Jubiläum Die „Standuhr“ von Daimler lernt fliegen
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Am 10. August 1888 startet auf dem Fabrikhof von Daimler in Cannstatt das erste Luftschiff, entwickelt von Dr. Wölfert und angetrieben von Daimlers Benzinmotor, der aufgrund seiner Form auch „Standuhr“ genannt wird.

Dem Wölfertschen Motor-Luftschiff gelingt am 10. August 1888 der erste Motorflug der Welt mit einer Verbrennungsmaschine. Das von einem Daimler-Einzylindermotor angetriebene Fluggerät des Leipziger Buchhändlers und studierten Theologen Dr. Friedrich Hermann Wölfert fliegt vom Fabrikhof der Daimler-Motoren-Gesellschaft auf dem Cannstatter Seelberg vier Kilometer weit nach Kornwestheim.
Am Steuer sitzt nicht Dr. Wölfert selbst, der etwa zwei Meter große Buchhändler wiegt rund 100 Kilogramm – zu viel Ballast für das Fluggerät mit seinem mit Wasserstoffgas gefüllten Auftriebskörper, an dem die Gondel angehängt ist. In bester Technologiepartnerschaft springt Daimler-Mitarbeiter Gotthilf Wirsum ein, der etwa 30 Kilogramm leichter ist als der Erfinder der Flugmaschine. Er steuert das Luftschiff erfolgreich in Richtung Kornwestheim und landet auf dem Aldinger Exerzierplatz. Damit erfüllt sich Gottlieb Daimlers Vision der Motorisierung von Fahrzeugen zu Lande, zu Wasser und in der Luft, an die die dreizackige Form des Mercedes-Sterns als Markenzeichen bis heute erinnert.
Leichtbau – in der Luftfahrt schon immer wichtig
Dünn wirken die Holzleisten des Gestells, in dessen Mitte gut sichtbar der Daimler-Einzylindermotor aufragt. Fast schon filigran erscheinen die an diesen Latten befestigten Schnüre. Doch die Konstruktion ist Programm – für die Luftfahrtpioniere der 1880er-Jahre hat Leichtbau oberste Priorität. Auch die mit Stoff bespannten Luftschrauben sind deshalb auf ein geringes Gewicht hin optimiert.
Noch nicht auf Gewicht optimiert war der Antrieb des Luft-Schiffes. Daimler hatte im Herbst 1887 von der Suche Wölferts nach einem Motor für dessen Luftschiff erfahren und ihm seinen Einzylindermotor angeboten, wegen der Form „Standuhr“ genannt. Schließlich ist Daimler schon länger davon überzeugt, dass sein gemeinsam mit Wilhelm Maybach konstruierter, schnelllaufender Viertaktverbrennungsmotor eine ganzheitliche Mobilität zu Lande, zu Wasser und in der Luft ermöglichen wird.
Tipp
Der authentische Nachbau der Gondel mit Motor, Luftschrauben und Steuerung ist im Mercedes-Benz Museum zu erleben, im Raum Mythos 1: Pioniere – Die Erfindung des Automobils.
Wie der Antrieb des Luftschiffs funktionierte
- Der 1,5 kW (2 PS) starke Motor mit 603 Kubikzentimetern Hubraum ist ohne Gehäuse auf einem stabilen Holzfundament in der Gondel montiert.
- Der Motor wirkt mit bis zu 720 Umdrehungen je Minute auf eine horizontale und eine vertikale Luftschraube.
- Diese sind beide jeweils dreiflügelig ausgeführt und auf einer Welle aus Metallrohr befestigt.
- Die horizontale Schraube unter der Gondel dient zur Veränderung der Fahrthöhe.
- Die vertikale Schraube im Heck übernimmt den Vortrieb.
- Gelenkt wird mit einem vorn montierten Segel.
Dass Daimlers stehender Einzylindermotor umgangssprachlich den Namen „Standuhr“ trägt, passt Ende der 1880er-Jahre zur Entwicklungsgeschichte des Wölfertschen Luftschiffs. Denn der technikbegeisterte Buchhändler und sein Entwicklungspartner Georg Baumgarten erproben ab 1880 verschiedene Verfahren für den Antrieb und die Höhensteuerung ihrer Luftschiffe. Unter anderem kommt auch ein Federwerkmotor zum Einsatz, umgangssprachlich wegen seiner Verwendung in Uhren auch „Uhrwerkmotor“ genannt. Später hat Wölfert unter anderem auch Elektromotoren im Blick. Doch das Gesamtgewicht von Motor und Energiespeicher ist zu groß. Erst der schnell laufende Viertaktverbrennungsmotor bringt die gewünschte Kombination aus leichtem Gewicht und hoher Leistung mit sich.
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