Schnell sauber

Autor / Redakteur: Dipl.-Ing. Karl-Heinz Meiners / Karl-Ullrich Höltkemeier

Saubere Züge sind das Aushängeschild der Deutschen Bahn. Deshalb beauftragte deren Tochter, die DB Fernverkehr AG, das Unternehmen TCS mit dem Neubau einer kombinierten Lok- und Waggon-Waschanlage für den Standort Berlin-Rummelsburg. Steuerung, Antriebsvernetzung und -synchronisierung sowie ein neues Anlagenkonzept sorgen für eine gründliche Reinigung und eine hohe Anlagenverfügbarkeit

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Die Transportleistung der Deutschen Bahn AG (DB) im Personenverkehr betrug im Jahre 2004 70,3 Milliarden Kilometer – das ist die Summe aus beförderten Personen und zurückgelegten Kilometern. Damit die Fahrgäste in sauberen und gepflegten Waggons reisen können, werden die Züge in Betriebsbahnhöfen gewartet, instandgesetzt sowie innen und außen gründlich gereinigt. Um die Standzeiten zu minimieren und eine gleichbleibend hohe Qualität der Reinigungsleistung zu garantieren, entschloss sich die DB Fernverkehr AG, auf dem Betriebsbahnhof Berlin-Rummelsburg eine neue, hochmoderne Außenreinigungsanlage für Lokomotiven und Zugverbände zu errichten (Bild 1).

Die Hauptanforderung an den Anlagenbauer bestand darin, neue Standards hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit und Effizienz zu setzen. Den Zuschlag zum Bau der Waschanlage, die sich durch zahlreiche Innovationen von bestehenden Anlagen abhebt, erhielt das Unternehmen TCS Tank Cleaning Solutions GmbH aus Ostfildern und Heilbronn.

Zu Beginn der Wäsche muss der Zugführer über ein Bedienpult oder ein Tablet-PC die Position des Triebwagens oder der Rangierlok eingeben. In der neuen Reinigungsanlage können Triebwagen der Baureihen 101, 112/114, 120 und ICE 2 einzeln sowie im Zugverband gewaschen werden. Darüber hinaus ist die Anlage für ein- und doppelstöckige Reisezugwagen, die zugehörigen ein- und doppelstöckigen Steuerwagen sowie verschiedene Typen von Regionalsteuerwagen ausgelegt.

Für unterschiedlich stark verschmutzte Züge können verschiedene Reinigungsprogramme von leicht bis stark verschmutzt vorgewählt werden. Die Reinigungsprogramme unterscheiden sich nicht nur durch den Anpressdruck der Bürsten, sondern auch durch die Konzentration der Reinigungsmittel. So werden Material und Kosten gespart und die Umwelt weniger belastet.

Die vom Zugführer eingegebene Zugkonfiguration wird während des gesamten Waschvorgangs mittels Profilscannern und Distanzlasern überwacht. Die durchgehende Kontrolle sorgt für ein hohes Maß an Qualität und Betriebssicherheit, da über das Zugprofil auch die Bürstenposition optimal an den jeweiligen Zugtypen angepasst wird. Ein weiterer Vorteil der kombinierten Stand- und Durchfahrwaschanlage ist, dass sowohl Lokomotiven als auch Waggons gereinigt werden können.

Selbst unter Hochspannung kann gereinigt werden

Die Reinigung eines kompletten Zugverbands erfolgt in mehreren Schritten (Bild 2). Nach Eingabe der Zugkonfiguration erhält der Zugführer das Signal zur Einfahrt in die Waschhalle. Wurde eine Lokwäsche ausgewählt, wird der Lokführer über eine Ampelanlage zum Halten aufgefordert. Steht der Zugverband, wird der Zugführer aufgefordert, die Lok von der Oberleitung abzutrennen und den Stromabnehmer einzufahren. Danach wird die Oberleitung abgeschaltet und die Lokomotive im Stand gewaschen. Die Konturen für alle zu reinigenden Lokomotiven und Steuerwagen sind im Programm auf der Steuerung, einem Remote Field Controller RFC 450 ETH-IB von Phoenix Contact, hinterlegt (Bild 3).

Soll ein neuer Typ gewaschen werden, kann das Profil der z.B. Lok „einge-teacht“ und übernommen werden. Nach Beendigung der Wäsche erhält der Lokführer das Signal, sich wieder an die zugeschaltete Oberleitung anzukuppeln.

Die Außenreinigung der Waggons erfolgt mit eigenem Antrieb des Zugverbands – er wird also nicht gezogen. Dabei wird die Wäsche bei eingeschalteten 15.000 Volt auf der Oberleitung durchgeführt. Um die Anlagenelektronik vor Überschlägen zu schützen, werden Überspannungsschutz-Geräte der Serie Trabtech von Phoenix Contact eingesetzt.

Die beste Reinigungswirkung wird bei einer Durchfahrgeschwindigkeit von etwa 2 km/h erzielt. Da die Tachometer der Triebwagen derartig niedrige Werte nicht anzeigen, wird die Geschwindigkeit mittels Laser erfasst und dem Zugführer über Displays angezeigt, die auf der gesamten Fahrstrecke angebracht sind (Bild 4).

Zum Bedienen und Beobachten der Anlage setzt der Betreiber das Visualisierungssystem Genesis von Iconics ein. Die komplexe Visualisierung ermöglicht es, die gesamte Anlage aus dem Leitstand zu bedienen und zu überwachen (Bild 5). Außerdem werden die Betriebsstunden der Motoren und Pumpen sowie die Durchflussmengen der Reiniger und der unterschiedlichen Wassersorten dargestellt. Bei Fehlern oder Warnungen, zum Beispiel wenn ein Füllstand unterschritten ist, wird das Service-Personal via SMS oder E-Mail informiert.

Alle Visualisierungsbilder können sowohl aus dem Leitstand, der während des regulären Waschbetriebs nicht besetzt ist, als auch über einen per Funk angekoppelten Tablet-PC angezeigt und bedient werden. Die Anbindung der Visualisierung an die Steuerung erfolgt über den OPC-Server (OLE for Process Control) von Phoenix Contact.

Beim Antriebskonzept für die Ansteuerung der Bürsten hat sich TCS für Antriebsregler von KEB Antriebstechnik entschieden, die über Interbus synchronisiert werden. Um die koordinierte Bewegung der 3D-Frontbürste auch ohne CNC betreiben zu können, hatte Phoenix Contact mehrere Funktionsbausteine für sein Steuerungssystem erstellt, das mit der Automatisierungssoftware PC Worx programmiert wird. Die Berechnung der Lagesollwerte erfolgt auf dem RFC 450 ETH-IB (Bild 6).

Die Lagesollwerte werden anschließend zyklisch und in festen Zeitintervallen via Interbus an die Antriebsregler übertragen. Dabei erfolgt die Lageregelung selbst in den Antriebsregelungen, die selbständig Lagewerte anfahren und halten können. Um diese Betriebsart zu nutzen, sind folgende Randbedingungen zu erfüllen:

  • Die Übertragung der Lagesollwerte an alle Antriebsregler, die an einer koordinierten Bewegung beteiligt sind, muss zeitgleich erfolgen.
  • Die zeitliche Distanz zwischen den Lagesollwerten muss konstant und präzise sein.
  • Alle an einer koordinierten Bewegung beteiligten Antriebsregler müssen die ankommenden Lagesollwerte zeitgleich verarbeiten und anfahren.
  • Die Anzahl der pro Zeiteinheit übertragenen Lagesollwerte muss hoch sein - je nach Anforderung an die Genauigkeit der Bewegung.

Das Gesamtsystem hat die aktuellen Lagesollwerte innerhalb von 5 bis 10 ms an alle 24 F5-Multi-Antriebsregler von KEB zuübergeben. Dabei muss die Verarbeitung in den Antrieben, die an der koordinierten Bewegung beteiligt sind, zeitgleich erfolgen. Die Zykluszeit zur Übertragung der Lagewerte darf maximal um 1 bis 3 µs differieren. Diese genannten Anforderungen werden von Interbus erfüllt.

Phoenix Contact, Tel. +49(0)5335 300

Dipl.-Ing. Karl-Heinz Meiners, Mitarbeiter in der Business Unit Automation Systems, Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg

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