Mechanische Temperaturmessung Wie Zeigerthermometer am genauesten arbeiten
Zeigerthermometer sind als autark arbeitende Messgeräte zur örtlichen Temperaturüberwachung unverzichtbar. Die Frage, in welcher Form sie diese Kontrollfunktion am besten erfüllen, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Reaktionszeit und Anzeigegenauigkeit hängen von drei Faktoren ab...
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Jede Temperaturmessung folgt dem Gesetz des thermischen Gleichgewichts: Messobjekt, Thermometer und Umwelt stehen in einer Beziehung, innerhalb der sie ein Gleichgewicht durch den Austausch von Wärme untereinander anstreben. Nach diesem Grundsatz nimmt das Thermometer die Wärme des Messobjekts auf. Es gleicht sich dessen Temperatur an und kann sie auf diesem Weg erfassen. Bei mechanischen Thermometern basiert dieser Vorgang auf der Ausdehnung eines Feststoffs (Bimetall), einer thermometrischen Flüssigkeit oder eines Gases. Über die Ausdehnung wird das Maß der Temperaturveränderung auf der Anzeige abgebildet.
Dieser Prozess entspräche der idealen Temperaturmessung, könnte man die Umwelt als Störgröße hundertprozentig ausschließen. Da dies aber nach den thermischen Gesetzmäßigkeiten unmöglich ist, müssen bei jeder Lösung für eine Temperaturmessung grundsätzlich drei Einflussfaktoren beachtet werden:
Einflussfaktor Thermometer
In industriellen Applikationen werden in der Regel drei Arten von Zeigerthermometern eingesetzt: Bimetall-, Tensions- und Gasdruckgeräte. Bimetallthermometer kommen vor allem für eine einfache Vor-Ort-Anzeige in Frage, zum Beispiel in der Heizungstechnik an Rohren, Boilern oder am Warmwasserspeicher. Ihr Sensor besteht aus zwei untrennbar aufeinandergewalzten Streifen aus Metallen mit unterschiedlichem Ausdehnungskoeffizienten. Er ist als Schrauben- oder Spiralfeder ausgeführt. Jede Temperaturänderung versursacht bei den Federn eine Drehbewegung, die auf die Zeigerwelle übertragen wird.
Das Messsystem von Tensions- und Gasdruckthermometern basiert auf der Einheit von Temperaturfühler, Kapillarleitung und Rohrfeder (im Gehäuse). Tensionsgeräte sind mit einer thermometrischen Flüssigkeit gefüllt, zum Beispiel Xylol oder Silikonöl, Gasdruckthermometer mit einem inerten Gas, zum Beispiel Stickstoff oder Helium. Eine Temperaturveränderung wirkt sich auf den Innendruck der Messsysteme aus, der die Messfeder entsprechend verformt. Die Auslenkung der Feder wird beim Tensionsgerät direkt auf die Zeigerwelle, beim Gasdruckthermometer über ein Zeigerwerk auf den Zeiger übertragen.
Beide Gerätearten eignen sich vor allem für Applikationen, bei denen Messstelle und Anzeige getrennt werden müssen. Beispiele dafür sind Kompressoren, Behälter und Tanks, aber auch Wärmeübergabestationen in der Heizungstechnik. Beide Thermometer können mit einem elektrischen Ausgangssignal oder einer Schaltfunktion kombiniert werden und damit auch Steuerungs- oder Regelaufgaben erfüllen.
Wichtige Kriterien bei der Wahl eines mechanischen Thermometers sind Anzeigebereich und Reaktionszeit. Bimetallthermometer decken einen Messbereich zwischen –100 °C und 600 °C ab, Tensionsthermometer zwischen –50 °C und 400 °C und Gasdruckthermometer zwischen –200 °C und 700 °C. In den genannten Messbereichen werden die Genauigkeitsklassen 1 und 2 nach der Norm EN 13190 erfüllt.
Die Ansprechzeit der Thermometer variiert, abhängig vom Messbereich, dem Messstoff und dessen Strömungsgeschwindigkeit. Flüssige Medien führen zu einer schnelleren Temperaturveränderung als gasförmige. Tensionsthermometer zum Beispiel haben bei Erreichen von 63 % der Temperaturänderung eine Ansprechzeit von 10 s bis 20 s (Wasser), 30 s bis 50 s (Öl) und 90 s bis 110 s (Luft). Das Ansprechverhalten von Bimetallthermometern ist vergleichbar. Gasdruckthermometer reagieren schneller, weil ihre Füllgase eine geringere Wärmekapazität haben als die Füllflüssigkeiten der Tensionsthermometer.
Einflussfaktor Messstelle
Erste Voraussetzung für jede Messstelle ist deren gute Zugänglichkeit. Invasive Messstellen sollten stets an gut durchströmten Teilen der Rohrleitung platziert werden, um eine optimale Wärmeübertragung auf den Sensor zu erzielen. Die Einbautiefe richtet sich nach dem jeweiligen Messbereich und nach dem Durchmesser des Rohres. Der Tauchschaft muss mindestens zu zwei Dritteln in das Medium hineinragen, damit Bimetallstreifen bzw. Gas und Flüssigkeit sich anforderungskonform ausdehnen können und die Wärmeableitung sich reduziert. Ein Einbau des Sensors entgegen der Strömung beeinflusst die Wärmeübertragung positiv.
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Für große elektrische Lasten
Bei rauen Einsatzbedingungen, zum Beispiel hohen Drücken, hohen Messstofftemperaturen oder aggressiven Medien, werden Thermometer üblicherweise mit einem Schutzrohr kombiniert. Neben seiner protektiven Funktion bietet das Schutzrohr noch einen weiteren Vorteil: Im Fall eines Thermometertausches bleibt die Leitung geschlossen.
Schutzrohre müssen eine anwendungsspezifische Festigkeit aufweisen und dabei unempfindlich gegen Temperaturwechsel sein. Außerdem dürfen sie keine schädigenden Gase entwickeln. Der Schutz hat allerdings einen Preis: Die Ansprechzeit des Thermometers erhöht sich. Daher sollte die Wandung des Schutzrohrs so ausfallen, dass die Wärmeübertragung so wenig wie möglich verzögert wird.
Bei einer nicht-invasiven Messstelle erfolgt die Temperaturaufnahme nicht direkt im Medium. Um die Ansprechzeit zu optimieren, sollte der Sensor daher formschlüssig auf der Rohroberfläche angebracht sein. In vielen Fällen wird alternativ eine Einsteckhülse auf die Rohrleitung geschweißt, die den Standardtauchschaft des Thermometers aufnimmt. Der zwangsläufige Luftspalt führt zu einer Wärmeableitung und erhöht damit die Messungenauigkeit. Dieser Effekt lässt sich mit Hilfe einer Leitpaste nur unzureichend ausgleichen. Eine formschlüssige Ausführung des Sensors ist zudem wegen des geringeren Arbeitsaufwands vorzuziehen: Das Messgerät wird zeitsparend mit einer Schelle angebracht.
Einflussfaktor Umwelt
Die Anzeigegenauigkeit eines Zeigerthermometers wird gemäß der Norm EN 13190 bei einer definierten Umgebungstemperatur von 23 °C festgestellt. Diese Bedingung – und dazu noch konstant – dürfte bei kaum einer Applikation herrschen. Da jede Wärme- und Kältequelle in der Umgebung einer Messstelle die Genauigkeit der Temperaturmessung beeinträchtigt, ist deren Einfluss soweit wie möglich auszuschalten. Bei der Oberflächen-Messung müssen daher alle Messstellen mit PU-Schaum oder einem vergleichbaren Material adäquat isoliert werden, unabhängig von der Thermometer-Art.
Bimetallthermometer können bei invasiven Messmethoden ohne Schutzvorkehrungen installiert werden, da ihr Sensor im Medium eingetaucht und von Umwelteinflüssen unbehelligt ist. Anders verhält es sich bei Tensions- und Gasdruckgeräten. Deren Fernleitung und Feder, die beide mit Flüssigkeit bzw. Gas gefüllt sind, sind den Umgebungstemperaturen ausgesetzt. Also tritt auch hier bei jeder Temperaturänderung ein Ausdehnungseffekt auf, durch den der tatsächliche Messwert verfälscht wird. Im Fall der Messfeder wirkt die Umgebungstemperatur über das Gehäuse ein. Der dadurch verursachte Messfehler je Kelvin Änderung liegt bei 0,1 % (Tension) bzw. 0,05 % (Gasdruck) des Anzeigebereichs.
Beim Einfluss auf die Fernleitung gilt: Je länger der Kapillarstrang, umso anfälliger ist das Thermometer. Bei Tensionsthermometern beträgt der Fehler pro Kelvin Änderung der Umgebungstemperatur je Leitungsmeter ca. 0,03 % des Anzeigebereichs. Eine Beeinträchtigung lässt sich bei Gasdruckthermometern wegen der geringeren Wärmekapazität vernachlässigen, allerdings nur unter einer Voraussetzung: Das Volumen von Messfeder und Kapillarleitung muss gegenüber dem Volumen des Fühlers in einem Verhältnis von mindestens 1:30 stehen.
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Temperaturmessung
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In allen anderen Fällen sollten Fernleitungen isoliert werden und so kurz wie möglich sein. Um Messfehler zu minimieren oder ganz auszuschließen, können Anlagenbetreiber Leitung und Gehäuse einer konstanten Umgebungsbedingung aussetzen und das Messsystem entsprechend auslegen. Abhilfe bei thermischen Umwelteinflüssen schafft auch eine Kompensation der Umgebungstemperatur: Dazu wird ein Bimetallstreifen auf der Messfeder angebracht, der entgegengesetzt zum Federverhalten reagiert. So wird der Einfluss der Umgebungstemperatur abgeschwächt und die Anzeigegenauigkeit erhöht.
Angesichts der unterschiedlichen Einflussfaktoren lässt sich eine Temperaturmessung mit Zeigerthermometern nicht „nebenbei“ verwirklichen. Daher empfiehlt sich Anlagenbetreibern, bereits in der Planungsphase mit einem Messgerätehersteller zu kooperieren, um den notwendigen Aufwand zu optimieren und Fehler auszuschließen.
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