Faszination Technik Wie „Nano-Pralinen“ unser Energieproblem lösen könnten

Von Sebastian Hofmann

In unserer Rubrik „Faszination Technik“ stellen wir Konstrukteuren jede Woche beeindruckende Projekte aus Forschung und Entwicklung vor. Heute: ein Wasserstoffspeicher auf Basis von Nanotechnologie.

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So sieht die Speicherung von Wasserstoff bislang aus: Das Gas kann entweder unter hohem Druck oder nur extrem gekühlt gelagert werden. Beide Verfahren kosten viel Energie.
So sieht die Speicherung von Wasserstoff bislang aus: Das Gas kann entweder unter hohem Druck oder nur extrem gekühlt gelagert werden. Beide Verfahren kosten viel Energie.
(©malp - stock.adobe.com)

Was haben Verkehr, Stahlproduktion und Zementherstellung gemeinsam? Klar, einen riesigen CO2-Ausstoß, nämlich zusammengenommen jedes Jahr mehr als 200 Megatonnen, alleine in Deutschland. Aber auch das: In allen drei Sektoren arbeiten Forscher und Konstrukteure an klimaneutralen Technologien auf Basis von Wasserstoff. Bald schon soll er Flugzeuge fliegen lassen, Schiffe und Lastwagen antreiben und eine emissionsfreie Stahl- und Zementbranche Wirklichkeit werden.

Wasserstoff ist weder radioaktiv noch selbstentzündlich, steht fast unbegrenzt zur Verfügung und – das Beste – verbrennt ohne CO2 auszustoßen. Einen Haken gibt es allerdings: Der Energieträger lässt sich bislang nur sehr aufwändig speichern. Entweder wird das Gas in Drucktanks bei bis zu 700 bar gelagert oder in flüssiger Form, dann muss es aber auf -253 °C herunter gekühlt werden. Beide Verfahren fressen zusätzlich Energie.

Forscher entwickeln „Nano-Pralinen“

Ein Team des Deutschen Elektronen-Synchrotrons (DESY) hat jetzt eine Alternative entwickelt, die deutlich ressourcenschonender funktioniert: die Speicherung von Wasserstoff mithilfe winziger, nur 1,2 Nanometer großer Kügelchen aus Palladium. Dass dieses Edelmetall das Gas aufsaugen kann wie ein Schwamm, das ist schon länger bekannt. „Allerdings war es bislang immer ein Problem, den Wasserstoff dann wieder aus dem Material herauszubekommen“, weiß Andreas Stierle. Als Teamleiter ist der Wissenschaftler für das Forschungsprojekt verantwortlich.

Wussten Sie's?

Ein Nanometer (ein millionstel Millimeter) ist etwa nur halb so breit wie die Helix der menschlichen DNA.

Die neue Lösung der Forscher: Damit der Wasserstoff nicht mehr in die kleinen Palladiumkugeln eindringen kann, werden sie durch einen Kern aus Iridium stabilisiert. (Iridium ist ebenfalls ein seltenes Edelmetall.) Zusätzlich sind sie auf sogenannten Graphen fixiert, einer extrem dünnen Lage aus Kohlenstoff. Das Konstrukt ähnelt einer Praline: In der Mitte befindet sich die Iridium-Nuss, die mit einer Marzipanschicht aus Palladium umhüllt ist. Ganz außen an ihrer Oberfläche bleibt der Wasserstoff haften – sozusagen als Schokoladenüberzug. Zur Entladung des Speichers genügt eine leichte Erwärmung: Da die Gasmoleküle sich nicht mehr ihren Weg aus dem Inneren des Nanoteilchens bahnen müssen, lösen sie sich rasch von der Oberfläche ab.

Die Palladium-Nanopartikel (grün) werden durch einen Kern aus Iridium (rot) stabilisiert. Auf ihrer Oberfläche kann sich Wasserstoff wie eine Art Schokoladenglasur anlagern – und durch Erwärmen wieder abgelöst werden.
Die Palladium-Nanopartikel (grün) werden durch einen Kern aus Iridium (rot) stabilisiert. Auf ihrer Oberfläche kann sich Wasserstoff wie eine Art Schokoladenglasur anlagern – und durch Erwärmen wieder abgelöst werden.
(Bild: Andreas Stierle, DESY)

Bereit für den praktischen Einsatz ist die neue Speichermethode allerdings noch nicht, erklärt Stierle: „Zunächst müssen wir herausfinden, welche Speicherdichte wir mit dieser neuen Methode erreichen können.“ Zudem will das Team andere Kohlenstoffstrukturen als Graphen als Trägermaterial testen – etwa Kohlenstoffschwämme mit winzigen Poren. In ihnen könnten sich noch deutlich größere Mengen der „Nano-Pralinen“ unterbringen lassen.

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