Lichtbogenschweißen Stahl und Aluminium thermisch fügen

Autor / Redakteur: Gerd Trommer* / Juliana Pfeiffer

Ein serientaugliches Produktionsverfahren für Stahl-Aluminium-Platinen von Fronius und Voestalpine ermöglicht es, Stahl und Aluminium dauerhaft zu fügen.

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Die Schweißlötnaht übersteht selbst einen Crashtest des Bauteiles ohne Beschädigung.
Die Schweißlötnaht übersteht selbst einen Crashtest des Bauteiles ohne Beschädigung.
(Bild: Fronius)

Stahl und Aluminium galten lange als thermisch nicht dauerhaft fügbar. Hauptgründe dafür sind die sehr abweichenden Schmelzpunkte von über 1.500 bzw. ca. 660° C sowie besonders das Entstehen intermetallischer Phasen (IMP). Ursächlich für diese ist die begrenzte gegenseitige Löslichkeit von Eisen und Aluminium bei Raumtemperatur. Die IMP entsteht in einem Diffusionsprozess. Generell kennzeichnen die IMP große Härte und äußerst geringe Zähigkeit. So beträgt die Härte von Fe2Al5 cirka 1.050 HV (Vickershärte) und von FeAl3 cirka 900 HV.

Je größer die ein-gebrachte Wärmemenge ist, desto dicker ist die IMP und desto schlechter sind die mechanisch-technologischen Eigenschaften der Verbindung. Die IMP-Schicht soll höchstens 10 µm betragen. Weitere Herausforderungen stellen die unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten dar: für Stahl cirka 1,2 mm/100°C und für Aluminium 2,34 mm/100°C. Hinzu kommt die sprunghafte Änderung des elektrochemischen Potenzials bei Stahl-Aluminium von cirka 1,22 V und Zink-Aluminium von cirka 0,9 V.

CMT-Verfahren als thermischer Fügeprozess gewählt

Die Metallurgen und Schweißexperten von Voestalpine und Fronius haben vor dem Hintergrund dieser physikalischen Gegebenheiten für das Fügen von Stahl mit Aluminium definiert, dass der Prozess einen möglichst geringen Wärmeeintrag erzeugen muss. Zudem erhält die Oberfläche des Stahlblechs eine Zinkschicht. Und die Dicke der IMP muss minimiert und ihre Eigenschaften müssen optimal ausgenutzt werden. Die Wahl des thermischen Fügeprozesses fiel eindeutig aus: CMT(Cold Metal Transfer). Dafür sprechen die langjährigen F+E-Aktivitäten sowie die knapp zehnjährigen positiven Praxiserfahrungen der Schweißexperten von Fronius mit dem Lichtbogen-Prozess. Das Entstehen einer einwandfreien Verbindung wird von den beiden zu fügenden Werkstücke, dem Fügeverfahren und dem Zusatzwerkstoff beeinflusst.

Kantenvorbreitung beeinflusst Qualität der Verbindung

Neben der Zinkschicht von mindestens 10 µm Dicke beeinflusst die Kantenvorbereitung des Stahlbleches die Qualität und die Belastbarkeit der Verbindung. Die von Voestalpine entwickelte Kantengeometrie für die zu fügenden Bleche sind patentrechtlich geschützt. Positive Erfahrungen liegen mit den Stahlsorten normaler Tiefziehgüte vor. Die Aluminiumbleche stammen aus den Werkstoffreihen AW5xxx oder 6xxx. Die Aluminiumoberfläche muss wie beim konventionellen Metall-Inertgasschweißen lediglich „sauber“ sein. Die IMP ist empfindlich gegen Normalbelastungen, weniger jedoch gegen tangenziale, weil sie sich zwischen beiden gefügten Werkstoffen ähnlich wie Keramik verhält.

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Schweißgelötete Stahl-Aluminium-Platinen auf Praxistauglichkeit getestet

Das Lichtbogen-Schutzgasverfahren CMT besitzt einen geringen Wärmeeintrag und ist gut regelbar - entscheidende Voraussetzungen für den Fügeprozess. Beim Fügen von Stahl mit Aluminium benetzen der Zusatzwerkstoff und das Aluminium das verzinkte Stahlblech, und der Zusatzwerkstoff verschmilzt mit dem Aluminium. Oder anders ausgedrückt: Stahlseitig entsteht eine Lötverbindung, dagegen wird das Aluminium geschweißt. Das Ergebnis wird deshalb auch als Schweißlötung bezeichnet. Für die Platinen haben sich Schweißsysteme bewährt, die mit dem CMT-Prozess beidseitig synchron schweißlöten. Zudem ist die Position des Zusatzwerkstoffes beim Schweißlöten für eine optimale Naht wichtig.

Die schweißgelöteten Stahl-Aluminium-Platinen wurden umfangreichen Tests unterzogen, um die Praxistauglichkeit zu erkunden und zu belegen. Bei der Grundlagenuntersuchung gelten die Werkstoffe AW5182-H111 und DX54D sowie der Zusatzwerkstoff Z200 aus Al-Si3Mn1 als Ausgangsbasis. Das Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf ermittelte die Kornbildung in der Fügezone sowie den optimalen Zusatzwerkstoff. Dazu wurde die Electronic Back Scattering Detection (EBSD) benutzt.

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Schweißlötung übersteht Zugfestigkeits-Test unzerstört

Um die Zugfestigkeit zu testen, simulierten zwei unterschiedliche Proben die Werkstoffkombination, wie sie bei PKW-Dach- und Fensterrahmen sinnvoll sind. Dabei trat der finale Riss der Probe im Aluminiumblech auf, die Schweißlötung hingegen hat die Versuche unzerstört überstanden.

Das Korrosionsverhalten der ungeschützten Stahl-Aluminium-Platine wurde mit dem SST (Salt Spray Test) überprüft. Selbst nach 300 Stunden traten weder Spalt-Spannungs- oder interkristalline Korrosion auf. Allein an der Oberfläche zeigten sich geringe Korrosionsspuren.

Das Umformverhalten der Bleche spielt im Karosseriebau eine entscheidende Rolle. Nur wenn die Stahl-Aluminium-Platinen diese Voraussetzung positiv erfüllen, sind sie für die reproduzierbare Blechverarbeitung geeignet. Den Eignungsnachweis erbringen unterschiedliche Verformprozesse. Das Beispiel „Tiefziehen von Näpfchen“ demonstriert deutlich, dass das Tiefziehen selbst im Grenzbereich noch zu positiven Resultaten führt. Zudem ist man zu dem Ergebnis gekommen, dass eine höhere Lotreinheit eine größere Dehnungsrate ergibt. Die Parameter der Schweißlötung sollen für einen möglichst geringen Wärmeeintrag sorgen. Eine geringe Nahtüberhöhung unterstützt die Umformbarkeit.

Hybridplatinen absorbieren gezielt Energie bei Unfällen

Hybridplatinen bieten einen speziellen Nutzen, wenn sie konstruktiv als sicherheitsrelevante Komponenten vorgesehen werden. Sie können beispielsweise die Energie bei Unfällen gezielt absorbieren. Beim Hybrid-Lastträger erfolgt die Energie-Aufnahme praktisch ausschließlich im Aluminiumteil. Sowohl die Schweiß-Löt-Naht als auch das Stahlteil sind unbeschädigt. Im Gegensatz dazu ist beim reinen Stahlteil bei gleicher Energieaufnahme dieses deutlich stärker beschädigt. Entsprechend konstruierte Hybrid-Komponenten erfüllen bei Bedarf einerseits die Bedingungen der Energieabsorption und andererseits halten sie definierte Geometrien bzw. Abstände ein.

Das serientaugliche Produktionsverfahren für Stahl-Aluminium-Platinen eröffnet dem Leichtbau, z.B. für Karosserien, neue Möglichkeiten, um Gewicht, Energie und CO2-Emissionen einzusparen. Umfangreiche Tests belegen die Praxistauglichkeit und teilweise zusätzliche konstruktive sowie Anwendungsnutzen.

* Gerd Trommer ist freier Journalist

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