Faszination Technik Wie biokompatibles Polyurethan nachhaltig hergestellt werden kann
In unserer Rubrik „Faszination Technik“ stellen wir Konstrukteuren jede Woche beeindruckende Projekte aus Forschung und Entwicklung vor. Heute: die Synthese von Polyurethan ohne toxische Isocyanate und auf Basis von Kohlenstoffdioxid und Rezyklaten.
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Zahlreiche Kunststoffprodukte bestehen aus Polyurethanen. Matratzen, Verpackungen, elastische Sportartikel, Dichtungen, Lacke, Klebstoffe, Bauschäume und medizinische Schläuche sind die wichtigsten Einsatzmöglichkeiten. Üblicherweise wird für die Herstellung von Polyurethanen ein Baukastensystem aus drei Komponenten verwendet: Isocyanate, Kettenverlängerer und Polyole. Das Manko: Isocyanate sind giftig und sensibilisierend – können Allergien und Asthma auslösen. Die Europäische Chemikalienagentur EChA hat daher beschlossen, dass ab 2023 nur noch speziell geschulte Personen mit Formulierungen, die mehr als 0,1 Prozent Isocyanat enthalten, arbeiten dürfen.
Polyurethan ohne Isocyanate erzeugen
Forscher der Fraunhofer-Institute IAP, ICT, IFAM und UMSICHT wollen diese Kunststoffklasse nun nachhaltig und ohne Verwendung toxischer Materialien herstellen. Das Ziel: Der Prozess soll effizient und industriell umsetzbar sein. Dafür haben sie die Isocyanate durch Dicarbamat ersetzt. Statt fossile Energieträger wie Erdöl oder Erdgas als Kohlenstoffquelle zu verwenden, nutzen sie Kohlenstoffdioxid und Polyurethan-Rezyklate. Auf diese Weise halten sie den Kohlenstoff im Kreislauf und sorgen dafür, dass weniger CO2 in die Atmosphäre gelangt. Das so produzierte Polyurethan ist dann als biokompatibel zertifizierbar. Generell funktioniere dieser Prozess bereits – nötig sind Druck sowie erhöhte Temperaturen. Die Forschenden arbeiten derzeit daran, die Abläufe zu optimieren. Auch sollen nachhaltigere Treibmittel für das Aufschäumen der Polyurethane entwickelt werden.
Drei Demonstratoren sollen die Einsatzgebiete abdecken
Drei verschiedene Demonstratoren sollen die verschiedenen Einsatzgebiete des neuen Polyurethans veranschaulichen: Der Erste besteht in nachhaltigen Schläuchen für die Medizintechnik – hier werden nur vergleichsweise geringe Mengen an Polyurethanen benötigt. Das erleichtert die Einführung eines neuen Produkts. In einem zweiten Fall werden am Fraunhofer IFAM Klebstoffe entwickelt, um Kanülen an den medizinischen Schlauch kleben zu können, beispielsweise für Katheter. Als dritter Demonstrator stehen Schaumstoffe auf der Agenda, und damit auch Verarbeitungstechnologien für Massenprodukte.
Das Fraunhofer IAP präsentiert diese Forschung auf der Medica 2021
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