Simulation im Mittelstand Simulieren ohne Netz und doppelten Boden

Von Karl Obermann

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Simsolid ermöglicht die strukturmechanische Analyse von Bauteilen ohne Netz. Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, dass es funktioniert.

Simsolid ist eine Berechnungssoftware für die Strukturmechanik, die speziell für Konstrukteure entwickelt wurde und ohne Vernetzung arbeitet. Beim Raumklimaexperte Zehnder ist die Lösung bereits erfolgreich im Einsatz.
Simsolid ist eine Berechnungssoftware für die Strukturmechanik, die speziell für Konstrukteure entwickelt wurde und ohne Vernetzung arbeitet. Beim Raumklimaexperte Zehnder ist die Lösung bereits erfolgreich im Einsatz.
(Bild: Zehnder)

In den letzten Jahrzehnten hatte die Berechnung von Bauteilen fast immer mit Finiten Elementen und den entsprechenden Netzen zu tun. Das hat natürlich den Aufbau der Netze bedingt - manchmal mehr, manchmal weniger zeitaufwändig. Und Fachwissen war natürlich auch gefordert.

Geht’s auch ohne? Lange Zeit musste die Frage mit einem klaren "nein" beantwortet werden. Heute macht es die Lösung Simsolid aber möglich. Die Grundlagen dafür hat der weißrussische Professor Dr. Victor Apanovitsch gelegt. Er lehrte an der Belarussischen Nationalen Technischen Universität, wanderte später nach Kanada aus und wurde Mitbegründer der Simsolid Corporation. Das Unternehmen wurde mittlerweile von Altair gekauft.

Simulieren mit Simsolid

Die eigentliche Berechnungsengine fußt auf bahnbrechenden Erweiterungen der externen Approximationstheorie und stellt insofern eine Verallgemeinerung der Finite-Elemente-Methode dar. Das System ist eine speziell für Konstrukteure entwickelte Berechnungssoftware. Es macht Geometrievereinfachungen und eine Vernetzung überflüssig. Allein das spart schon einiges an Zeit ein. Darüber hinaus können mit Simsolid komplexe Bauteile und/oder große Baugruppen berechnet werden. Dass es funktioniert, zeigt ein Beispiel aus der Praxis.

Über die Zehnder GmbH

Einer der ersten Kunden von Simsolid ist die Zehnder GmbH in Lahr (Schwarzwald). Zehnder hat seine Wurzeln in der Schweiz. 1895 gründete Jakob Zehnder in Gränichen eine Werkstatt für Fahrräder, Schreib-, Wasch- und Nähmaschinen. Nach ca. 25 Jahren begann man 1923 mit der Produktion von Leichtkrafträdern. In das Geschäft mit Heizungen stieg das Unternehmen 1930 ein, als Robert Zehnder den ersten Stahl-Röhrenradiator erfand - noch heute als "Zehnder Charleston" im Programm.

Die Berechnung einer Deckenstrahlplatte ist nicht trivial. Das Ziel ist herauszufinden, wie viel Gewicht sie aushält, bis sie beginnt zu knicken.
Die Berechnung einer Deckenstrahlplatte ist nicht trivial. Das Ziel ist herauszufinden, wie viel Gewicht sie aushält, bis sie beginnt zu knicken.
(Bild: Zehnder)

Mit etwa 3.384 Mitarbeitern und Produktionsstandorten in Europa, Asien und Nordamerika zählt die Zehnder Group heute zu den Marktführern der Heizkörperbranche. Darüber hinaus wandelte sich Zehnder in den vergangenen 30 Jahren mit den neuen Geschäftsbereichen für Heiz- und Kühldecken sowie Deckenstrahlplatten mit zugehörigen Luftverteilsystemen und Luftfiltern für Produktions- und Lagerhallen, den Clean Air Solutions, vom reinen Heizkörperhersteller zum Systemanbieter für komfortables Raumklima.

Aufgabenstellung ist nicht trivial

Alle diese Produkte müssen nicht nur konstruiert, sondern auch berechnet werden. Für manches reicht das im CAD-System enthaltene Berechnungssystem aus, aber nicht für alles. "Wir haben es mit Teilen zu tun, die sehr dünn sind, ca. einen halben Millimeter dünne Bleche und zugleich sehr lang, bis zu 6 Metern", so Peter Klug von Zehnder. Sie auf Durchbiegung, Knickung und Festigkeit zu berechnen, ist nicht trivial.

Simsolid in der Konstruktion bei der Zehnder GmbH in Lahr. Auch schwierige Werkstücke lassen sich damit berechnen.
Simsolid in der Konstruktion bei der Zehnder GmbH in Lahr. Auch schwierige Werkstücke lassen sich damit berechnen.
(Bild: Zehnder)

Wenn es ein Problem gibt, das im Augenblick nicht zu lösen ist, fängt der Ingenieur an zu suchen. Bei einer dieser Recherchen im Internet fand Klug einen Hinweis auf Simsolid. Da die Beschreibung vielversprechend war, entschloss man sich das System auszuprobieren. Das System wurde zunächst noch von einem anderen Anwender betreut. Kurze Zeit später stieg aber Inneo, Ellwangen als Händler in das Geschäft ein. Bei Inneo als Betreuer ist es auch bis heute geblieben. Im Februar 2018 fiel der Startschuss bei Zehnder.

Schrittweises Vorgehen bei der Implementierung der Simulationslösung

Meier hat zunächst einen einfachen Biegebalken berechnet, bei dem er die Ergebnisse schon kannte. Anschließend hat er verschiedene Beispiele nachgerechnet, die in der Software integriert waren. Danach ist er Schritt für Schritt an die größeren Projekte herangegangen. Das waren zum einen eine Deckenstrahlplatte und zum anderen eine Platte für eine Heiz-Kühl-Decke.

"Bei der Deckenstrahlplatte ging es darum, zu ermitteln, wie viel Gewicht sie aushält, bis sie beginnt zu knicken. Bei der Heiz- und Kühldecke ging es darum, zu berechnen, wie viel Durchhang die Erdanziehung erzeugt. Ziel ist ja letztlich eine gerade Decke. Wenn alle Elemente einen 'Bauch' machen würden, wäre das nicht sehr schön", erläutert Max Meier die Problemstellung.

Berechnungsprozess ist kein Hexenwerk

Wie der gesamte Umgang mit Simsolid ist auch der eigentliche Prozessablauf für den Anwender nicht schwierig.

  • Das jeweilige CAD-Modell wird nach Simsolid importiert.
  • Kontrolle, ob alles vollständig ist und Kontrolle der Materialien. Bei den hier betrachteten Deckenelementen handelt es sich um Stahl, ST 42.
  • Erstellung der Auflagen (Loslager, Festlager).
  • Anbringung der Lasten (Kräfte, Druck, Gravitation...)
  • Starten des Berechnungslaufs
  • Ergebnisse und Ergebnisauswertung und z. B. Vergleich mit Messergebnissen.

Wie sich Simsolid geschlagen hat

"Wir waren als erstes einmal froh, dass es überhaupt geht! Wir hätten auch längere Rechenzeiten in Kauf genommen, z. B. über Nacht, das war aber gar nicht nötig," so Klug. "Defakto haben wir für das eine Teil eine Stunde Rechenzeit gebraucht, bei dem zweiten ca. 20 bis 30 Minuten", wie Max Meier berichtet. Das sei sensationell, wenn der Ausgangspunkt "es geht nicht" ist.

Dabei ist noch besonders zu berücksichtigen, dass die Platte aus mehreren Schichten aufgebaut ist:

  • Die Stahlkassette als solches mit
  • Kupferrohren, die mittels eines Aluminium-Wärmeleitblechs über eine Klebeschicht fixiert werden.

Die Ergebnisse der Berechnungen

Das wichtigste Ergebnis ist, dass die Platte hält. Sie ist in einer Raumrichtung fest, in allen anderen frei (schwimmend) angebracht. "Neben der Festigkeitsberechnung haben wir auch eine Kontaktflächenberechnung durchgeführt, zunächst die Kassetten ohne Kupfer und ohne Wasser, dann mit Kupfer und Wasser, und am Ende haben wir auch noch mit Temperaturen (+ 80° Vorlauftemperatur) simuliert", so M. Meier.

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Was die Präzision der Ergebnisse angeht, so gibt es eine Abweichung von 15 % gegenüber den experimentell ermittelten Werten. Da aber auch die experimentellen Werte streuen, wenn das Experiment mehrfach durchgeführt wird, ist man bei Zehnder dennoch zufrieden. Peter Klug: "Ohne Simsolid könnten wir gar nichts machen, insofern ist es auch nicht wichtig, ob wir gewisse Abweichungen haben oder nicht."

* Karl Obermann, freier Autor

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