Simulation in der Cloud Cloud-native CAE-Lösung reduziert Komplexität

Aktualisiert am 08.02.2023 Quelle: Pressemitteilung Lesedauer: 7 min

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Maschinenbauunternehmen müssen sich stetig neu erfinden – zuletzt verstärkt durch aktuelle Trends wie Nachhaltigkeit und E-Mobilität. Das erzeugt hohen Druck – neue Produkte müssen immer schneller für herausfordernde Betriebsbedingungen entwickelt und getestet werden. Eine SaaS-Lösung für partikelbasierte Simulation vereinfacht das.

Browserbasierte Benutzeroberflächen können die Komplexität im Computer Aided Engineering reduzieren und dank des zentralen Datenspeichers greifen Entwickler von überall auf der Welt sicher auf die Daten zu.
Browserbasierte Benutzeroberflächen können die Komplexität im Computer Aided Engineering reduzieren und dank des zentralen Datenspeichers greifen Entwickler von überall auf der Welt sicher auf die Daten zu.
(Bild: Dive Solutions)

Lange Zeit waren Versuchsstände und der Bau von Prototypen das Standardtool für Ingenieure. Bereits seit Anfang der 1990er Jahre existiert in einer Vielzahl von Industriebereichen rechnergestützte Simulation, für die große Datenzentren nötig sind – das bedeutet für Unternehmen hohe Investitionskosten und die ständige Betreuung der Hardware-On-Premises. Um Anwendungsfälle realgetreu abzubilden, wurden physikalische Gleichungen rechnergestützt wochenlang gelöst. Und ist die Hardware durch ein Projekt ausgelastet, muss das nächste warten. Steht hingegen einmal keine Simulation an, verursacht das Rechenzentrum laufende Kosten, liefert aber keine Ergebnisse.

Experimente waren gestern. Simulationen sind heute.

Johannes Gutekunst

Mit CAE und numerischer Simulationen lassen sich etwa die optimale Konfiguration zur Kühlung eines Elektromotors vorhersagen und Getriebe in Bezug auf ihre Verluste und Langlebigkeit optimieren. Dank der Cloud können auch umfangreiche Parameterstudien durchgeführt werden – ohne tage- oder wochenlang auf Ergebnisse warten zu müssen.
Mit CAE und numerischer Simulationen lassen sich etwa die optimale Konfiguration zur Kühlung eines Elektromotors vorhersagen und Getriebe in Bezug auf ihre Verluste und Langlebigkeit optimieren. Dank der Cloud können auch umfangreiche Parameterstudien durchgeführt werden – ohne tage- oder wochenlang auf Ergebnisse warten zu müssen.
(Bild: Dive Solutions)

„Das geht auch anders“, sagt Johannes Gutekunst, Gründer und Chief Technology Officer (CTO) der Dive Solutions GmbH. Sein Start-up aus Berlin wartet mit einer neuen Simulationstechnologie auf, die komplexeste Strömungen akkurat vorhersagen kann, egal ob Wasser, Luft oder Öl. Dive verwendet im Gegensatz zu den weitverbreiteten Gitterverfahren eine Partikeltechnologie. Je mehr Partikel für die Repräsentation einer Strömung genutzt werden, desto genauer die Vorhersage und desto länger die Berechnungszeit. „Unsere partikelbasierte Simulationstechnologie ermöglicht Simulationen in Bereichen, in denen diese vor wenigen Jahren undenkbar gewesen sind und befähigt den Ingenieur, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: Die Analyse und Optimierung des Bauteils“, so Gutekunst.

Angesichts der enormen Anforderungen an die Hardware und dem beispiellosen Siegeszug von SaaS-Angeboten in anderen Branchen war für Johannes Gutekunst von Anfang an klar: Dive muss ein cloud-natives SaaS-Angebot entwickeln. Doch dem standen die Bedenken seiner Kunden entgegen, die vor allem aus F&E-Abteilungen großer Automobilhersteller und Fertigungsunternehmen kommen. „Das ist ein recht konservativer Markt, der bis dato eher cloud-avers eingestellt war.“

Es dominierten Sicherheitsbedenken der Kunden und Referenzen fehlten. „Wir konnten anfangs nicht sagen: ‚Die anderen machen das auch so‘ oder ‚Hier seht ihr das Ergebnis‘“, sagt Gutekunst. Bei Simulationen im Rahmen der Entwicklung heutiger Maschinen werden hochsensible Daten verarbeitet. „Das ist der ‚Heilige Gral‘ von Unternehmen. Alles unterliegt höchster Geheimhaltung. Unsere größte Hürde war also nicht technologischer Art, sondern das Mindset unserer Zielgruppe“, fasst Gutekunst zusammen.

Die Lösung: Cloud-native CAE auf einer sicheren Hardwareumgebung

Die erste Version von Dive entstand auf einer anderen Cloud-Plattform. „Als wir gesehen haben, dass unser Produkt gut ankommt, wollten wir es noch einmal neu und besser bauen“, sagt Gutekunst. Dafür wechselten er und sein Team auf Microsoft Azure. „Gerade in großen Unternehmen hat Microsoft ein exzellentes Standing und genießt großes Vertrauen. Viele unsere Kunden haben sehr hohe Compliance-Anforderungen. Die hohen Sicherheitsstandards von Azure und Europa als Datenspeicherort überzeugen“, erklärt Gutekunst.

Die Cloud-native Lösung von Dive für die Berechnung von Strömungen arbeitet partikelbasiert. Je mehr Partikel, umso länger ist die Berechnungszeit. Gut, dass es die Cloud und HPC gibt.
Die Cloud-native Lösung von Dive für die Berechnung von Strömungen arbeitet partikelbasiert. Je mehr Partikel, umso länger ist die Berechnungszeit. Gut, dass es die Cloud und HPC gibt.
(Bild: Dive Solutions)

Auch Dive selbst profitiert vom Wechsel auf Azure. „Microsoft hat im Bereich High-Performance Computing (HPC) die Nase vorn“, sagt Gutekunst. „Das machen wir uns zunutze. Wir müssen uns nicht auf den Serverbetrieb konzentrieren, sondern können unsere Energie in die Entwicklung der optimalen Codes investieren.“ Er lobt die Unterstützung durch das Programm Microsoft for Start-ups und die Zusammenarbeit mit den Industry Experts. „Microsoft versteht Enterprise-Kunden und hat uns geholfen, gute Lösungen für sie zu entwickeln“, so der CTO. „Eine Haupterkenntnis: Unsere Kunden lechzen nach Performance. Auch in dieser Hinsicht kann die Cloud überzeugen.“

Nachgefragt

Drei Fragen an Pierre Sabrowski, CEO Dive Solutions GmbH

Wie kam es zur Entwicklung der CAE-Lösung Dive?
Wir sind ein Spin-Off von Bosch, dort haben wir in Kollaboration mit der TU Berlin und der BHT daran gearbeitet, mithilfe von gitterfreien Simulationsmethoden die Waschmaschinen zu simulieren, schlichtweg weil wir mit den existierenden gitterbasierten Methoden an Grenzen gestoßen sind. Die physikalischen Phänomene in der Waschmaschine waren dafür einfach zu komplex – das ist quasi Rocket-Science. Da wir Bosch-intern die Technologie nur eingeschränkt weiterentwickeln konnten, war eine Ausgründung unausweichlich. Wir wussten aber auch, dass Dive mehr als nur eine Technologie werden sollte. Wir haben uns angeschaut wie SaaS andere Industrien revolutioniert hat und dachten: Das wollen wir für’s Engineering auch! So entstand die Idee, drei Werte in einem Angebot zu kombinieren: Neuartige Simulationstechnologien, eine cloud-native CAE-Plattform und eine moderne Service-Experience. Das ausgemachte Ziel: Ingenieure sollen sich auf das Engineering konzentrieren, nicht auf Softwareinstallation, Hardwareanforderungen oder kostspieligen Wissenstransfer. Quasi wie bei Netflix: Keine DVDs, kein DVD-Player – einfach Filme schauen, und zwar jetzt.

Was ist das Besondere an gitterfreier Simulation?
Um gitterfreie Simulation zu verstehen, sollten gitterbasierte verstanden sein. In der Simulation werden Gitter genutzt, um physikalische Probleme in kleine (lösbare) Probleme zu zerlegen. Statt direkt die Strömung in der Pumpe berechnen zu wollen, zerlegt man die Pumpe in viele kleinere Zellen. Für jedes dieser kleinen „Mosaikteilchen“ kann ich berechnen, wie es sich verhält: Irgendwo strömt etwas herein, irgendwo strömt etwas heraus und der Druck passt sich entsprechend an. Das geht quasi per Handrechnung. Wenn ich die Teilchen am Ende wieder zusammensetzen entsteht also das ganzheitliche Strömungsfeld der Pumpe, wie bei einem Puzzle. Bis hierhin ist alles schön und gut. Leider ist die Generierung dieses Gitters ein Schmerz und kostet gut und gerne 50 Prozent der Zeit eines Simulationsingenieurs. Schlimmer noch, wenn sich Geometrien bewegen, muss das Gitter angepasst werden. Das kann man sich vorstellen wie einen Maschendrahtzaun, den ich verzerre, weil sich die Kanten verschiebe. Das ruiniert nicht nur die Performance der Simulation, da das Gitter jetzt neu berechnet werden muss, sondern reduziert auch die physikalische Genauigkeit. In der gitterfreien oder partikelbasierten Simulation funktioniert die Berechnung ganz ähnlich. Der Unterschied ist aber, dass sich die „Steinchen“ frei bewegen können. Es fließt also nichts hinein oder heraus, sondern die Partikel bewegen sich wie ein McDonalds-Bällebad mit der Strömung. Dadurch entfällt nicht nur die zeitaufwändige manuelle Vernetzung, die Simulationen sind außerdem robuster und schneller als gitterbasierten Alternativen.

Wo spielt die Methode ihre Vorteile besonders aus?
Einige der heutigen Anwendungsfälle sind Schmierung von Lagern oder Getriebe, Strömungen in Pumpen, Beregnungstests von elektrischen Produkten, Kühlung von Motoren oder das Schwappen in oder Befüllen von Flüssigkeitsbehältnissen wie z.B. Treibstofftanks. Die Liste entwickelt sich aber ständig weiter, da Ingenieure mit immer neuen Fragestellungen auf uns zukommen. Heute konzentrieren wir uns primär auf die Strömungssimulation. Zur Inspiration können also folgende Fragen bei der Orientierung helfen:

  • Möchte ich mehrphasige Strömungen simulieren wie die Interaktion zwischen Öl und Luft?
  • Möchte ich dynamische, freie Oberflächen simulieren, beispielsweise bei der Wasserdynamik einer sich brechenden Welle am Meer?
  • Habe ich bewegte Bauteile oder generell komplexe Bewegungsapparate wie in einem Getriebe oder einer Schneckenpumpe?
  • Möchte ich das Setup der Simulation automatisieren bzw. möchte ich manuelle Vernetzung vermeiden?

Sollten diese Fragen mit ‚Ja‘ beantworten werden, sollte die partikelbasierte Simulation bei der Beantwortung der Frage berücksichtigt werden. In Zukunft wird die physikalische Bandbreite partikelbasierter Methoden wachsen. Bis dahin sind die oberen Anwendungsfälle bzw. Hilfestellungen ein guter Start.

Skalierbare Rechenleistung auf Knopfdruck

In Parameterstudien simulieren Dive-Kunden eine Vielzahl verschiedener Lastfälle gleichzeitig – ermöglicht durch die Cloud: Was passiert, wenn die Geschwindigkeit der Achsen im Getriebe statt 500 Rotationen pro Minute 1.000, 1.500, 2.000 oder gar 2.500 beträgt? Welches Design führt zu geringeren Verlusten und damit zu mehr Effizienz? Welchen Einfluss haben Geometrieform, Ölstand und Materialparameter wie Dichte und Viskosität? „Durch Simulation sind die Ingenieure in der Lage, das absolute Optimum unter den gegebenen Betriebsbedingungen zu finden“, sagt Gutekunst.

Durch Simulation sind die Ingenieure in der Lage, das absolute Optimum unter den gegebenen Betriebsbedingungen zu finden.

Johannes Gutekunst

Um Entwicklungszyklen zu beschleunigen, arbeiten Unternehmen häufig an mehreren Projekten gleichzeitig und nutzen die Skalierbarkeit der Cloud voll aus. Das Resultat: „Allokationen von mehreren tausend Central Processing Units (CPU)-Kernen im Peak und Schwankungen um den Faktor zehn in der Ressourcenallokation innerhalb weniger Stunden sind keine Seltenheit. Die Azure-HPC-Systeme passen sehr gut zu diesen heterogenen Bedürfnissen unserer Kunden. Und sie bezahlen nur für die Leistung, die sie wirklich nutzen“, so Gutekunst.

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Ziel: Noch schneller zum Ergebnis

Indes arbeitet Dive am nächsten Vorstoß: Zeitnah bietet das Start-up weitere Anwendungsfälle an und integriert physikalische Modelle für beispielsweise thermodynamische Analysen. „Künftig werden wir eine ganzheitliche cloud-native Erfahrung für Computer Aided Engineering anbieten“, sagt Gutekunst. Hier arbeitet Dive mit Microsoft und dessen Hardwarepartnern an der Optimierung der Hardware-Software-Schnittstelle, um noch schnellere Simulationen und Analysen zu erzielen.

Jetzt brauchen wir Mut, progressives Denken und kreative Köpfe.

Johannes Gutekunst

„Browserbasierte Benutzeroberflächen helfen Einfachheit in die CAE-Komplexität zu bringen und die Cloud als zentraler Datenspeicher ermöglicht Ingenieuren von überall auf der Welt sicher auf Daten zuzugreifen. Die Lösungen für die aktuellen Herausforderungen in der Branche sind bereits bekannt, denn angrenzende Branchen haben gezeigt, wie ein Umbruch hin zur Cloud gelingen kann. Jetzt brauchen wir Mut, progressives Denken und kreative Köpfe, um diesen im Maschinenbau zu verwirklichen“, so Gutekunst.

* Der Beitrag ist 2022 bei Microsoft erschienen und Teil der Info-Kampagne "Digitalisierung in der Krise? Wie der industrielle Mittelstand trotz Krise digitale Innovation vorantreibt".

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