandards aus. „Der Schutz unserer Mitarbeiter steht an erster Stelle“, sagt Fertigungsleiter Schäfer. So wurden die Cobots von UR erst nach umfassender Vorbereitung in Betrieb genommen. Das Jung-Team überprüfte die Roboterarme mit Kraft- und Druckmessgeräten und rüstete sie für Pick-and-Place-Anwendungen teils mit Greifern aus Hartgummi aus. Entsprechend ISO/TS 15066 sind die Kräfte, die bei Berührungen mit den Maschinen auftreten können, auf ein ungefährliches Maß beschränkt. Zudem wurden die Fertigungsinseln, an denen Mensch und Roboter miteinander arbeiten, mit zusätzlichen Sicherheitseinrichtungen versehen. Eine technische Dokumentation inklusive Betriebsanweisung beschreibt den Umgang mit den Cobots. Jung führte die CE-Kennzeichnung selbst durch und belegte damit, dass die Cobots in Lünen alle Sicherheitsnormen erfüllen.
Die Entscheidung für die Roboter von Universal Robots hat sich für Jung vielfach bezahlt gemacht. „Wir sind stolz darauf, unsere Produktion mit dieser Spitzentechnologie erfolgreich optimieren zu können. Kosten und Durchlaufzeiten senken wir durch die Cobots erheblich – mit dem Resultat einer schnellen Amortisation“, sagt Schäfer am Ende seines Rundgangs und bilanziert: „Bei Jung steht der Mensch im Mittelpunkt. Nicht nur, was unsere Kunden betrifft, auch das Wohl unserer Mitarbeiter liegt uns am Herzen. Die Roboter von UR unterstützen sie gezielt bei ihren Tätigkeiten. Die Handarbeit unserer Fachkräfte ist und bleibt unverzichtbar.“ (jv)
Motek 2019: Halle 7, Stand 7301
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* Helmut Schmid ist Geschäftsführer Universal Robots (Germany) GmbH & General Manager Western Europe
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