Definition Was ist eigentlich Model Based Definition?
Mit modellbasierter Definition (MBD) werden 3D-Modelle zur Quellautorität, die die Grundlage für alle Prozesse in der Produktentstehung bildet. Wie das funktioniert und was die Vorteile sind.
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Digitalisierung ist in aller Munde – auch die Prozesse in Konstruktion und Entwicklung können von digitalen Technologien profitieren. Ein Beispiel sind die traditionellen 2D-Zeichnungen von Modellen, die nach wie vor oft als Basisdokument für die Fertigung dienen. In einer CAD-Datei steckt aber wesentlich mehr als nur Geometrie: Neben Konstruktionshistorie und Parametern beziehungsweise Maßen sind dies unter anderem Metadaten, beispielsweise Material, Gewicht, Schwerpunkt und viele andere Eigenschaften.
Medienbruch zwischen Modell und Zeichnung
Beim Erstellen der Zeichnung wird das 3D-Modell zweidimensional umgesetzt, sodass viele Informationen verloren gehen. Zudem dokumentieren die Konstrukteure viele Informationen zum Bauteil und seiner Fertigung erst auf der Zeichnung, beispielsweise Materialien, Toleranzen oder auch weitere Detailinformationen, Stücklisten, Konfigurationen und allgemeine Hinweise. Diese Informationen stehen damit im digitalen Prozess, der ja auf dem 3D-Modell basiert, nicht zur Verfügung.
Abhilfe schafft die sogenannte Model based definition: Hier werden alle Produktinformationen am Modell definiert. So sind 3D-Modelle mit allen Daten ausgestattet, die zum Definieren, Fertigen und Prüfen eines Produkts benötigt werden. Dieses Modell kann nachgeschaltet von Zulieferern sowie organisationsübergreifend innerhalb eines Unternehmens verwendet werden.
Die Geschichte von MBD
- Die Wurzeln von MBD gehen auf die Einführung von 3D-CAD-Systemen, speziell mit parametrischen Volumenmodellierern wie Pro/Engineer 1989, zurück. Idee war es, das Produkt komplett digital zu beschreiben. Das 3D-Modell ist dabei die Grundlage der 2D-Zeichnung, die weitere Fertigungsinformationen wie Maße, Beschreibungen und Toleranzen enthält. Bei PTC spricht man hier vom „Modell-Zentrischen“ Ansatz mit der Zeichnung als legalem Austausch-Format.
- Mitte der 1990er Jahre trafen sich mehrere Experten bei Boeing in Wichita, Kansas, um eine neue Methodik zur Erfassung der PMI direkt im CAD-Modell vorzuschlagen: MBD. Die technischen Standards für MBD sind in ASME Y14.41-2019 und ISO 16792:2015 festgehalten.
- Mit dem ISO GPS-Normensystem, veröffentlicht ab 2011, wurden widerspruchsfreie Regeln eingeführt, um geometrische Merkmale vollständig und eindeutig zu beschreiben. Dies ist die Grundlage für die eindeutige Beschreibung des Produktes innerhalb des 3D-Modells, also ohne Zeichnung. Dieser Ansatz wird bei PTC als „Modell-Basiert“ bezeichnet. Das Unternehmen verfolgt diesen Ansatz mit PTC Creo bereits seit Version 2.0.
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Tools für die Produktentstehung, Teil 2
Vom Modell zur Realität – das Produkt nimmt Gestalt an
Welche Informationen werden am Modell angebracht?
Idealerweise werden die Informationen nicht mehr an die Zeichnung als Ableitung des 3D-Modells, sondern direkt am Modell angebracht. Diese umfasst alle die geometrischen Merkmal wie Größenmaß, Form, Richtung, Ort oder Lauf in technischen Spezifikationen. Darüber hinaus sollte das Modell sog. Produktfertigungsinformationen (PMI, Product Manufacturing Information) enthalten. Damit sind alle fertigungsrelevanten Informationen, die als Anmerkung an einem 3D-Modell angebracht werden können, gemeint. Beispiele sind: Bemaßungstoleranzen, Form- und Lagetoleranzen, Oberflächeninformationen und weitere Texte oder Annotationen.
Warum ist MBD effizienter als die traditionelle Methode mit 2D-Zeichnungen?
3D-Anmerkungen im CAD-Modell sind semantisch: Es sind maschinenlesbare Informationen – im Gegensatz zur menschenlesbaren Information auf einer Zeichnung. Andere Software kann sie also verstehen: Wird anstelle eines PDFs oder eines Ausdrucks einer Zeichnung eine native MBD-Teiledatei oder eine CAD-neutrale MBD-Step-Datei an Folgeschritte weitergegeben, erkennt die CAM- oder CMM-Software die 3D-Anmerkungen und ihre geometrischen Referenzen. Dadurch entfällt die Arbeit der Übersetzung der Informationen von einer Zeichnung in eine nachgeschaltete Software, wodurch die Effizienz steigt und die Fehlerquote sinkt.
Laut einer Studie des National Institute of Standards and Technology (NIST) kann MBD den Prozess vom Entwurf über die Fertigung bis zur Prüfung um 78,4 Prozent verkürzen.
Dadurch profitieren alle der Konstruktion nachgelagerten Prozesse. Insbesondere die Fertigung mit der Arbeitsvorbereitung und die NC-Programmierung. Die größten Vorteile sind im Bereich der Anbindung der Messmaschine zur Qualitätskontrolle des gefertigten Bauteils zu erkennen. Darüberhinaus ergeben sich Vorteile der Automatisierung von Planungs- und Fertigungsabläufen – nicht nur Firmenintern, sondern auch in der Anbindung von Zulieferketten.
Ergebnis: was bei MBD raus kommt
MBD ermöglicht digitale zeichnungslose Prozesse, da die Zeichnung nicht mehr die vorrangige Informationsquelle ist. Dennoch können Anwender auch Zeichnungen erstellen, wenn die Lieferkette dies erfordert. Anstelle eines PDFs ist das primäre Arbeitsergebnis von MBD das technische Datenpaket (TDP): ein Satz elektronischer Dateien, der Folgendes enthalten kann:
- Das Modell entweder in seinem nativen Format oder im CAD-neutralen Step-AP242-Format,
- die Stückliste im Excel- oder CSV-Format, die von anderer Software genutzt werden kann und
- andere zugehörige elektronische Dateien wie Notizen, Schaltbilder und Dokumente zur Erstmusterprüfung (FAI).
Die Hauptelemente von MBD im CAD-Modell sind:
- Anmerkungsebenen, um die Platzierung und Ausrichtung der Details zu definieren.
- 3D-Anmerkungen für Produkt und Fertigungsinformationen
- Kombinations-Zustände, um die 3D-Anmerkungen übersichtlich zu gestalten und zu organisieren. Diese beinhalten auch Explosionszustände, Querschnitte, vereinfachte Darstellungen, Darstellungszustände oder Stilzustände.
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