3D-Druck-Anwendungen Zwölf Beispiele, wie additive Fertigung eingesetzt werden kann

Von Dipl.-Ing. Dorothee Quitter Lesedauer: 6 min |

Anbieter zum Thema

Ein luftloser Basketball, leichte Fahrradkomponenten, medizinische Implantate oder verzierte Brautkleider – die Möglichkeiten des 3D-Drucks sind groß und erstrecken sich mittlerweile auf alle Branchen. Wir zeigen zwölf jüngste Beispiele.

Der luftlose Basketball von Wilson besteht aus einem schwarzen Kunststoffgitter mit acht paneelartigen "Lappen". Er wurde mittels Lasersintern komplett 3D-gedruckt. Sein Vorteil: Er muss nicht aufgepumpt werden.
Der luftlose Basketball von Wilson besteht aus einem schwarzen Kunststoffgitter mit acht paneelartigen "Lappen". Er wurde mittels Lasersintern komplett 3D-gedruckt. Sein Vorteil: Er muss nicht aufgepumpt werden.
(Bild: Wilson)

Additiv gefertigte Verbindungsknoten für superleichtes Fahrrad

Der Software-Hersteller Core-Technologie (CT) hat ein besonders leichtes und günstig zu produzierendes Bike vorgestellt, bei dem der Rahmen aus Carbon-Rohren und 3D-gedruckten Verbindungsknoten besteht. Verbunden wurden die Teile mithilfe von hochfestem Zwei-Komponenten-Kleber aus der Flugzeugindustrie. Die voll einsatzfähige Singlespeed-Version des Fahrrads wiegt fahrfertig lediglich 7,1 Kilogramm. Das Design hat das CT-Team basierend auf einer existierenden 56-Zentimeter-Rahmengeometrie optimiert und in zahlreichen 3D-Renderings perfektioniert. Die 3D-gedruckten Verbindungsknoten bestehen aus Aluminium (AlMgSi10) und wurden im Laserstrahlschmelzen additiv gefertigt.

3D-gedruckter Bremshebel aus Titan

Bislang nutzt die Fahrradbranche für hochwertige Bremshebel oft den Werkstoff Karbon. Dieses Material lässt sich allerdings schlecht recyceln. Der 3D-Drucker-Hersteller Trumpf und der Fahrradbremsenhersteller Trickstuff haben jetzt einen 3D-gedruckten Bremshebel aus Titan vorgestellt. Titan hat eine bessere Ökobilanz im Vergleich zu Karbon und ist auch weitaus robuster. Die additive Fertigung macht die kostengünstige Verarbeitung von Titan erst möglich. Darüber hinaus können die Bremshebel individualisiert werden. Das gilt nicht nur für das Design der Titan-Bauteile. Auch die Hebelkräfte der Bremse können auf den Fahrradfahrer anpasst werden.

Eggshell-Technologie ermöglicht Dichtungen in einem Tag

Der Kunststoff-3D-Drucker Figure-4 von 3D-Systems verhalf dem BWT-Alpine-F1-Team beim Formel-1-Rennen schnell zu Silikon- und Polyurethanteilen. Beispielsweise wurden Dichtungen für Windkanaltests im Eggshell-Verfahren realisiert. Bei der Eggshell-Technologie wird eine Gussform aus dem Figure-4-Material Eggshell-AMB 10 3D-gedruckt, nachgehärtet und mit einem chemischen Trennmittel beschichtet. In dieses Einwegwerkzeug kann Silikon oder Polyurethan injiziert werden. Nach ihrer Aushärtung wird die Gussform einfach abgepellt.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 12 Bildern

3D-gedrucktes Heckregal für E-Polizeifahrzeuge

Das Fraunhofer IWU und die Mosolf Special Vehicles GmbH haben für batterieelektrische Polizei-Einsatzfahrzeuge ein 3D-gedrucktes Heckregal entwickelt, das Gewicht reduziert und den Bauraum optimal ausnutzt. So lassen sich beim Mercedes Vito im Vergleich zur bisherigen Nachrüstlösung einschließlich der Beschläge 26,5 Kilogramm einsparen. Die Nutzlast bleibt dabei vollständig erhalten. Für die Herstellung des neuen Regals kam die am Fraunhofer IWU entwickelte SEAM-Technologie (Screw Extrusion Additive Manufacturing) zum Einsatz. Das Verfahren erlaubt, große Stückzahlen in kurzer Zeit zu wettbewerbsfähigen Kosten zu produzieren. Es ist im Vergleich zum herkömmlichen Fused-Layer-Modeling (FLM)-Verfahren nicht nur acht Mal schneller, sondern ermöglicht zudem die Verwendung von preisgünstigem Standard-Kunststoffgranulat. Für das Heckregal wurde ein kohlenfaserverstärktes, gegenüber Wasserkontakt unempfindliches Polypropylen (Akrolen PP ICF 30) gewählt.

ESD-konforme Betriebsmittel für die Elektronik-Komponenten-Fertigung

Bei Festo sollten die hohen Kosten und der große Aufwand für die vielfältigen Betriebsmittel in der Elektronik-Komponenten-Fertigung in Scharnhausen minimiert werden. Die Lösung waren zwei 3D-Drucker von Markforged, die jetzt mit faserverstärkten bzw. ESD-konformen Materialien rund um die Uhr Vorrichtungen und Schablonen additiv im Fused Filament Fabrication (FFF)-Verfahren fertigen. Bisher bestanden die Bauteile aus Kunststoff und Aluminium und mussten mit langen Vorlaufzeiten bestellt oder mechanisch gefertigt werden. Mit dem Onyx Pro können endlos-glasfaserverstärkte Bauteile gefertigt werden. Der 3D-Drucker X7 fertigt mechanisch belastbare Bauteile, in dem er die Endlosfasern Carbon, Glasfaser und Kevlar in die Bauteile einlegt. Zusätzlich können hier Bauteile aus ESD-Material gedruckt werden.

Anorganischen Sandkerne für den Leichtmetallguss

Für das BMW Group Werk Landshut hat Voxeljet gemeinsam mit seinem Partner Loramendi ein Verfahren samt Anlage zur automatischen Großproduktion von anorganischen Sandkernen entwickelt und implementiert. Die Fertigungslinie integriert VX1300-X-3D-Drucker von Voxeljet und vollautomatisierte Entpacklösungen sowie Mikrowellen zur Aushärtung der Kerne von Loramendi. Durch die im Binder Jetting additiv hergestellten Wassermantelkerne kann die Konstruktion des Zylinderkopfes für den BMW B48-Motor deutlich verbessert werden. Der anorganische Prozess schont die Umwelt und verbessert so auch die Arbeitsbedingung, da beim Abguss lediglich Wasserdampf entsteht. Gleichzeitig können die Effizienz und der Verbrauch des Motors durch das komplexe Design der Kerne optimiert werden. Fünf voxeljet VX1300-X 3D-Drucker produzieren nun wöchentlich vollautomatisch tausende Kerne.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung
Bildergalerie
Bildergalerie mit 12 Bildern

3D-gedruckte Wirbelsäulenimplantate

In den USA wurden erstmals bei Operationen in der Wirbelsäulenchirurgie 3D-gedruckte Implantate eingesetzt. Das vom US-amerikanischen Technologieunternehmen Curiteva entwickelte High-Tech-Implantat weist eine vollständig vernetzte poröse Struktur auf und wurde von der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) zugelassen. Es basiert auf dem Hochleistungspolymer-Filament Vestakeep i4 3DF PEEK von Evonik und wurde auf einer Inspire-3D-Druck-Plattform additiv gefertigt. Das Implantat zeichnet sich durch eine vollständig vernetzte Porosität, ein Elastizitätsmodul, das dem von schwammigen Knochen entspricht, starke biomechanische Eigenschaften, Röntgendurchlässigkeit und eine bioaktive Oberfläche für die direkte Verankerung der Prothese im Knochen aus.

Mikro-3D-Druck optimiert Nähgerät für minimalinvasive Chirurgie

Durch ein 3D-gedrucktes Prototyp-Bauteil konnte das Unternehmen Sutrue aus UK ein automatisches Nähgerät für die minimalinvasive Chirurgie zur Marktreife bringen. Es misst an seiner Spitze nur acht Millimeter im Durchmesser. Das entwickelte Handgerät führt automatisch eine Nähnadel mit Faden durch das Gewebe und wieder in das Gerät zurück. Die Nadel dreht sich dabei auf einer festen Bahn aus dem Gerät heraus und wieder hinein, während sie auf der dritten Achse waagerecht bleibt. Der eigentliche Prototyp der Gerätespitze wurde aus Stahl gefertigt. Das erschwerte jedoch notwendige Änderungen am Design. Eine maschinelle Bearbeitung des Teils hätte die Erprobung des Produkts um mehrere Monate verzögert, erhebliche Kosten verursacht und keinen Spielraum für verschiedene Varianten gelassen.

Der 3D-Druck mittels Projection Micro Stereolithography (PμSL) des zu ersetzenden Teils auf dem Micro-Arch-System von BMF ermöglichte es dem Team von Sutrue, verschiedene Versionen zu testen und in kurzem Zeitrahmen verschiedene Toleranzen zu prüfen. Außerdem konnte das Team so auch die Ästhetik berücksichtigen und die Teile in zwei verschiedenen Farben drucken lassen.

Sportschuh kombiniert gestrickte Socke und 3D-gedruckte Sohle

Decathlon arbeitet mit HP und der Lonati Group bei der Herstellung von nachhaltigen Sportschuhen zusammen. Dabei kommen die Multi Jet Fusion-Technologie von HP für die Schuhsohlen und die Strickmaschinen von Lonati für die sogenannten Schuhsocken zum Einsatz. Die Zwischen- und Außensohle der Schuhe werden mit dem HP Jet Fusion 5200 Drucker aus dem BASF-Material Ultrasint TPU01 hergestellt. Dieses thermoplastische Polyurethanpulver biete eine hohe Stoßdämpfung und Flexibilität.

Vorteile sehen die drei Partner in der Maßanfertigung, der Kreislaufwirtschaft und Reparierbarkeit sowie einer lokalen und flexiblen Produktion. So kann der Schuh individuell an die Bedürfnisse seines Trägers angepasst werden. Aufgrund der klebefreien Herstellung ist der Schuh zudem leicht reparierbar, da sich die Polsterung und das Obermaterial trennen ließen. Das verwendete TPU erhöht darüber hinaus die Wiederverwertbarkeit.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 12 Bildern

Luftloser, 3D-gedruckter Basketball

Der Sportausrüstungshersteller Wilson hat gemeinsam mit General Lattice, EOS und Dye Mansion einen 3D-gedruckten Basketball entwickelt. Sein Vorteil: Er muss nicht aufgepumpt werden. Der Ball besteht aus einem schwarzen Kunststoffgitter mit acht paneelartigen "Lappen" und wurde additiv im Lasersintern gefertigt. Der luftlose Basketball entspricht nahezu den Leistungsspezifikationen eines regulären Basketballs aus Leder, einschließlich Gewicht, Größe und Rückprall (Bounce).

Das Team von Wilson Labs entwickelte das Design, General Lattice erbrachte rechnergestützte Designdienstleistungen und EOS kümmerte sich um die additive Fertigung. Dye Mansion sorgte mit seiner Vapor-Fuse-Surfacing- und Deep-Dye-Coloring-Technologie für den letzten Schliff, um eine geglättete, farbige Oberfläche zu erzeugen. Der Prototyp wurde erstmals beim AT&T Slam Dunk Contest gespielt. Es gibt jedoch vorerst keine Pläne, den traditionellen Ball der NBA zu ersetzen.

3D-Fashion-Technologie verziert Brautkleider

Die israelische Brautkleiddesignerin Ada Hefetz hat eine Kollektion von Haute-Couture-Brautkleidern mit auffälligen Elementen vorgestellt, die mit der 3D-Fashion-Technologie von Stratasys direkt auf Textilien gedruckt werden. Der Polyjet-3D-Drucker J850 TechStyle ermöglicht es ihr, organische, algorithmische Designs zu erstellen und diese direkt auf den Stoff zu drucken. Zur Anwendung kommt das durchscheinende Vero-Vivid-Harzmaterial von Stratasys. Es erzeugt einen perlenartigen Schimmereffekt. Die 3DFashion-Technologie kann diese einzigartigen Designs zu einem Bruchteil der Zeit und Kosten gegenüber der Handarbeit produzieren.

3D-gedruckte Fußkappen für Gartenstühle

Mehr als 1000 Fußkappen hat der Gartenmöbelhersteller Siena Garden über die digitale Fertigungsplattform von Replique 3D-drucken lassen. Dies folgt seinem Konzept der "Ewigen Ersatzteile", das Nachhaltigkeit fördert, indem dauerhaft Ersatzteile für Gartenmöbel angeboten werden können. Die nahtlose Integration von Repliques 3D-Druckplattform ermöglicht dabei die bedarfsgerechte und lokale Produktion von Ersatzteilen, was überschüssige Lagerbestände vermeidet und große Mindestbestellmengen umgeht. Neben Fußkappen bietet der Siena-Garden-Webshop auch andere additiv gefertigte Ersatzteile wie Griffe, Verbindungs- und bewegliche Teile für Hollywood-Schaukeln und Gartenliegen an.

(ID:49674247)