Stereokamera Stereokamera erkennt Fußgänger sowie querenden Verkehr zuverlässig

Redakteur: Jan Vollmuth

Continental erweitert sein Sicherheitssystem ContiGuard um eine Stereokamera als Bestandteil vorausschauender Bremssysteme. Sie besteht aus zwei CMOS-Monokameras, die in ca. 20 cm Abstand in einem Gehäuse installiert sind.

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Die Stereokamera erkennt Fußgänger, die beispielsweise seitlich und halb verdeckt auf die Straße treten zuverlässig und kann im Notfall eine Bremsung einleiten. (Bild: Continental)
Die Stereokamera erkennt Fußgänger, die beispielsweise seitlich und halb verdeckt auf die Straße treten zuverlässig und kann im Notfall eine Bremsung einleiten. (Bild: Continental)

Der internationale Automobilzulieferer Continental wird sein umfassendes Sicherheitssystem ContiGuard um eine Stereokamera als Bestandteil vorausschauender Bremssysteme erweitern. Damit können auch die häufigen Unfälle mit Fußgängern oder kreuzenden Fahrzeugen verhindert oder zumindest abgemildert werden – diese Verkehrsunfälle machen in Deutschland bisher fast die Hälfte (46,6 Prozent) aller Unfälle mit größerem Personenschaden aus.

"Die Erwartung an Unfallvermeidungs-systeme ist, dass sie keine Prioritäten bei den Hindernissen machen und in allen Gefahrensituationen helfen. Dazu müssen wir neue Wege in der Umfelderfassung gehen", sagte Dr. Andreas Brand, Leiter des Geschäftsbereichs Passive Safety und ADAS bei der Continental-Division Chassis & Safety. Da die Stereokamera zwei "Augen" besitzt, kann sie innerhalb einer Aufnahme über den Unterschied in den Bildern alle Arten von Hindernissen sicher erkennen, von verlorener Ladung bis zu Mensch und Tier sowie deren Distanz und Größe bestimmen. Dies ist mit einer Monokamera nicht zuverlässig genug möglich, der zudem antrainiert werden muss, was ein Auto oder Motorrad ist und die dann auch nur diese erlernten Objekte identifizieren kann.

"Da die Stereokamera gleichzeitig die aus der Monokamera bekannten Assistenten wie Spurhaltung, Verkehrszeichenerkennung und intelligente Lichtsteuerung realisiert, gehen wir davon aus, dass sie mittel- bis langfristig einen neuen Trend setzen und in allen Fahrzeugklassen verfügbar sein wird – vom Kleinwagen bis zum Premiumfahrzeug", so Brand weiter.

Zwei Kameras und die Auswertung in einer Einheit

Die Stereokamera besteht aus zwei hoch auflösenden CMOS-Monokameras, die mit einem Abstand von circa 20 Zentimetern in einem Gehäuse hinter der Windschutzscheibe installiert sind.

Während eine Monokamera Distanzen lediglich schätzt, kann die Stereokamera den Abstand zu einem Objekt sowie dessen Höhe über der Straße messen. Möglich wird das durch die perspektivischen Unterschiede zwischen dem linken und rechten optischen Pfad. Die Auswertungselektronik in der Stereokamera nutzt also denselben Effekt, der auch den Menschen zum räumlichen Sehen befähigt, die Parallaxenverschiebung zwischen zwei Bildern.

Hohe Auflösung auch unter erschwerten Bedingungen

Auf eine mittlere Distanz von 20 bis zu 30 Metern kann die Stereokamera die Entfernung bis zum Objekt auf 20 bis 30 Zentimeter genau bestimmen. Diese hohe Auflösung steht auch unter erschwerten Bedingungen zur Verfügung. Wenn sich beispielsweise mehrere Objekte dicht nebeneinander befinden, wenn Objekte teilweise verdeckt sind oder der Kontrast zwischen Objekt und Hintergrund schwach ist, dann stoßen andere technische Lösungen zur Objekterkennung unter Umständen an ihre Grenzen.

Der Abgleich beider optischen Pfade ist eine grundsätzliche Stärke der Stereokamera, denn wenn sich in beiden Bildern dieselben Zonen mit übereinstimmenden Merkmalen befinden, dann erhöht diese Redundanz die Zuverlässigkeit. Zudem verstärken sich die optischen Pfade bei schwachen Lichtverhältnissen gegenseitig und verbessern so beispielsweise die Funktion in der Dämmerung.

6-dimensionale Auswertung gibt Sicherheit

Über die räumliche Lage (3-D) eines erkannten Objektes hinaus liefert die Stereokamera eine ganz entscheidende Zusatzinformation für Systeme der aktiven Fahrsicherheit: Für jeden Pixel eines erkannten Objekts kann eine Bewegungsrichtung auf der horizontalen, vertikalen und longitudinalen Achse bestimmt werden. Mit dieser 6-dimensionalen (6-D) Erkennung ist eindeutig, ob und wohin sich ein Objekt bewegt.

In Kombination mit der Objektklassifizierung anhand gemeinsamer Merkmale erreicht die Stereokamera mit diesem Verfahren eine so hohe Entscheidungssicherheit, dass sie eine Vollbremsung (bis zu 1 g) auslösen kann, wenn der Fahrer selbst nicht auf ein Objekt reagiert.

Bedingt durch diese Systemgenauigkeit kann die Stereokamera den exakten Aufprallort einer möglichen Kollision errechnen und die verbleibende Zeitspanne optimal für Schutzmaßnahmen nutzen. Die Stereokamera unterstützt dabei über den gesamten Geschwindigkeitsbereich hinweg.

Reichweite von bis zu 60 Metern

Da die Stereokamera in ihrem Sichtbereich auch mögliche Ausweichwege für das Fahrzeug bestimmen kann, ist es sogar möglich, eine Kollisionswarnung beziehungsweise eine automatische Bremsung früher einzuleiten, wenn kein Ausweichweg zur Verfügung steht. Dies ist vorteilhaft, weil einige Hundert Millisekunden Zeitgewinn für eine Vollbremsung den Unterschied zwischen Prellungen und deutlich schwereren Verletzungen bedeuten können.

Mit einer Reichweite von bis zu 60 Metern bietet die Stereokamera also optimale Voraussetzungen für die Entwicklung von – im wahrsten Sinne des Wortes – vorausschauenden Bremssystemen.

"Selbst Kinder, also kleine Fußgänger, querende Radfahrer oder Rollstuhlfahrer können mit der Stereokamera zukünftig erkannt werden. Damit realisieren wir eine so umfassende Hinderniserkennung, wie sie bis heute noch nicht möglich war", sagte Wilfried Mehr, Leiter Business Development Fahrerassistenzsysteme. (jv)

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