Additve Fertigung Titan-Mountainbike: Moorhuhn-Bike gewinnt Purmundus-Challenge

Redakteur: Juliana Pfeiffer

Ein Fahrradrahmen aus superleichten Titanrohren, eine bionische Handorthese für vollständig gelähmte Hände und ein 3D-gedruckter, recycelbarer Sneaker – das sind die diesjährigen Gewinner der Purmundus Challenge 2020.

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Den ersten Preis der „Purmundus Challenge“ hat Ralf Holleis von der Firma Huhn Cycles für das Moorhuhn-Bike gewonnen.
Den ersten Preis der „Purmundus Challenge“ hat Ralf Holleis von der Firma Huhn Cycles für das Moorhuhn-Bike gewonnen.
(Bild: Purmundus Challenge)

Die Purmundus Challenge – der Designpreis im 3D- und 4D-Druck – wurde am 11. November 2020 bereits zum achten Mal verliehen. Im Rahmen der digitalen Formnext Connect wurde der Wettbewerb live übertragen. Von den 35 Finalisten erhielten insgesamt sieben Einreichungen die begehrten Trophäen in Gold.

Fahrradrahmen aus Titanrohren überzeugt

Den ersten Preis der „Purmundus Challenge“ hat Ralf Holleis von der Firma Huhn Cycles für das Moorhuhn-Bike gewonnen. Holleis hat die bewährter Rahmengeometrie eines Fahrrades mit additiver Fertigung weiter verbessert.

Bisher wurden Carbonrahmen verbaut, um das Fahrrad leichter und steifer zu machen. Doch dieses Kohlenstoffprodukt hat einen sehr kurzen Produktlebenszuyklus. Zudem lässt sich dieses Verbundmaterial schwer recyceln, so dass Carbonrahmen meistens auf den Müllhalden enden oder verbrannt werden. Metall hingegen lässt sich immer rückführen. Die Idee für Moorhuhn-Bike war geboren. Denn der Rahmen dieses Bikes besteht aus superleichten Titanrohren, die durch additiv gefertigte Muffen verbunden werden. Dadurch werden die Überhänge extrem steif, da sie entsprechend der in einem Fahrrad auftretenden Kräften konstruiert werden können, so können Kräfte gleichmäßig verteilt werden.

Ein modernes Mountainbike sollte nach 2 Jahren nicht mehr auf den Müll geworfen werden, da es nicht sicher ist, es zu reparieren, stattdessen sollte ein hochwertiges Mountainbike Generationen überdauern.

Funktionen direkt in die Konstruktion integrieren und mitdrucken

Des Weiteren ermöglicht es die additive Fertigung jeden Rahmen nach den Bedürfnissen des Fahrers herzustellen, da keine Werkzeuge erforderlich sind. Funktionen wie Kabelführung, Sitzklemmen, Lagergehäuse sowie zusätzliches Schweißmaterial können direkt in die Konstruktion integriert und mitgedruckt werden, die Herstellung und die Arbeit des Rahmenbauers wird so erheblich vereinfacht.

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Bionische Handorthese für vollständig gelähmte Hände

Der zweite Platz der Purmundus Challenge 2020 geht an HKK Bionics, die sich mit der Exomotion Hand One in neue Anwendungsbereiche wagt: Die bionische Handorthese für vollständig gelähmte Hände wurde als „motorisierter Handschuh“ konzipiert und ermöglicht den Patienten alltägliche Greifaufgaben.

Das Funktionsprinzip: Eine intelligente Software mit zugehörigem Sensor erkennt die Bewegungsabsicht des Trägers über einen noch aktiven Muskel und steuert die leistungsstarken Kleinstantriebe in der Armschiene an. Diese leiten gezielt Kraft in die Betätigungsmechaniken des Handschuhs ein, welche die Finger öffnen, schließen und ihnen so die notwendige Griffkraft bereitstellen. Dabei stehen verschiedene Griffvarianten zur Verfügung, welche die wichtigsten Anwendungsfälle abbilden, wie z.B. der Faustschluss oder der Pinzettengriff.

Jede Orthese ist ein Unikat

Alle Kunststoffteile der Orthese werden dabei im SLS-Lasersinterverfahren aus biokompatiblem PA12 gedruckt und in Patientenwunschfarbe gefärbt. Durch die individuelle Konstruktion und Färbung ist jede Orthese ein Unikat, auch Oberflächencustomizing ist möglich.

Turnschuh in einem Druck und einem Material additiv gefertigt

Svet Abjo von der Zellerfeld Shoe Company Inc. überzeugte die Jury der Purmundus Challenge mit seinem 3D-gedruckte Sneaker Zero und belegte damit den 3. Platz. Der voll funktionsfähige maßgefertigte 3D-gedruckter Schuh basiert auf Fuß-Scans. Der gesamte Schuh wurde in einem Durchgang gedruckt, wodurch jegliche Näh- oder Klebevorgänge entfallen. Sohle, Mittelsohle und Obermaterial - alles in einem Druck und aus einem Material – TPU (Shore-Härte 60 A). Die Schuhe könnten eventuell eingeschmolzen und daraus neue Schuhe gedruckt werden. Zudem sind keine traditionellen Schuhleisten erforderlich, da dies direkt im CAD-Modell umgesetzt werden kann.

Im Jahr 2020 sind Klimawandel und Umwelt eine der größten Sorgen, und ich glaube wirklich, dass der 3D-Druck von Schuhen aus recycelbarem Material eine sehr potenzielle Zukunft hat.

Svet Abjo

Kategorie Newcomer: 4D-Druck einer anpassbaren Handgelenksschiene

Die „Purmundus Challenge“ wurde zudem in diesem Jahr um eine Auszeichnung erweitert: Den erstmals vergebenen Preis für die Kategorie Newcomer erhielt Yejun Fu von der School of Design Innovation, Victoria University of Wellington, mit dem Adaptive Splint. Das Projekt untersucht die Möglichkeit des 4D-Drucks zum Beispiel für eine anpassbare Handgelenksschiene. Dabei fügt der 4D-Druck der 3D-Drucktechnologie die Zeit als vierte Dimension hinzu.

Bei der adaptiven Handgelenksschiene wurden unter anderem Wundheilungsprozesse und damit verbundene Rehabilitationsmethoden wie auch relevante biologische Strukturen als Inspiration für die Konstruktionsgeometrie erforscht, um die erforderliche Funktionalität der Schiene zu bestimmen.

Formverschiebbare Schicht der Schiene passt sich Handgelenk an

Das Design wurde dabei gemeinsam mit Materialwissenschaftlern auf zwei Wege entwickelt. Zunächst wurde das Reaktionsvermögen der neuen experimentellen Polymere getestet, um eine bedruckbare, formverschiebende Schicht der Schiene zu konfigurieren, die sich an die Veränderungen im Handgelenk während des Heilungsprozesses anpasst. Schließlich wurden diese Erkenntnisse in 3D-Modelle für eine adaptive, aus drei Schichten bestehende Schiene überführt, die den Anforderungen der progressiven Rehabilitation entsprechen.

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Anatomisches Herzmodell für die chirurgische Simulation

In der Kategorie Innovation Prize überzeugte das Anamos Herzmodell. Das additiv aus Silikon gefertigte, anatomische Modell eines menschlichen Herzens eröffnet dabei durch seine realistische Funktionalität und Haptik neue Möglichkeiten in der Simulation chirurgischer Eingriffe.

Taktiler Kompass macht Farben fühlbar

In der Kategorie Special Mention gewann der taktile Farbkompass, entwickelt von Sylvia Goldbach und Eric Bahr der Taktilesdesign GmbH. Der Taktile Farbkompass führt in eine neue Welt der Wahrnehmung. Er leitet seine Nutzer über Landschaften, Bilder sowie Objekten des Alltags. Für Blinde erzeugt er eine neue harmonische Empfindung beim Tasten. Der Kompass bringt die Harmonie in Form von Texturen mit Farben in Einklang und öffnet den Blinden ein neues Medium jenseits von Sprache.

Das Bolt-It-Konzept hat in der Kategorie Simulation Driven Design gewonnen. Die Bolt-It-Konzepte ermöglichen eine automatisierte physische und digitale Nachbearbeitungskette. Im Detail sind es universelle Spannmittel, die im Rahmen des AM-Prozesses hergestellt werden. Diese ermöglichen das automatisierte Greifen und Bearbeiten des AM-Teils.

Über den Publikumspreis kann noch bis zum 22.11.2020 abgestimmt werden. An die Gewinner der „Purmundus Challenge“ gehen Preise im Wert von insgesamt 30.000 Euro.

Dieser Beitrag ist zuerst auf unserem Partnerportal Mission Additive erschienen.

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