Simulation FEM vs. CFD – wann welche Methode geeignet ist
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Bei thermischen Simulationen stellt sich häufig die Frage, ob FEM oder CFD eingesetzt wird. Pauschal kann das nicht beantwortet werden, doch gibt es richtungsweisende Faktoren.

Im Ingenieurwesen unterliegen technische Produkte und Prozesse einer ständigen Weiterentwicklung. Leistungsdaten werden anspruchsvoller, Bauteile kleiner, Materialarten vielfältiger und Prozesse komplexer. Um zuverlässig zu konstruieren, müssen nicht nur die einzelnen Komponenten, sondern vor allem das Gesamtproblem betrachtet werden – mit all seinen möglichen Wechselwirkungen. Dafür sind multidisziplinäre Analysen nötig. Hierfür eignen sich numerische Simulationsverfahren besonders gut. Nur, welches Berechnungs- oder Simulationsverfahren eignet sich am besten? Das lässt sich nicht immer pauschal beantworten. Aber es gibt Faktoren, welche die Richtung weisen können.
Über die beiden Simulationsmethoden
FEM: Finite-Elemente-Methode: Die Finite-Elemente-Methode ist ein numerisches Verfahren, bei dem der zu untersuchende Bereich, wie zum Beispiel ein Bauteil in eine endliche, also finite, Anzahl von Elementen unterteilt wird. Dies dient der Analyse des physikalischen Verhaltens unter der Einwirkung von Kräften, Wärme, Schwingungen, etc. Durch diese Diskretisierung werden der Körper und dessen Verhalten berechenbar gemacht. Das Hauptaufgabengebiet dieser Strukturanalyse sind Berechnungen, Simulationen und die Optimierung von Bauteilen und komplexen Baugruppen zur Ermittlung von physikalischen Eigenschaften.
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Definition
Was ist eigentlich FEM?
CFD: Computational Fluid Dynamics: Bei einer CFD-Simulation handelt es sich um eine mathematische Berechnung der Strömungsdynamik. Im Grunde ist es eine kostengünstige Alternative zu Versuchen im Wind- und Wasserkanal. Mittels CFD-Berechnungen können Strömungen besser verstanden werden, um daraus Handlungsempfehlungen zur Optimierung von Bauteilen und Systemen ableiten zu können. So ist es über CFD möglich, Strömungen in Bereichen darzustellen, in denen eine praktische Messung oftmals kaum möglich ist.
Drei Möglichkeiten für das Lösen thermischer Simulationen
Im Grunde genommen beschäftigt sich die FEM-Methode mit Festkörpern, die CFD mit Fluiden. Wie aber kann man Aufgaben lösen, bei denen sowohl die Strömung als auch die Struktur eine Rolle spielen? Hierzu gibt es drei Möglichkeiten:
- 1. Man koppelt die Berechnungen: Diese Möglichkeit ist am aufwendigsten, da man beide Bereiche gleichzeitig lösen oder zumindest die Ergebnisse einer Berechnung auf die andere übertragen muss.
- 2. Man löst die Aufgabe mit Hilfe der Strömungsmechanik mit vereinfachter Struktur: Hier nutzt man im CFD-Code vereinfachte Strukturmodelle, die beispielsweise die Steifigkeiten abbilden.
- 3. Man löst die Aufgabe mit Hilfe der Struktur bei vereinfachter Strömungsmechanik: Hier nutzt man die Grenzen zwischen Struktur und Fluid, und gibt hier im FEM-Modell Temperaturen, Wärmeübergangswerte und Drücke als Randbedingungen vor. Oftmals stammen diese Werte aus Versuchsergebnissen, die zum Beispiel im Wärmeatlas dokumentiert sind.
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FEM vs. CFD: eine fachliche Auseinandersetzung
Eine pauschale Beurteilung ist wenig zielführend, da man von Fall zu Fall abwägen sollte, welche Daten und Erkenntnisse man aus einer Simulation gewinnen möchte. CFD-Modelle sind oft schneller zu vernetzen, rechnen aber sehr lange. FEM-Modelle haben einen erhöhten Vernetzungsaufwand, rechnen aber wesentlich schneller. Transiente, also zeitliche Vorgänge, rechnen in einem FEM-Modell um Größenordnungen schneller als in einem CFD-Modell.
Vorteile der FEM-Berechnung:
- Transiente Untersuchungen sind oft im Bereich FEM besser aufgehoben. Aus Gründen der Genauigkeit macht es hier oft Sinn, sich über die Wärmeübergangswerte anhand einer CFD-Analyse ein Bild zu machen.
- Bei thermomechanischen Berechnungen hat die FEM-Methode Vorteile, da nur ein Rechenmodell benötigt wird und die Temperatur an diesem Modell ermittelt werden kann. Im Vordesign sind die genaueren Ergebnisse des CFD-Modells oft noch nicht relevant, wenn beispielsweise die Geometrie des Gehäuses noch gar nicht feststeht.
- Auch bei Variantenstudien mit mehreren mechanischen Lasten kann ein FEM-Modell effizienter verwendet werden. Eventuell mit genauen Werten der Konvektionswerte aus einer CFD-Rechnung.
Vorteile der CFD-Berechnung:
- Bei hohen Anforderungen an die Genauigkeit, wie zum Beispiel bei opto-elektronischen Systemen, ist die CFD-Berechnung zur Bestimmung der Temperaturen vorzuziehen. Ermittlung von Lasten bei Rührwerken, Laufrädern, manchmal Windlasten sind über CFD wesentlich genauerer.
- Wirbelablösungen bei Sensoren in der Strömung oder an Leitblechen können sinnvoll nur über eine CFD-Analyse bestimmt werden.
Die Kopplung beider Berechnungsarten macht dann Sinn, wenn sich die Ergebnisse gegenseitig beeinflussen. Leider sind gekoppelte Simulationen auch heute noch sehr aufwendig und teuer.
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Strömungssimulation
Wie ein Adler durch die Lüfte gleiten
Die Anwendung entscheidet
Schlussendlich werden es immer die gewünschten Erkenntnisse sein, die über die Auswahl der Methode entscheiden:
- Das Flattern einer Fahne im Wind kann nur gekoppelt vernünftig gelöst werden, da die momentane Form der Fahne die Strömung beeinflusst und umgekehrt.
- Eine Motorraumdurchströmung bei heißem Motor und Kühler ist sehr komplex. Hier betrachtet man meist nur die stationäre Strömung und berechnet die transiente Temperatur in den Körpern entweder direkt im CFD-Code oder durch ein FEM-Verfahren.
- Bei warmen Behältern, die durch Umgebungsluft abgekühlt werden, berechnet man die Temperaturen in einem Finite-Elemente-Modell unter Vorgabe der Wärmeübergangswerte bei freier Konvektion und der konstanten Umgebungstemperatur.
Dabei ist die Auswahl des richtigen Lösungsweges nicht immer so offensichtlich. Möchte man beispielsweise Solaranlagen unter Windlast auf Gebäudedächern simulieren, führen einfache Lastansätze nach dem Eurocode unter Umständen zu viel zu großen Dachlasten (Beschwerungsgewichte). Also wäre dies dann eher eine Aufgabe für die CFD-Methode. Bei Leiterkarten, die durch freie Konvektion in einem Gehäuse gekühlt werden, in dem sich die Luft staut, sind die Ergebnisse bei einem FEM-Modell bei falsch gewählten Randbedingungen beliebig falsch. Jedoch kann man in diesem Fall mit Erfahrung vernünftige Ergebnisse erzielen.
Thermomanagement, also die Frage nach den Temperaturen sind per se Aufgabenstellungen, die sich sowohl über FEM also auch über CFD lösen lassen und bei denen auch die meisten Fehler gemacht werden.
Die Qual der Wahl
Bei vielen Unternehmen sind Berechnungsabteilungen nach FEM und CFD getrennt oder es gibt nur eine FEM-Abteilung. Jeder denkt dann, dass sein Verfahren das bessere ist. Hier helfen Benchmarks, mit denen das gleiche Thema einmal mit FEM und einmal mit CFD untersucht wird. Vergleicht man die Ergebnisse und den Aufwand, kann man für zukünftige Projekte entscheiden, in welchem Bereich sie besser aufgehoben sind. Auch die zur Verfügung stehende Software spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Über Merkle & Partner
Merkle & Partner ist ein Berechnungsdienstleister, der beide Themen auch bei sehr komplexen Modellen und komplexer Physik aus einer Hand anbieten kann. Wir wissen aus einer Vielzahl von Projekten, wann ein vereinfachter Ansatz mit Hilfe der FEM ausreichend ist und wann wir auf die genaueren CFD-Berechnungen zurückgreifen müssen. So haben sich viele unserer Kunden durch Vergleichsrechnungen zeigen lassen, was der effizienteste Weg bei der erforderlichen Genauigkeit für ihre Produkte ist. Denn die Entscheidung ist nicht immer einfach.
* Dipl.-Ing. (TU) Stefan Merkle, geschäftsführender Gesellschafter, MERKLE & PARTNER GbR, Ingenieurbüro für Simulation & Entwicklung
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