Hannover Messe 2015 Smarte Fassaden senken Energieverbrauch
Gläserne Bürobauten gehören zu den großen Energiefressern. Sie müssen aufwändig klimatisiert werden. Ein von Fraunhofer-Forschern und Designern entwickeltes Fassadenelement für Glasfronten soll den Energieverbrauch senken. Dazu nutzt es die Wärmenergie der Sonne. Ein Demonstrator ist auf der Hannover Messe zu sehen.
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Fast 40 Prozent beträgt der Anteil von Gebäuden am gesamten Energieverbrauch in Deutschland. Das Heizen, Kühlen und Lüften ist kostenintensiv. Energieverschwender sind vor allem Bürogebäude mit großflächigen Glasfassaden: Im Sommer verwandeln sie sich in Treibhäuser, die nur aufwendig klimatisiert werden können. Im Winter steigt der Heizbedarf wegen der nicht ausreichenden Wärmedämmung der Glasflächen enorm.
Um den Energieverbrauch zu senken, entwickeln Forscher vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU in Dresden gemeinsam mit dem Fachgebiet Textil- und Flächen-Design der Weißensee Kunsthochschule Berlin Fassadenkomponenten, die autark auf Sonneneinstrahlung und die dadurch entstehende Wärme reagieren.
Wärmeenergie steuert Fassade
„Wir benötigen keinen Strom, sondern nutzen ausschließlich die Wärmeenergie der Sonne, um das Fassadenelement zu steuern“, sagt André Bucht, Wissenschaftler und Abteilungsleiter am IWU. „Innovative Technologie mit Gestaltung zu vereinen, war die Herausforderung bei diesem Projekt“, ergänzt Prof. Christiane Sauer von der Weißensee Kunsthochschule. „Wenn Gestalter und Wissenschaftler zusammenarbeiten, lassen sich zukunftsweisende Wege für intelligente Gebäudehüllen erschließen.“
Formgedächtnisaktoren reagieren auf Sonnenstrahlung
Der Demonstrator, der auf einem Entwurf der Designstudentin Bára Finnsdottir basiert, besteht aus einer Matrix von 72 einzelnen textilen Bauteilen, die wie Blüten aussehen. In die textilen Module integriert sind Formgedächtnisaktoren. Dabei handelt es sich um dünne, 80 Millimeter lange Drähte aus einer Nickel-Titan-Legierung, die sich an ihre Ausgangsform erinnern, wenn sie erhitzt werden.
- Erwärmt sich die Fassade durch die auftreffenden Sonnenstrahlen, werden diese Drähte aktiviert. Sie ziehen sich zusammen und öffnen dadurch geräuschlos die textilen Komponenten. Die offene Fläche des Fassadenelements schließt sich und das Sonnenlicht kann nicht in den Raum eindringen.
- Verschwindet die Sonne hinter den Wolken, schließen sich die Elemente und die Fassade ist wieder transparent. Der Effekt beruht auf einer besonderen Gitteranordnung im Werkstoff.
„Verbiegt man den Draht, behält er die Form. Erwärmt man ihn, erinnert er sich an die ursprüngliche Gestalt, die er vor dem Verbiegen hatte, und nimmt sie wieder ein. Man kann sich das Fassadenelement als Membran vorstellen, die sich den tages- und jahreszeitlichen Witterungsbedingungen anpasst und für jeden Sonnenstand den optimalen Schatten bietet“, erklärt Bucht.
Vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten
Der für großflächige Verglasungen konzipierte Sonnenschutz wird wahlweise an der äußeren Fensterscheibe oder im Zwischenraum einer mehrschichtigen Klimafassade angebracht. Die neuartige Struktur lässt sich problemlos nachinstallieren und bietet vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Sowohl Muster, Geometrie als auch Farbe der einzelnen Bauteile lassen sich einstellen. Im nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler zusammen mit Industriepartnern verschiedene Prototypen für Privat- und Bürogebäude entwickeln, die in Langzeituntersuchungen an einem Einfamilienhaus sowie am Institutsgebäude getestet werden sollen.
Vom 13. bis 17. April stellen sie den Demonstrator in Halle 2, Stand C22 vor. Messebesucher können die Fassade mit einer eigens entwickelten App aktiv per Tablet-Computer steuern.(mz)
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