Definition Was ist eigentlich ein Not-Aus und Not-Halt?

Quelle: konstruktionspraxis Lesedauer: 5 min

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Wer nach dem Begriff „Not-Aus“ sucht, findet häufig auch den Begriff „Not-Halt“. Beides klingt ähnlich, beschreibt aber zwei grundsätzlich verschiedene Sicherheitskonzepte. Was genau wird unter Not-Aus und Not-Halt verstanden? Worin liegen die Unterschiede? Welche Normen liegen diesen Sicherheitseinrichtungen zugrunde?

Damit Maschinen und Anlagen im Falle von Gefahr bringenden Bewegungen und Prozessen sofort gestoppt werden können, müssen diese mit einem auffällig gekennzeichneten Not-Halt-Befehlsgerät ausgestattet sein.
Damit Maschinen und Anlagen im Falle von Gefahr bringenden Bewegungen und Prozessen sofort gestoppt werden können, müssen diese mit einem auffällig gekennzeichneten Not-Halt-Befehlsgerät ausgestattet sein.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Maschinen und Anlagen sollen im Falle von Gefahr bringenden Bewegungen und Prozesse sofort gestoppt werden. Laut Maschinenrichtlinie müssen sie daher mit einem auffällig gekennzeichneten Not-Halt-Befehlsgerät ausgestattet sein. Wurde in der alten Maschinenrichtlinie noch der Begriff „Not-Aus“ verwendet und in diesem Zusammenhang gefordert, Maschinen mit einer oder mehreren Notbefehlseinrichtungen auszurüsten, um sich anbahnende gefährliche Situationen zu vermeiden, ist in der aktuellen Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) von „Not-Aus“ nicht mehr die Rede.

Ausschalten im Notfall und Stillsetzen im Notfall

Stattdessen haben sich die Begriffe „Not-Halt“ und „Not-Halt-Befehlsgerät“ durchgesetzt. Da „Not-Aus“ und „Not-Halt“ jedoch noch häufig im Sprachgebrauch verwendet werden und es hierbei immer wieder zu Irrtümern kommt, sollen hier kurz die wesentlichen Unterschiede beider Schutzkonzepte gemäß DIN EN 60204 („Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstungen von Maschinen“) erklärt werden; sie unterscheidet zwischen:

  • Ausschalten im Notfall (Not-Aus) und
  • Stillsetzen im Notfall (Not-Halt).

Der Unterschied der Funktionen wird außerdem in einem Anhang zur VDE 0113-1 erläutert.

Was bedeutet Not-Aus?

Mit Not-Aus ist das sofortige Ausschalten von elektrischer Energie gemeint. Mit der Unterbrechung der Stromzufuhr einer Maschine oder Anlage wird die hiervon ausgehende elektrische Gefährdung minimiert. Not-Aus (Ausschalten im Notfall) ist demnach eine Funktion, die die direkte Gefährdung durch Strom oder Spannung abwenden soll.
Ein sofortiger Stopp einer Maschine ist damit nicht gemeint, da insbesondere große Anlagen Nachlaufzeiten haben können.

Was bedeutet Not-Halt?

Ein Not-Halt dient hingegen dazu, die Bewegung von Maschinen oder Anlagen zu stoppen und somit stillzusetzen, wenn hiervon eine Gefahr droht.

Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Funktionen besteht in der Reaktion, die bei der Betätigung eines Not-Aus- oder Not-Halt-Schalters seitens der Maschine oder Anlage ausgelöst wird:
Wird bei einem Not-Aus die Maschine sofort spannungsfrei geschaltet,
muss bei einem Not-Halt unverzüglich deren gefahrbringende Bewegung gestoppt werden.

Die EN 60204 definiert hierzu insgesamt drei Stopp-Kategorien, wobei die dritte Kategorie per Definition nicht im Gefahrenfall angewendet werden darf.

Welche Stopp-Kategorien gibt es für den Not-Halt?

  • Stopp-Kategorie 0: Eine Maschine oder Anlage wird durch Unterbrechung der Energieversorgung unkontrolliert stillgesetzt. Hierbei wird der Motor vom Strom genommen und läuft entweder ungesteuert aus oder wird von einer mechanischen Bremse angehalten.
  • Stopp-Kategorie 1: Die Maschine oder Anlage wird gesteuert stillgesetzt und hierbei die Energieversorgung aufrechterhalten, um den Antrieb elektrisch abzubremsen. Erst nach dem Stillstand des Motors wird die Energiezufuhr unterbrochen.
  • Stopp-Kategorie 2: Eine Maschine oder Anlage wird gesteuert stillgesetzt, wobei die Energiezufuhr zu den Antriebselementen auch im Stillstand aufrechterhalten bleibt. Der Motor wird elektrisch abgebremst, verbleibt aber dann in Drehzahl- oder Positionsregelung. Diese Stopp-Kategorie darf nicht dazu verwendet werden, eine Maschine oder Anlage im Gefahrenfall abzuschalten.

Durch eine Risikobewertung einer Maschine oder Anlage muss festgestellt werden, welche Stopp-Kategorie für einen Not-Halt die richtige ist. Ob zusätzlich ein Not-Aus erforderlich ist, wird ebenfalls durch die Risikobewertung bestimmt.

Welche Betätigungselemente stehen für den Not-Halt zur Verfügung?

Geräte für den Not-Halt bzw. das Stillsetzen im Notfall müssen leicht erreichbar sein und sollten stets an Orten installiert werden, wo das Auslösen eines Not-Halts möglicherweise erforderlich ist.

Die weiteren Anforderungen an Not-Halt-Systeme bzw. an ihre Funktion sind in der ISO 13850 - 2016-05 (Sicherheit von Maschinen - Not-Halt-Funktion - Gestaltungsleitsätze (ISO 13850:2015); Deutsche Fassung EN ISO 13850:2015) festgehalten. Hierbei gilt stets, dass die Funktion bzw. der Steuerbefehl für den Not-Halt durch eine einzelne, bestimmte Aktion manuell durch einen Menschen ausgelöst wird.

Welche Normen sind bei Not-Halt-Systemen relevant?

Für die Konstruktion und Entwicklung von Not-Halt-Systemen sind insbesondere die folgenden Normen relevant:

  • DIN EN 60204-1 VDE 0113-1:2019-06 „Sicherheit von Maschinen – Elektrische Ausrüstung von Maschinen – Teil 1: Allgemeine Anforderungen“.
  • DIN EN ISO 13850:2016-05 „Sicherheit von Maschinen – Not-Halt-Funktion – Gestaltungsleitsätze (ISO 13850:2015); Deutsche Fassung EN ISO 13850:2015.

Die Norm DIN EN 60204-1 [4] weist u.a. darauf hin, dass sich die Bedienteile der Not-Halt-Befehlsgeräte durch ihre Farbgebung deutlich erkennbar von der Umgebung abheben sollen. Die Bedienteile der Geräte müssen daher unabhängig von ihrer Beleuchtung Rot sein. Befindet sich um das Bedienteil herum ein Untergrund, so muss dieser die Farbe Gelb haben. Diese Farbanforderungen sind auch von Netz-Trenn-Einrichtungen (Hauptschalter) zu erfüllen.

Die Normen DIN EN ISO 13850 und DIN EN 60947-5-5 legen zudem weitere Rahmenbedingungen an Not-Halt-Systemen fest. So müssen Not-Halt-Taster z. B. bei Betätigung einrasten, wobei hierdurch die Not-Halt-Funktion nach dem Aktivieren aufrechterhalten wird.

Not-Halt-Geräte sollen einerseits gut erreichbar sein, aber andererseits nicht versehentlich betätigt werden. Daher haben Not-Halt-Schalter mitunter einen Schutzkragen um den Taster. Die Schutzkragen müssen gemäß Maschinenrichtlinie DIN EN ISO 13850 den Anforderung an eine schnelle Zugänglichkeit und leichte Betätigung erfüllen.

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Welche Not-Halt-Befehlsgeräte gibt es?

Ein Not-Halt-Befehlsgerät muss aufgrund der oben genannten Regelungen nach dem Prinzip der Zwangsbetätigung funktionieren. Hierfür gibt es eine Reihe verschiedener Befehlsgeräte, die die potenziell gefahrbringenden Bewegungen einer Maschine oder Anlage über ein Sicherheitsschaltgerät abschalten:

  • Schalter mit Drucktastenbetätigung – haben zumeist Tasten, die in ihrer Bauform an einen Pilz erinnern. Daher werden solche Schalter auch als Pilztaster bezeichnet. Sie müssen über die bereits oben beschriebene Farbgebung (roter Taster, gelber Untergrund) verfügen. Bei Betätigung des Tasters rastet dieser ein.
  • Drehschalter
  • Reißleinenschalter – werden als Not-Halt-Befehlsgerät häufig an Transportsystemen wie Fließ- oder Förderbänder eingesetzt, an denen Personen direkt oder in unmittelbarer Nähe arbeiten. Der Not-Halt wird in diesem Fall durch das Ziehen der eindeutig gekennzeichneten Reißleine ausgelöst.
  • Sicherheitslichtgitter bzw. Lichtschranken – sind optoelektronische Systeme, die oftmals als berührungslose Zutrittssicherung in offenen Bereichen vor Maschinen und Anlagen verwendet werden. Neben Systemen für den Körperschutz existieren Lösungen für den Hand- und Fingerschutz, wobei die Schutzfeldhöhen der Lichtgitter entsprechend angepasst sind.
  • Trittleisten oder Fußschalter – sind eher selten als Not-Halt-Befehlsgerät zu finden. Der Maschinen- oder Anlagenstopp erfolgt in diesem Fall durch die Betätigung einer Leiste oder eines Schalters mit dem Fuß.

Welche Grundregeln gelten für Not-Halt-Systeme?

Laut Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sind für Not-Halt-Systeme verschiedene Grundregeln zu befolgen:

  • Ein Not-Halt stellt immer eine ergänzende Schutzmaßnahme für einen nicht eindeutig vorhersehbare Notsituationen dar. Not-Halt-Befehlsgeräte dürfen daher nicht als Ersatz für andere Schutzmaßnahmen oder Sicherheitsfunktionen verwendet werden.
  • Not-Halt-Funktionen von entsprechenden Befehlsgeräten müssen jederzeit verfügbar und einsatz- bzw. betriebsbereit sein, und das unabhängig von der aktuellen Betriebsart einer Maschine oder Anlage.
  • Wirken Maschinen oder Maschinenkomponenten zusammen, müssen Not-Halt-Funktionen nicht nur die Maschine selbst, sondern auch sämtliche verbundene Komponenten bzw. Einrichtungen stillsetzen, wenn hierdurch eine Gefahr bei einem Weiterlaufen der Maschine oder Anlage ausgehen kann.
  • Hand-Held-Geräte oder von Hand geführte Maschinen müssen nicht mit einem Not-Halt ausgestattet werden.

Anbieter von Not-Halt-Befehlsgeräten

  • Bernstein
  • Eaton
  • Elobau
  • Euchner
  • Georg Schlegel
  • GSM
  • ifm electronic
  • K.A. Schmersal
  • Omron
  • Rafi
  • Schaltbau
  • Schmersal
  • Schneider Electric
  • Siemens
  • RS Components
  • Wieland

Bei der Aufzählung handelt es sich um einen Auszug ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Quellen: www.bghm.de, www.eaton.com, www.funkfernsteuerung.biz, www.pilz.com, www.wikipedia.org

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