Digitalisierung in der Konstruktion Was es Neues bei den ISO GPS-Normen gibt
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Das GPS-Normensystem der ISO ist eigentlich nichts Neues, es hat sich nur bisher nicht auf breiter Front durchgesetzt. Doch je nahtloser die Datenströme laufen sollen, desto mehr ist die klassische Zeichnung aus der Konstruktion ein Hindernis, weil sie der Datendurchgängigkeit im Weg steht. ISO GPS schafft Abbilfe.

Mit den Normen rund um ISO GPS wurde in den letzten Jahren das System der geometrischen Produktspezifikation neu geordnet. Neben der reinen Geometrie gehört zur vollständigen technischen Beschreibung eines Bauteils eine Vielzahl von weiteren Informationen, beispielsweise zu Form- und Lagetoleranzen, Oberflächenbehandlungen, Oberflächengüte sowie Fertigungsinformationen. Diese Informationen wurden bisher in einer 2D-Zeichnung des Bauteils festgehalten. Damit waren sie aber nicht maschinenlesbar und für Folgeprozesse nicht nutzbar. Die ISO-GPS-Normierung ändert das und ermöglicht ein Voranschreiten der Digitalisierung auch in diesem Bereich.
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ISO GPS
Warum eindeutige Form- und Lagetoleranzen so wichtig für die Konstruktion sind
Als noch in 2D konstruiert wurde – auf dem Zeichenbrett oder in 2D-CAD – war die technische Zeichnung die „alleinige Quelle der Wahrheit.“ Zeichnungen wurden vervielfältigt und bildeten – auf Papier an alle Beteiligten verteilt – die Informationsquelle für den gesamten Produktentstehungsprozess. In Kunden-Lieferanten-Beziehungen war und ist die Zeichnung ein Bestandteil des Vertrags und für beide Seiten verbindlich.
Mit dem Siegeszug der Digitalisierung und des 3D-CAD begann eine Übergangsphase, die in vielen Bereichen bis heute andauert:
- Einerseits werden Produkte dreidimensional konstruiert und modelliert. Diese Daten dienen als digitale Fertigungsgrundlage, beispielsweise im CAM-System für die NC-Programmierung. In der Montage stehen längst Terminals für die Anzeige von 3D-Daten bereit.
- Andererseits wird nach wie vor eine Zeichnung erstellt, allerdings oft in vereinfachter Form, um all diese Zusatzinformationen zu definieren.
Das 3D-Modell als Single Source of Truth
Doch je weiter die Digitalisierung um sich greift, je nahtloser die Datenströme laufen sollen, desto mehr ist die Zeichnung ein Hindernis, weil sie eben nicht maschinenlesbar ist. Mit dem ISO GPS-Normensystem, veröffentlicht ab 2011, wurden widerspruchsfreie Regeln eingeführt, um geometrische Merkmale vollständig und eindeutig zu beschreiben. Dies ist die Grundlage für die eindeutige Beschreibung des Produktes innerhalb des 3D-Modells, also ohne Zeichnung.
ISO GPS bringt hier wichtige Neuerungen: Fertigungs- und funktionsgerechte Bemaßung, maschinenlesbare und standardisierte Zusatzinformationen – und all das digital am 3D-Modell definiert. Dank GPS lassen sich beispielsweise messtechnische Prüfungen von mehreren Tagen auf wenige Stunden beschleunigen – einfach, weil alle Daten verfügbar, maschinenlesbar und damit für die Automatisierung direkt nutzbar sind.
- In besonderem Maße profitieren Softwarewerkzeuge wie das Toleranzanalysesystem CETOL 6 Sigma von digital verfügbaren Produktspezifikationen. Das Tool ermöglicht Konstrukteuren die Abstimmung, Prüfung und Zuordnung von Toleranzen – für jedes Modell, unter Berücksichtigung der Produktfunktionalität und verschiedener Fertigungsverfahren. Mit GPS entfällt die mühsame und fehleranfällige Dateneingabe fast komplett. Zumal die 3D-Toleranzanalyse laut Inneo ein hervorragendes Hilfsmittel ist, um die Funktion und Qualität von Produkten vorherzusagen und den Konstrukteur im Verständnis zu GPS zu schulen und zu unterstützen.
- Zudem bietet auch das Kontroll- und Ausbildungswerkzeug Creo GD&T Advisor fachmännische Anleitung bei der korrekten Anwendung von Form- und Lagetoleranzen. Der Advisor gibt während der Konstruktion Hilfestellung und weist zeitgleich auf Fehler oder unvollständige Beschreibung hin. Darüber hinaus wird der Konstrukteur mit „Combined Views“ unterstützt, die im 3D-Modell eine zeichnungsähnliche Darstellung mit allen Informationen erlauben.
Warum die Norm aktualisiert wurde – DIN EN ISO 22081:2022-10
Die Anwendung der DIN ISO 2768-1 und -2 für Abstände, Form-, Orts-, Richtungs- und Lauftoleranzen kann zu mehrdeutigen Zeichnungen führen und sollte aus Gründen der Produkthaftung vermieden werden. . Diese Erkenntnis hat im internationalen Normausschuss zur Entwicklung der ISO 22081 für die allgemeine Spezifikation von Abständen und Größenmaßen geführt, was die Begrenzung von Form-, Richtungs- und Ortstoleranzen einschließt. ISO 22081 definiert also keine Toleranzwerte, sondern ist Teil eines Tolerierungskonzeptes.
Die neue Norm ISO 22081 soll sowohl Produktspezifikationen als auch Konformitätsnachweise vereinfachen und damit auch alle nicht funktionsrelevanten Merkmale unter Berücksichtigung fertigungstechnischer (z. B. Stanzen) und/oder werkstoffphysikalischer (z. B. Kunststoffe) Besonderheiten eindeutig und vollständig zu beschrieben.
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Produktentwicklung
Mehr Effizienz im Produktlebenszyklus dank Model Based Definition
Konstrukteure müssen umdenken – wo sie sich informieren können
Die konsequente Anwendung von ISO 22081 wird als notwendige Voraussetzung für eine weitere Digitalisierung in der Produktentwicklung betrachtet. Allerdings erfordert GPS ein Umdenken, das Erlernen neuer Symbole, Techniken und Prozesse und einen Umstellungswillen der Konstrukteure. Zudem werden die ISO GPS-Normen ständig weiterentwickelt.
- Inneo bietet Webinare zu den Neuerungen im GPS-Regelwerk, zum Beispiel geht es im Webinar „Neuerungen in den ISO-GPS-Normen: Insights aus den Normenausschüssen für Anwender.“ am 03. April 2023 (danach als Replay unter www.inneo.de/webinaraufzeichnungen) darum, welche konkreten Schritte nun notwendig sind, um Konstruktion und Entwicklung auf den aktuellen Stand zu bringen – denn mit der Einführung der ISO-GPS Norm 22081 sind ältere Normen wie die ISO 2768 T2 nicht mehr gültig.
- Das Steinbeis-Beratungszentrum Konstruktion. Werkstoffe. Normung. in Schorndorf bietet zahlreiche Möglichkeiten, um sich zu informieren.
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