Getriebe Das digitale Getriebe
Siemens misst die Betriebsdaten von Getrieben, um diese künftig exakt passend für die Anwendung dimensionieren zu können. Das soll Investitionskosten senken und helfen, den Anlagenbetrieb zu optimieren.
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Siemens hat eine digitale Messtechnik für Getriebe entwickelt, die dessen Belastung im Betrieb aufzeichnet. Anhand der Daten lässt sich ein neues Getriebe für die gleiche Anwendung optimiert auslegen. Das bedeutet: Eine zu große Dimensionierung lässt sich vermeiden, ohne das Risiko einzugehen, dass zu klein gewählte Einheiten wegen Überlastung ausfallen. So sinken die Anschaffungskosten. Außerdem liefern die Daten Hinweise für einen optimalen Betrieb der Anlagen. Flender Gearlog – so der Name der Messtechnik – umfasst verschiedene Sensoren sowie einen eigens entwickelten Rechner samt Software für die Datenauswertung.
Drehmomentsensoren für die Serie
Siemens baut Getriebe für Industrieanwendungen, von Förderbändern über Kräne oder Schiffe bis hin zu riesigen Gesteinsmühlen. Dem Design eines Getriebes liegt das jeweilige Lastkollektiv zugrunde. Das ist eine Beschreibung aller Lastzustände und deren Zeitanteil, die das Getriebe während des Betriebs erfahren wird. In der Vergangenheit liefen Antriebe mit relativ konstanten Drehzahlen. Das Lastkollektiv ergab sich aus punktuellen Messungen, gepaart mit dem Erfahrungswissen der Ingenieure. Heute werden vermehrt Frequenzumrichter verwendet, mit denen industrielle Prozesse drehzahlvariabel betrieben werden können, damit wird die Rotationsgeschwindigkeit an die aktuelle Betriebssituation angepasst. Ein Betrieb ist nun in Form eines Kennfeldes möglich und bedarf einer umfangreicheren Vermessung. Beispielsweise laufen Förderbänder, um Energie zu sparen, je nach Bedarf schnell oder langsam. Dadurch wird es komplizierter, das Lastkollektiv zu ermitteln. Um aber kostenintensive Ausfälle auszuschließen, legt man im Zweifel die größere Last zugrunde – also wird das Getriebe zu groß gewählt.
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Getriebe
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Viele Getriebe in der gleichen Anwendung
Hier setzt Flender Gearlog an. Die Messtechnik erfasst mit bis zu 3300 Messungen pro Sekunde Drehzahl und Drehmoment sowie Vibrationen und Temperatur. Der Rechner für diese hochfrequente Datenerhebung sowie die Software für die Aggregation der Messwerte hat Siemens eigens entwickelt. So müssen nur geringe Datenmengen für die weitere Auswertung übertragen werden. Außerdem musste Siemens zunächst zusammen mit dem Sensorhersteller Drehmomentsensoren – genauer Surface-Acoustic-Wave-Sensoren – entwickeln, die für Serienprodukte geeignet sind. Aus der Rotationsgeschwindigkeit (Drehzahl) und der Kraft, die auf die Komponenten wirkt (Drehmoment) ergibt sich die anliegende Last. Für Überlasten wird zusätzlich der Zeitpunkt abgelegt, um die Messung nachträglich validieren zu können. Siemens ist, eigenen Angaben zufolge, derzeit der einzige Anbieter dieser Technik für Serienprodukte.
Das Getriebe bekommt eine digitale Schnittstelle
Von den Messungen profitieren Betriebe, die Getriebe in großen Stückzahlen – wie für Förderbänder – oder mehrmals in der gleichen Anwendung, beispielsweise in Kranflotten einsetzen. Sobald genügend Daten vorhanden sind, wird berechnet, welche Last über die Betriebsdauer am Getriebe anliegt und wie deren Höhe über die Zeit wechselt. Je nach Anwendung ist das bereits nach Monaten oder im Allgemeinen spätestens einem Jahr der Fall. Mit Hilfe von Hochrechnungsmethoden aus der Automobilindustrie lässt sich von den Daten auf zehn und mehr Betriebsjahre schließen.
Flender Gearlog bindet Getriebe in den Datenstrom des Antriebsstrangs oder der digitalen Anlage ein. Getriebe, die dieses System installiert haben, bekommen über Flender Gearlog Informationen über den Betriebszustand ihrer Anlage. Die Messungen zeigen beispielsweise auf, mit welchen Anteilen Überlasten oder auch Leerläufe auftreten. Ungewöhnliche Lastprofile weisen auf Fehler in der Anlage hin. Nach Absprache mit den Anwendern besteht außerdem die Möglichkeit, die Betriebsdaten aller in einer Branche bzw. Anwendung eingesetzten Getriebe zusammenzuführen und auszuwerten. So lassen sich Muster erkennen, die weitere Hinweise zur Optimierung der Getriebe oder ihres Betriebs liefern sollen. (sh)
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