Linearantrieb Sonnenschein fürs Schattental: SKF bringt Licht ins Dunkel
Seit Menschengedenken bekamen die Einwohner des norwegischen Städtchens Rjukan nur selten Sonne ab: Weil das enge Vestfjord-Tal von Osten nach Westen verläuft, liegt ihr Wohnort von Oktober bis März ständig im Schatten. Nun sorgen SKF Solar Linear Aktuatoren des Typs CASD-60 in der dunklen Jahreszeit für mehr Licht.
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Linearantrieb Rjukan am 30. Oktober 2013: Gegen Mittag strömen alle 3.500 Einwohner der norwegischen Kleinstadt auf den Marktplatz. Die Geschäfte sind geschlossen, die Schule fällt heute aus. Über dem Ort kreisen Hubschrauber, Kamerateams aus aller Welt wuseln durch die Menge und der Bürgermeister bereitet sich auf eine Ansprache vor. An diesem Tag dreht sich alles um Sam Eyde. Genau einhundert Jahre ist es her, dass der in Deutschland ausgebildete Ingenieur die Menschen in der Vestfjord-Schlucht mit einer kühnen Idee begeisterte: Er hatte vor, ihnen mehr Sonnenschein zu schenken. Für die Bevölkerung ein Traum, weil sich die Sonne stets von Oktober bis März aus ihrem engen Talkessel verabschiedet.
1905, erst wenige Jahre vor Veröffentlichung dieser Idee, hatte Eyde das Unternehmen Norsk Hydro aus der Taufe gehoben. Der damals noch junge Konzern sorgte sehr schnell dafür, dass Rjukan wuchs: Durch den Bau des größten Wasserkraftwerks seiner Zeit am 104 Meter hohen Wasserfall Rjukanfossen siedelte sich dort immer mehr Industrie an. Zahlreiche Menschen zogen zu. Um deren Arbeitskraft zu erhalten, wollte der umtriebige Konzerngründer dem sechsmonatigen „Schattendasein“ seiner Angestellten ein Ende bereiten: mit Hilfe von Spiegeln auf dem Nordhang des finsteren Tals.
Was vor hundert Jahren noch nicht gelang, wird an diesem 30. Oktober 2013 endlich Wirklichkeit. Um 12:30 Uhr, nachdem sich eine letzte störende Wolke vom Himmel verzogen hat, reflektieren drei große Heliostaten das Sonnenlicht vom 450 Meter höher gelegenen Nordgrat hinunter nach Rjukan. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Städtchens, dass der Ortskern während der Dunkelperiode in hellem Licht erstrahlt: Vor Freude johlend setzt die Menge auf dem Marktplatz die mitgebrachten Sonnenbrillen auf. Zu verdanken haben die Menschen dieses „blendende Ergebnis“ auch den Solar Linear Aktuatoren des Typs CASD-60 von SKF.
„Normalerweise werden derartige elektromechanische Antriebe dazu benutzt, um die Module von Solarkraftwerken präzise am Sonnenverlauf auszurichten“, erläutert Markus Behn, Global Business Development Manager im Solar Energy Segment bei SKF. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die permanente, optimale Ausrichtung der Zellen zur Sonne sorgt für eine deutlich höhere Effizienz der gesamten Anlage. Zu diesem Zweck hat SKF die Solar Linear Aktuatoren mit einem ausgeklügelten Innenleben ausgestattet. Dazu gehören eine Spindel samt vorgeschaltetem Getriebe, ein Motor, die Lager, der Schmierstoff, zwei Endschalter und ein Encoder. „Die Steuerung, die unser Kunde beim Rjukan-Projekt übrigens von Deutschland aus überwacht, kommuniziert mit den Aktuatoren über ein CAN-Bus System“, ergänzt Behn.
Sämtliche Komponenten des Antriebs sind in einem abgedichteten Gehäuse untergebracht. Die ebenfalls abgedichteten Schub-/Schutzrohre ermöglichen auch die Verwendung unter härtesten Einsatzbedingungen. Außerdem verfügen alle SKF Solar Linear Aktuatoren über eine PTFE-Membran, die einen Druckausgleich im Aktuator während des Aus- und Einfahrens ermöglicht, dabei aber keinen Feuchtigkeitseintritt zulässt.
Dank ihrer robusten Konstruktion sind die SKF Solar Linear Aktuatoren für den Einsatz im rauen Klima rund um Rjukan geradezu prädestiniert: Auf dem zugigen Nordgrat oberhalb der Stadt treten schon mal Windgeschwindigkeiten von bis zu 140 Stundenkilometern auf. In einer solch harschen Umgebung setzen die Aktuatoren insgesamt drei Spiegel mit einer Fläche von jeweils 17 Quadratmetern und einem Gewicht von etwa 500 Kilogramm in Bewegung. „Die Bedingungen vor Ort stellten durchaus eine technische Herausforderung dar“, so Markus Behn. „Umso dankbarer bin ich den beteiligten SKF Kollegen aus Deutschland, Italien und China, deren gebündeltes Know-how diese Lösung überhaupt erst ermöglicht hat.“
Unter dem Strich sorgen die CASD-60 in einer Höhe von knapp 800 Metern über dem Meer nun dafür, dass die drei Heliostaten dem Sonnenverlauf automatisch folgen und das Licht stets auf eine etwa 600 Quadratmeter große Fläche ins Stadtzentrum hinunterwerfen. Dort kommen – je nach Witterung – zwischen 80 und 100 Prozent der reflektierten Sonneneinstrahlung an.
„Eine hundert Jahre alte Idee ist heute Wirklichkeit geworden“, begeisterte sich Bürgermeister Steinar Bergsland bei der feierlichen Inbetriebnahme der Spiegel. "Endlich haben wir auch im Winter ein Gefühl von Wärme und können die Sonne spüren – zumindest auf dem Markplatz, der nun wortwörtlich das helle Zentrum unserer Gemeinde darstellt.“
Nach Einschätzung von SKF ist dieses Projekt ein leuchtendes Beispiel dafür, dass moderne Solartechnik nicht nur in Sachen „Umweltschutz“ spürbare Vorteile bietet. Denn Rjukan habe gezeigt, dass sich das gebündelte Know-how von SKF auch hervorragend für eher soziokulturelle Zwecke nutzen lasse.
Den daraus resultierenden Fortschritt dürften die Einwohner Rjukans zwar ähnlich bewerten, an einer ganz bestimmten Tradition aus „dunklen Zeiten“ werden sie aber vermutlich doch festhalten: Schließlich ist ihr „Solfest“, mit dem sie seit je her die Rückkehr des Sonnenlichts ins Tal gefeiert haben, inzwischen zu einer Art „norwegischem Karneval“ avanciert. (ud)
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