Bionik Bionik setzt Erkenntnisse biologischer Systeme in technische Produkte um
Bionik ist eine grenzüberschreitende Wissenschaft, die Lösungen aus der Natur in die Technik übertragen will. Aber geht das eigentlich? Arbeiten Natur und Technik nicht mit ganz unterschiedlichen Materialien, Verfahren und Schwerpunkten? Der Beitrag gibt einen Überblick.
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Was will beispielsweise der Konstrukteur eines Rades von der Natur lernen? In der belebten Welt gibt es bekanntlich keine rotierenden Achsen, also auch keine Räder. Doch halt - ist das wirklich so? Da haben wir schon den ersten Punkt, den bionisches Arbeiten verlangt. Das ist die biologische Recherche. Und so zeigt sich, dass es so etwas wie eine Rad in der Natur tatsächlich gibt. Es dreht sich rasch, mit etwa 300 Umdrehungen pro Sekunde, ist allerdings mikroskopisch klein: die Bewegungsmaschinerie der Bakteriengeißel. In der doppelten Bakterienwand gibt es innen und außen feinste molekulare Kugellager, die eine rotierende Achse mit angeflanschter Geißel tragen. Angetrieben wird sie über einen ganz seltsamen Treibstoff, einen Protonengradienten. Im Wasser erzeugt sie strömungsmechanische Kräfte, welche das Bakterium vorwärts drücken oder saugen. Kann man daraus etwas für die Technik lernen?
Wohl eher nicht. Die Dimensionen und damit die Reynoldszahlen sind extrem unterschiedlich, die Baustoffe - hier Proteine, dort Stahl und Kunststoff - ebenfalls, die Kräfteverhältnisse erst recht. In diesen winzigen Dimensionen spielen Reibungskräfte eine viel größere Rolle als bei einer technischen Großausführung. Und so weiter. Es hilft nichts, wenn man anführt, physikalische Gesetzte gälten doch allüberall. Selbstredend gelten sie auch für die Bakteriengeißel, aber diese nutzt sie in einer ganz eigentümlichen Weise, nach Prinzipien, die in der Technik so nicht nachbaubar sind.
Prinzipien erkennen und übertragen
Damit wäre der zentrale Punkt schon genannt. Es sind nicht die Formen und die Bauweisen, die „zu kopieren“ sind. Es sind die Prinzipien, die es zu erkennen und zu übertragen gilt. Kopieren - das geht eben gar nicht. „Die Natur liefert keine Blaupausen“ habe ich einmal scherenschnittartig geschrieben. Was aber liefert sie dann, und wie muß man bei der Umsetzung vorgehen?
Auf jeden Fall liefert die Natur dem Konstrukteur Anregungen und Denkanstöße. Statt die natürlichen Vorbilder einfach nachzubauen, muß er, wie erwähnt, versuchen, in fachübergreifender Zusammenarbeit die Prinzipien eines natürlichen Vorbilds herauszuarbeiten. Diese, und nur diese, können ihm dann als Basis für eine Umsetzung dienen. Bei der Umsetzung selbst allerdings haben Biologie und Bionik nichts mehr verloren. Diese läuft lege artis nach der Vorgehensweise einer Ingenieurdisziplin ab.
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