Montage und Handhabung Was macht die Montage flexibler und effizienter?

Redakteur: Jan Vollmuth

Welche neuen Technologien wie Cobots oder Künstliche Intelligenz machen die Montage flexibler und effizienter? konstruktionspraxis fragte Experten nach ihrer Meinung. Hier finden Sie die Antworten.

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Welche Technologien machen die Montage und Handhabung wirklich flexibel und effizient? Cobots stellen eine Möglichkeit dar.
Welche Technologien machen die Montage und Handhabung wirklich flexibel und effizient? Cobots stellen eine Möglichkeit dar.
(Bild: Albrecht Jung GmbH)

Die Qual der Wahl: In den letzten Jahren buhlen immer mehr Technologien um die Gunst der Anwender in der Montage und Handhabung. So werden Cobots immer vielseitiger, Bildverarbeitungssysteme immer präziser, Greifer smarter – und über allem schwebt die Künstliche Intelligenz. Doch welche dieser neuen Technologien machen die Montage tatsächlich flexibler und effizienter: Künstliche Intelligenz, Bildverarbeitung, intelligente Greiftechnik oder Cobots? Oder liegt die Lösung in einer Kombination dieser Technologien? Auf der Suche nach einer Antwort haben wir Experten für verschiedene Technologien nach ihrer Meinung gefragt. Nachfolgend lesen Sie deren Statements:

Alle Technologien greifen ineinander

Bernhard Müller, Senior Vice President Industrie 4.0 bei der SICK AG.
Bernhard Müller, Senior Vice President Industrie 4.0 bei der SICK AG.
(Bild: SICK AG)

„Der Vorteil einer modernen Montage liegt in der Produktvarianz: Intelligente Sensorlösungen helfen dabei, kundenindividuelle Produkte in hoher Qualität zu produzieren und zugleich die Effizienz der Fertigung hinsichtlich Zeitaufwand und Kosten zu steigern. Kamerabasierte Sensoren müssen zur Erkennung verschiedenster Montageteile flexibel programmierbar sein. Dabei können Deep Learning-Algorithmen und KI die Genauigkeit nochmals erhöhen. Dazu gehört aber auch eine intelligente Greiftechnik innerhalb der Montagezelle, um die Teile trotz hoher Varianz korrekt zuzuordnen. Zuletzt sollte die Montage nicht in einer starren Fertigungskette stehen, sondern Teil eines modularisierten Fertigungskonzeptes sein. Autonome Produktions- und Montagemodule sind hier individuell vernetzt und geben Teile mittels AGVs weiter. So kann in einer Fertigung eine sehr hohe Produktvarianz und somit echter Kundennutzen erreicht werden.“
Bernhard Müller, Senior Vice President Industrie 4.0, Sick

Verschiedene Technologien werden miteinander verschmelzen

Harald Dickertmann, Executive Vice President Sales Gripping Systems, Schunk
Harald Dickertmann, Executive Vice President Sales Gripping Systems, Schunk
(Bild: Schunk)

„In Montageanwendungen werden die klassische Industrierobotik, moderne Assistenz- und Leichtbauroboter sowie fahrerlose Transportsysteme immer weiter verschmelzen und mithilfe von Sensoren sowie integrierter Intelligenz ein unmittelbares Miteinander mit dem Menschen ermöglichen. Wie dies gelingt, verdeutlicht der Co-act EGL-C Greifer, der im zweiten Halbjahr 2020 ins Standard-Greifsystemeportfolio von Schunk aufgenommen wird. Es ist der erste Greifer für den kollaborierenden Betrieb, der über 450 N Greifkraft verfügt. Dank integrierter Kraft- und Wegmessung sowie einer zum Patent angemeldeten Sicherheitsintelligenz kann er im Zusammenspiel mit dem Menschen formschlüssig gegriffene Teile bis 8 kg sicher handhaben.
Harald Dickertmann, Executive Vice President Sales Gripping Systems, Schunk

Augmented Reality vereinfacht die Montage

Daniel Behnke ist Senior Smart Factory Digitalization Engineer bei Weidmüller.
Daniel Behnke ist Senior Smart Factory Digitalization Engineer bei Weidmüller.
(Bild: Weidmüller)

„Wir sehen in Augmented Reality ein großes Potential für die Industrie, die Montage effizienter und die Zusammenarbeit einfacher zu gestalten. Insbesondere bei Wartung, Arbeitssicherheit und Trainings bietet die Technologie große Vorteile, denn die Inbetriebnahme neuer Maschinen, Anlagen und Werke stellt viele Industrieunternehmen vor Herausforderungen. Eine gute Vorbereitung der lokalen Teams durch Trainings sowie eine enge Begleitung ist dringend notwendig. Denn bei der Inbetriebnahme kann es immer wieder zu Problemen kommen, die vor Ort behoben werden müssen, weswegen Mitarbeiter für wenige Stunden Arbeit mehrere Tage in entfernte Werke reisen müssten.“
Daniel Behnke, Senior Smart Factory Digitalization Engineer bei Weidmüller

Die richtige Kombination ist entscheidend

„Entscheidend ist die richtige Kombination dieser Technologien. Insbesondere die Kommunikation der Bildverarbeitung mit Greifer und Roboter ist bei Montageprozessen wichtig. Oft wird das Thema Kalibierung unterschätzt. Bereits vor zwei Jahren stellte Sensopart mit dem Visor Robotic einen Vision-Sensor für die Robotik vor, der die Einrichtung von Anwendungen mit entsprechenden Kalibrierungsmöglichkeiten wesentlich vereinfacht. Mit dem aktuellen Software-Update und dank des deutlich erweiterten Funktionsumfangs lassen sich gängige 2D-Anwendungen aber auch eine Lageerfassung von Objekten in 3D-Koordinaten mit minimalem Aufwand in der Robotersteuerung lösen, unabhängig vom eingesetzten Robotersystem. Mit den neuen Kalibriermöglichkeiten wurde dies für Sensoren am Roboterarm bzw. für stationäre montierte Sensoren nochmals deutlich erweitert. Mit passenden Schnittstellen und Funktionen geht die Einbindung solcher Geräte wie z.B. bei Pick-&-Place-Anwendungen, Montage-, Klebe- oder auch Schraubprozessen deutlich effizienter vonstatten.“
Dipl. Inf. Christian Ott, Leiter Vertrieb & Key Account, Sensopart

Einzelne Technologien intelligent kombinieren

Dr. Maik Fiedler, Leiter Geschäftsfeld Vakuum-Automation bei der J. Schmalz GmbH.
Dr. Maik Fiedler, Leiter Geschäftsfeld Vakuum-Automation bei der J. Schmalz GmbH.
(Bild: J. Schmalz GmbH)

„Aus meiner Sicht ist nicht ein Thema alleine für mehr Effizienz und Flexibilität in der Montage verantwortlich. Es gilt vielmehr, die einzelnen Technologien intelligent zu kombinieren. So haben wir für den automatisierten Griff in die Kiste moderne Kamera- und Greiftechnologie soft- und hardwaretechnisch zu unserem Vision- und Handling-Set 3D-R vereint. Der Anwender kann die Bin-Picking-Lösung direkt an seinen Cobot adaptieren und schnell in Betrieb nehmen, auch ohne umfassende Robotik-Vorkenntnisse. Der Schlüssel für mehr Effizienz liegt in der richtigen Interpretation gesammelter Daten. IO-Link-Komponenten verknüpfen die Aktor- und Sensorebene mit der übergeordneten Steuerung. Unsere neue Schmalz Connect Suite sorgt dafür, dass die generierten Daten an einer Stelle zusammengeführt, verarbeitet und möglichst einfach zugänglich gemacht werden. Die Software greift via IO-Link Identifikations-, Parameter- und Zustandsdaten aus der untersten Feldebene ab, analysiert und visualisiert sie und hilft dem Anwender somit, seine Prozesse effizienter zu gestalten.“
Dr. Maik Fiedler, Leiter Geschäftsfeld Vakuum-Automation, J. Schmalz

Potenzial im Maschinellen Lernen und in der KI

Jörg Reger ist Leiter des ABB-Geschäftsbereichs Robotik und Fertigungsautomation in Deutschland.
Jörg Reger ist Leiter des ABB-Geschäftsbereichs Robotik und Fertigungsautomation in Deutschland.
(Bild: ABB)

„Wir sehen enormes Potenzial im Maschinellen Lernen und in der KI. Sie werden Fabriken effizienter, zuverlässiger und produktiver machen – davon profitieren alle Mitarbeiter. Daten werden in nützliche Informationen umgewandelt, sodass Roboter langfristig autonom, selbstlernend oder selbstoptimierend sein werden. Die intelligente Kombination dieser Roboter mit anderen Maschinen und fahrerlosen Transportsystemen (FTS), fortschrittlichen Bildverarbeitungssystemen sowie KI schaffen in der Fabrik der Zukunft flexible Fertigungssysteme. Hierzu wird auch die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter weiterentwickelt, um sich noch besser die gemeinsamen Arbeitsbereiche zu teilen und sogar an den gleichen Aufgaben zu arbeiten, ohne Geschwindigkeit und Sicherheit zu gefährden.“
Jörg Reger, Leiter des ABB-Geschäftsbereichs Robotik und Fertigungsautomation in Deutschland

Buchtipp

Das Buch Industrieroboter ist ein Handbuch für KMU mit Tipps und Tricks zum Thema Robotereinsatz. Es werden die wichtigsten Grundlagen der Robotertechnik vermittelt und Methoden erläutert, wie bewertet werden kann, ob sich ein Produkt oder Prozess durch Robotereinsatz automatisieren lässt.

Cobots steigern die Effizienz

Helmut Schmid, Geschäftsführer Universal Robots (Germany).
Helmut Schmid, Geschäftsführer Universal Robots (Germany).
(Bild: David Klein)

„Montage-Aufgaben erfordern höchste Präzision: Es gilt, auch kleinste und empfindliche Werkstücke millimetergenau zu positionieren und zusammenzuführen. Cobots können mithilfe integrierter Kraft-Drehmoment-Sensorik den erforderlichen Kraftaufwand exakt dosieren, um z.B. Schrauben anzuziehen oder Stiftverbindungen einzusetzen. Zugleich erreichen sie eine hohe Wiederholgenauigkeit – im Fall unseres bis zu +/- 0,03 mm. Zudem sind sie sehr flexibel und können mit entsprechenden Endeffektoren verschiedenste Materialien wie Kunststoff, Holz oder Metalle montieren. So entlasten sie Mitarbeiter von eintönigen, ergonomisch belastenden Aufgaben und minimieren das Verletzungsrisiko bei manuellem Schrauben. Dank schneller Integration und einfacher Programmierung amortisiert sich ihre Anschaffung bereits in sechs bis neun Monaten. Daher bieten sie selbst kleineren Unternehmen die Chance, ihre Montage effizienter zu gestalten.“
Helmut Schmid, Geschäftsführer Universal Robots (Germany)

Die Technologien beeinflussen sich gegenseitig

Peter Lange, Business Development Manager Fixed Robotics, Omron Electronics
Peter Lange, Business Development Manager Fixed Robotics, Omron Electronics
(Bild: Omron)

„Die Entwicklung ist an einem Punkt, an dem Fortschritte in jedem dieser Felder auf die übrigen ausstrahlen. Cobots benötigen für die erfolgreiche Mensch-Roboter-Kollaboration angepasste Greifer, insbesondere unter Sicherheitsaspekten. Ebenso gewinnt die Bildverarbeitung an Bedeutung: Beim Picking von Massenkleinteilen müssen Position und Ausrichtung der zu greifenden Teile exakt bestimmt werden. Omron hat für diesen Zweck einen neuen Sensor zur Montage auf Greifern entwickelt. Dank der neuen 3D-Messtechnik kann in einer einzigen Aufnahme ein 3D-Bild des Zielobjekts erzeugt werden. Das ermöglicht die Hochgeschwindigkeits-Teileerkennung in etwa 0,5 Sekunden. Damit schließt sich der Kreis, denn möglich werden solche intelligenten Bildverarbeitungssysteme erst durch intelligente Algorithmen auf der Maschinenebene.“
Peter Lange, Business Development Manager Fixed Robotics, Omron Electronics

Erhöhte Effizienz und Qualität

Björn Milsch, General Manager DACH & Benelux bei OnRobot.
Björn Milsch, General Manager DACH & Benelux bei OnRobot.
(Bild: OnRobot)

„In Kombination mit intelligenten Greifern und Manipulatoren sorgen Cobots für spürbar effizientere Montageprozesse. Solche kollaborativen Applikationen sind leicht in Betrieb zu nehmen und zu bedienen. Ihr schneller ROI macht sie auch für KMU erschwinglich. Mit den richtigen Tools sind Cobots im Handumdrehen für neue Aufgaben bereit und halten die Montage flexibel. Unser Screwdriver etwa ist dank intelligenter Features wie integrierter Achssteuerung und präziser Drehmoment-Kontrolle so einfach zu steuern, dass Anwender selbst komplexe Montageaufgaben schnell automatisieren können. Dies entlastet sie von repetitiven, unergonomischen Schraubprozessen und macht sie effizienter. Denn die Komplettlösung steigert mit ihrer hohen Präzision und Konstanz die Produktqualität bei reduziertem Ausschuss.“
Björn Milsch, General Manager, Onrobot

Digitale Assistenzsysteme erhöhen die Flexibilität

„Künstliche Intelligenz, Objekterkennung und Augmented Reality bieten ein hohes Potential Konzepte zu entwickeln, welche sehr leistungsfähig und dennoch einfach zu benutzen sind. Ziel ist es, digitale Assistenzsysteme bereitzustellen, welche bei hoher Anwenderakzeptanz und Effizienz von der Seite des Monteurs als auch von der Seite des Prozesses unterstützen. Der Vorteil der genannten Technologien liegt dabei in ihrer menschennahen Natur. Sie sind an menschliche Fähigkeiten sowie menschliche Interaktionen mit der Umwelt angelehnt, aber dennoch sehr leistungsfähig in digitalen Umgebungen. Durch das Zusammenspiel von Menschen und diesen Technologien entsteht eine neue, sehr leistungsfähige Schnittstelle. Diese gilt es in einer Umgebung, bestehend aus digitalen Systemen und Menschen, zu nutzen, sodass man die maximale Flexibilität in dieser Umgebung erreicht.“
Roman Wiegand, Kimoknow

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