Safety Wie Safety in Zeiten von Industrie 4.0 die Produktivität steigern kann

Autor / Redakteur: Christof Dörge* / Jan Vollmuth

Moderne integrierte Sicherheitslösungen erhöhen nicht nur die Sicherheit der Bediener von Maschinen und Anlagen, sondern tragen auch zu einer optimierten Produktion bei.

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Integrierte Sicherheitslösungen verbessern nicht nur die Maschinensicherheit, sondern können auch die Produktivität steigern.
Integrierte Sicherheitslösungen verbessern nicht nur die Maschinensicherheit, sondern können auch die Produktivität steigern.
(Bild: Rockwell Automation)

Entscheidungsrelevante Informationen sind die unverzichtbare Basis für eine moderne Fertigung. Dank des Internets der Dinge (Internet of Things, IoT) stellen intelligente Maschinen und Fabriken aussagekräftige Daten – von der Komponenten- bis in die Managementebene – in Echtzeit bereit und liefern so fundierte Entscheidungsgrundlagen. Damit stellen sich aus Sicht der Maschinensicherheit wichtige Fragen: Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf die Maschinensicherheit? Welchen Beitrag können Sicherheitssysteme im Rahmen dieses Paradigmenwechsels leisten?

Wesentlicher Bestandteil moderner Steuerungslösungen

Dank der Weiterentwicklung bei Produkten, industriellen Kommunikationsprotokollen und Ethernet-Netzwerken sind Sicherheitslösungen heutzutage immer häufiger wesentlicher Bestandteil moderner Steuerungslösungen. Ebenso können sie dieselben Netzwerke nutzen, die die Architekturen für Automatisierung, Prozess- und Achssteuerung verwenden. Ganzheitliche Sicherheitsstandards, die eine engere Vernetzung mit bestehenden Steuerungsarchitekturen unterstützen, wirken sich dauerhaft positiv auf das Gesamtergebnis aus. Darüber hinaus spielen sie eine wichtige Rolle im Hinblick auf den allgemeinen Anlagen- und Maschinenzustand sowie der Arbeitssicherheit für Bediener.

Häufig wird übersehen, dass auf Industrie 4.0 basierende intelligente Sicherheitslösungen eine immer wichtigere Rolle bei der Optimierung des Anlagenbetriebs spielen. Dies gilt insbesondere für intelligente Fabriken, die das Connected-Enterprise-Konzept von Rockwell Automation umsetzen.

Umfangreiche Betriebsdaten eröffnen neue Möglichkeiten

Das industrielle Internet der Dinge, im Rahmen nationaler und internationaler Initiativen entsprechend auch als Industrie 4.0 bekannt, hat bei modernen produzierenden und verarbeitenden Unternehmen für einen Sinneswandel gesorgt. Die Möglichkeiten, die sich durch die Fülle an nun verfügbaren Betriebsdaten bieten, bilden die Grundlage für die nächste industrielle Revolution.

Sicherheitslösungen und die daraus zur Verfügung stehenden Daten können im Rahmen dieser Revolution zu einem wichtigen Fundament werden, da sie betriebliche Informationen bereitstellen, die in dieser Form vorher nicht erfasst werden konnten. Anhand dieser Daten können Sicherheitsbeauftragte in Echtzeit Mitarbeiterverhalten, Maschinenkonformität, Produktverschleiß, Gründe für Sicherheitsabschaltungen und -unregelmäßigkeiten sowie sich daraus ergebende Trends nachvollziehen.

Prozessoptimierung exponentiell steigern

Entscheidungsrelevante Daten zur Maschinenleistung umfassen in der Regel Informationen zu Laufgeschwindigkeit und Durchsatz, wobei es sich bei Sicherheitssystemen zumeist um Signale wie Start/Stopp oder sicher/unsicher handelt. Intelligente Sicherheitsgeräte liefern nicht nur diese simplen Ein-/Aus-Informationen, sondern auch Daten hinsichtlich Nutzung, Lebensdauer, Verschleiß und Leistungsabfälle. Mit der Kombination aller nun verfügbaren Daten lässt sich die Prozessoptimierung exponentiell steigern.

Das Bedienerverhalten kann sich maßgeblich auf die Leistung einer Maschine auswirken. Bediener suchen häufig – meist ohne böswillige Absicht – nach Möglichkeiten zur Arbeitserleichterung oder -beschleunigung bzw. finden Wege, Verfahren zu umgehen. Eingriffe in Sicherheitssystemen lassen sich nun protokollieren, um nachzuverfolgen, ob ein Bediener absichtlich eine Anlage gestoppt oder eine Sicherheitsfunktion ausgelöst hat. Diese lassen sich dann analysieren, um aufzuzeigen, weshalb diese Aktionen erfolgten. Sie lassen auch Abweichungen zwischen Schichten erkennen. Wenn der Notausschalter in der Nachtschicht häufiger ausgelöst wird als in der Tagesschicht, ist es dann ein Maschinen- oder eher ein Bedienerproblem? Ist bessere Beleuchtung oder mehr Schulung erforderlich? Dies und mehr lässt sich wirkungsvoll anhand eines intelligenten Maschinensicherheits-Systems belegen.

Präzisere Produktlebenszyklusanalysen

Produktverschleiß und -veralterung sind ein weiterer wichtiger Punkt, insbesondere wenn es um die Planung von Wartungs- und Austauschprogrammen geht. Bevor intelligente Sicherheitslösungen zum Einsatz kamen, wurden Betriebsparameter wie die durchschnittliche störungsfreie Zeit (MTFB – Mean Time Between Failure) manuell dokumentiert. Für Änderungen an den Betriebsverfahren waren eine erneute Berechnung und Dokumentation erforderlich. Mit einem integrierten und vernetzten intelligenten System können Anwender nun vorausschauende Wartungsmaßnahmen ergreifen, die auf der tatsächlichen Nutzung basieren – gemäß der von intelligenten Geräten gelieferten Informationen. Diese Ergebnisse können als Grundlage für eine noch präzisere Produktlebenszyklusanalyse dienen.

Verschleiß bedeutet nicht zwangsläufig endgültiges Versagen. Es kann sich z. B. „nur“ um die Verschmutzung von Sicherheitslichtgittern handeln, die die Wirksamkeit beeinträchtigt. Intelligente Geräte erfassen die Zeit, wann Probleme auftreten und dann lassen sich mittels Maschinenlogik die erforderlichen Gegenmaßnahmen ergreifen, bevor die Anlagenleistung gestört wird. Mensch-Maschinen-Schnittstellen oder Mobilgeräte können Wartungsmaßnahmen vorschlagen sowie die Daten an übergeordnete Unternehmensebenen weiterleiten, um gegebenenfalls Verfahrensänderungen vorzunehmen, die derartige Vorfälle von vornherein vermeiden. Zentrale Fragen hierbei sind: Wird ein falsches Gerät verwendet? Muss ein anderer Reinigungsplan erarbeitet werden? Sollten die Maschinenparameter geändert werden? Derartige Analysen wären schlicht nicht möglich, wenn nur die standardmäßigen Ein-/Aus-Signale erfasst würden.

Drahtloser Zuriff auf Maschinendaten

Mit dem Connected-Enterprise-Ansatz von Rockwell Automation für Industrie 4.0 können Anwender jederzeit auf die erforderlichen Informationen im gewünschten Format zugreifen. Läuft ein Wartungstechniker beispielsweise die Warnleuchten entlang einer Anlage oder Maschine ab, um die Sicherheitsausstattung an bestimmten Positionen zu überprüfen, erhält er über sein Tablet automatisch die jeweiligen Daten, sobald er sich den einzelnen Bereichen nähert. Es ist kein manuelles Abrufen erforderlich. Gleiches gilt beispielsweise auch für einen Betriebsleiter. Dieselbe Software auf demselben Tablet zeigt diesem an den einzelnen Stationen Informationen an, die speziell für seine Zuständigkeiten aufbereitet sind. Mithilfe dieser Werkzeuge und Technologien erhalten Mitarbeiter entsprechend ihrer Rolle und Funktionen die jeweils für sie relevanten Informationen im gewünschten Format.

Sollte ein Gerät Ethernet/IP nicht unterstützen, können Anwender neue intelligente Technologien zur Gerätevernetzung wie beispielsweise das Guard-Link-Protokoll nutzen. Darüber lassen sich einzelne Geräteinformationen zurück an die Host-Controller übertragen. Das sicherheitsbasierte Kommunikationsprotokoll arbeitet über eine Standardverkabelung aus Stammkabel und Stichleitungen mit Plug-and-Play-Anschlüssen. Dies minimiert den Verdrahtungsaufwand erheblich und ermöglicht gleichzeitig Gerätelokalisierung und Diagnosen sowie Fernsteuerungsbefehle zum Sperren oder Zurücksetzen über ein einzelnes Kabel. Es ist keine Konfiguration erforderlich. Darüber hinaus können auf einer Strecke von maximal 1000 m bis zu 32 Geräte verbunden werden (bei einem jeweiligen Abstand von max. 30 m).

Detaillierte Diagnosemöglichkeiten

Herkömmliche Sicherheitslösungen sind üblicherweise in Reihe fest verdrahtet, wodurch der Bediener im Betrieb u. U. die Anforderungen einzelner Geräte nicht mehr zuordnen kann. Im Falle eines Versagens weiß er lediglich, dass es bei einem Gerät irgendwo in der Reihe ein Problem gibt. Einzelverbindungen zu jedem Gerät bedeuten einen hohen Verdrahtungsaufwand und das Fehlerrisiko steigt, was unnötige und ungeplante Ausfallzeiten zur Folge hätte. Dies wiederum würde erhöhte Kosten für die Maschinenbauer bedeuten.

Mit Guard-Link können Maschinenbauer ebenso wie Hersteller die Reihenschaltung der Geräte beibehalten. Gleichzeitig erhalten sie für jedes einzelne Element detaillierte Diagnosemöglichkeiten. Guardmaster-Sicherheitsrelais von Allen-Bradley und Sicherheitskomponenten mit der Guard-Link-Vernetzungstechnologie ermöglichen Anwendern Zugriff auf Statusinformationen. Die Verbindung von Sicherheitsgeräten ohne Ethernet/IP über intelligente Guard-Link-fähige Anschlüsse und Standardverkabelung sorgt für mehr Sichtbarkeit im gesamten System – vom allgemeinen Status bis hin zu einzelnen Sicherheitsverriegelungen und Not-Aus-Schaltern.

Schneller fundierte Entscheidungen treffen

Integrierte Sicherheitssysteme sind bereits seit einiger Zeit im Einsatz, jedoch kann das Volumen an detaillierten Echtzeit-Informationen auf den ersten Blick erschlagend sein. Werden diese dann aber intelligent eingesetzt, können Bediener und Betreiber gleichermaßen wesentlich schneller fundierte Entscheidungen treffen. Dieser hohe Grad an Vernetzung eröffnet zudem neue Schulungsmöglichkeiten, wie z. B. den vielbeachteten Mixed-Reality-Demos von Rockwell Automation.

Maschinensicherheit stellt längst nicht mehr die Hürde dar, die sie früher einmal war. Sie muss in Maschinen und Anlagen auch nicht mehr als separate Lösung ausgelegt sein. Als integriertes System bieten Sicherheitslösungen zahlreiche Vorteile – von einer einfacheren Konstruktion und Ausführung bis hin zu erhöhter Datenfunktionalität und Rentabilität. Vollständig integrierte Sicherheitslösungen haben sich in den vergangenen Jahren bereits bewährt. Durch die zunehmende Vernetzung und umfangreichere Informationen erhalten Bediener und Betreiber gleichermaßen mehr Einsicht in die Produktion und können eine größere Bandbreite an Betriebskennzahlen analysieren, während gleichzeitig Mitarbeiter und Anlagen unter verbesserten Sicherheitsbedingungen arbeiten. (jv)

Tipp: Anwendertreff Maschinensicherheit 2018Wenn es um die funktionale Sicherheit von Maschinen und Anlagen geht, steht nach wie vor der Schutz der Personen im Mittelpunkt, die tagtäglich daran in Fabriken auf der ganzen Welt arbeiten. Erfahren Sie auf dem 6. Anwendertreff Maschinensicherheit am 26. September 2018, wie Sie die funktionale Sicherheit Ihrer Maschinen und Anlagen normengerecht gewährleisten: Der Kongress unterstützt Konstrukteure, Entwickler, Hersteller und Betreiber dabei, die funktionale Sicherheit ihrer Maschinen und Anlagen so zu gestalten, dass sie den Anforderungen der Maschinenrichtlinie genügt, auch in einer smarten Fabrikumgebung.
Für Informationen zur Veranstaltung vormerken: Anwendertreff Maschinensicherheit

* Christof Dörge ist Commercial Engineer Safety und Functional Safety Expert bei Rockwell Automation.

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