Schraube Additiv gefertigten Leichtbaumotor fügen

Von Dr.-Ing. Alexander Zabirov, Sebastian Bucherer, Marcel Laux, Prof. Dr.-Ing. Markus Schleser

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Gewindefurchende Schrauben werden meist in gegossenen Materialien eingesetzt. Ob sie sich auch für additiv gefertigte Legierungen eignen, haben Wissenschaftler im Forschungsprojekt Leimot untersucht.

Für die Ansaugseite des Motors (rechte Seite) wurde eine Mischung aus einer Schraub- und einer Klebeverbindung realisiert.
Für die Ansaugseite des Motors (rechte Seite) wurde eine Mischung aus einer Schraub- und einer Klebeverbindung realisiert.
(Bild: FEV Europe)

Im vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ins Leben gerufenen Forschungsprojekt „Leichtbau Motor“ – kurz „Leimot“ – hat ein Verbund aus Wissenschaft und Wirtschaft einen Verbrennungsmotor mittels Laserschmelzverfahren (LPBF-Verfahren) hergestellt. Ziel war es durch den Einsatz von Multimaterialkomponenten und neuartigen Fertigungstechnologien einen Motor mit deutlich reduziertem Gewicht zu entwickeln.

Das Besondere an Leimot ist, dass die hochbelasteten Bereiche des Motors additiv in der Aluminiumlegierung AlSi10Mg0,4 und die Seitenwände aus faserverstärktem Phenolharz im Spritzgussverfahren gefertigt wurden. Mit dieser Anordnung lassen sich die Öl- und Kühlmittel­kanäle in die Kunststoff-Seitenwände integrieren, wodurch zusätzliches Gewicht durch Funktionsintegration eingespart wird. Um dieses Multimaterialdesign umzusetzen, sind weitere Fügetechniken erforderlich. Für die Ansaugseite des Motors (rechte Seite) wurde eine Mischung aus einer Schraub- und einer Klebeverbindung realisiert. Ein öl- und kühlmittelbeständiger, silikon­basierter Klebstoff dient hierfür als Dichtmittel.

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Alternative: Gewindefurchende Schrauben

Um den starken Vibrationen des Motors im Betrieb standzuhalten, ist eine hohe Selbsthemmung der Schraubverbindung erforderlich. Gewindefurchende Schrauben stellen hierbei eine Alternative dar. Sie haben hohe Selbstsicherungseigenschaften. Zudem lassen sie sich einfach implementieren, da sie ihr Gewinde selbst furchen. Die Kernbohrungen für das Gewinde sind bereits in den Rohling des Motorgehäuses vor der mechanischen Bearbeitung integriert. Dies spart im Fertigungsprozess Bearbeitungszeit, Kosten und Material.

Diese Technologie wurde jedoch für gegossene Materialien entwickelt. Kann sie auch in additiv hergestellten Bauteilen eingesetzt werden? Um diese Frage zu beantworten, hat die FEV Europe GmbH zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT und dem Schraubenhersteller Ejot eine Lösung für die Montage der Kunststoff-Seitenwand entwickelt.

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Ursprünglich wurden die Altrac-Schrauben von Ejot für eine Gusslegierung mit konischer Bohrungsform entwickelt. Deshalb führten die Wissenschaftler erste Versuche mit dieser bekannten Form für das LPBF-Verfahren durch. Im Gegensatz zum Gießen entfällt beim Laserschmelzen die Notwendigkeit von Entformungsschrägen des Gusswerkzeugs. Damit kann die Bohrung auch zylindrisch ausgeführt werden, so dass auch zylindrisch gestaltete Exemplare 3D-gedruckt wurden.

Probekörper sowohl vertikal als auch horizontal gedruckt

Hierfür wurden in einem ersten Schritt die Schrauben auf ihre Funktionalität in einer additiv gefertigten Legierung getestet. Ein wesentlicher Unterschied zwischen gegossener und additiv gefertigter Legierung ist die Anisotropie im Material, die durch die Ausrichtung des LPBF-Prozesses entsteht. Um dies zu berücksichtigen, wurden die additiv gefertigten Probekörper sowohl vertikal als auch horizontal gedruckt. Beim LPBF-Verfahren lag die Reproduzierbarkeit der Innendurchmesser innerhalb von drei Prozent bei horizontal gedruckten und innerhalb von ein Prozent bei vertikal gedruckten Proben. Schließlich wurden als Referenz für die bestehende Anwendung mehrere M5-Kernlöcher in einen geschmiedeten Aluminiumblock gefräst. Im Anschluss wurden die Schrauben demontiert und jeweils fünf Mal wieder montiert, um ihre Wiederverwendbarkeit zu testen. Die Ergebnisse zeigten, dass die selbstschneidenden Verbindungselemente erfolgreich in additiv hergestellten Legierungen eingesetzt werden können.

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Klebstoff wirkt als Dichtungsmittel

Um das notwendige Anzugsdrehmoment zu ermitteln und die Abdichtung zu validieren wurden Testboxen entworfen. Das Design des Deckels repräsentiert dabei die Geometrie des Vollmotors bezogen auf Verschraubungsabstand, Versteifungsrippen und Gestaltung des Schraubendoms. Dieser wurde mit demselben Phenolharz spritzgegossen, das auch für die Seitenwände des Vollmotors verwendet wird. Der Hauptkörper ist aus Aluminium gefräst, das die realen Materialien nachahmt. Der Schraubenkopf muss eine ausreichend große Fläche bieten, um die maximale Vorspannkraft von 4 kN ohne Beschädigung des Kunststoffs aufzubringen.

Als Vorbereitung für die Tests wurden Löcher in das Aluminiumgehäuse gebohrt. Die gewindefurchenden Schrauben formten sich ihr Gewinde. Anschließend wurden diese entfernt, der Klebstoff aufgetragen, der Deckel positioniert und mit denselben Schrauben die Elemente miteinander verbunden.

Schrauben lassen sich mindestens zehnmal wiederverwenden

Dieser Vorgang wurde bei drei Testboxen zehnmal wiederholt und das erforderliche Anzugsdrehmoment ermittelt, um eine maximale Vorspannkraft von 4 kN zu erreichen. Der Test zeigte zudem, dass die Schrauben mindestens zehnmal wiederverwendet werden können und bei gleichem Anzugsmoment immer noch die erforderliche Vorspannkraft erreichen.

Zum Schluss wurden Belastungstest mit vergleichbaren Lasten, wie sie später in den Kühlkanälen während des Motorbetriebs auftreten, durchgeführt. Hierfür wurde der Druck und die Temperatur im Inneren der Testbox entsprechend der Dampfdruckkurve des 50/50-Glykol-Wassergemischs erhöht, bis ein Versagen der Kunststoff­abdeckung oder eine Leckage auftrat. Sowohl die Abdeckung als auch der Klebstoff versagten erst bei höheren Belastungen als erforderlich.

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Damit war das Verbindungskonzept bereit, um an den Leimot-Vollmotoren getestet zu werden. Dabei montierte das Team vier Motoren mit je elf Ejot Altracs Plus AP50x20/15. Die Kernlöcher der Verschraubung waren zylindrisch gestaltet und direkt im Druckprozess des Motors hergestellt. Schrauben schnitten ihre Gewinde nach dem Druckvorgang selbst. Nach erfolgreicher Montage wurden die Motoren auf dem Prüfstand im gefeuerten Betrieb erprobt und konnten dabei auch unter realen Belastungen die Funktionalität beweisen.

* *Projektleiter FEV Vehicle GmbH, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Lehrgebiet Füge- und Trenntechnik / Lasertechnologie FH Aachen

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