Schweißen Schweißnähte automatisiert auslegen und bewerten

Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Monika Zwettler

Die Auslegung und Berechnung von Schweißnahtverbindungen stellt Konstrukteure häufig vor Herausforderungen, da es sich zum einen oft um eine hohe Anzahl an erforderlichen Schweißverbindungen handelt und sich zum anderen die Positionierung und Dimensionierung der Schweißverbindungen direkt auf Steifigkeit, Gewicht und Lebensdauer des Produktes auswirkt. Eine Software unterstützt durch Standardisierung und Automatisierung.

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Schweißen ist eines der am häufigsten eingesetzten Verfahren für unlösbare Verbindungen.
Schweißen ist eines der am häufigsten eingesetzten Verfahren für unlösbare Verbindungen.
(Bild: gemeinfrei / CC0 )

Schweißverbindungen sind in vielen Industriebereichen das am häufigsten verwendete Fügeverfahren für unlösbare Verbindungen. Beispiele finden sich im Maschinen- und Anlagenbau, dem Schiffbau oder in der Automobilindustrie, wo in den Fahrzeugkarosserien zahlreiche Widerstandsschweißpunkte, Laserschweißnähte und Schmelzschweißverbindungen eingesetzt werden. Schweißverbindungen sind als stoffschlüssige Verbindungsverfahren besonders für die Übertragung von Kräften, Biege- und Torsionsmomenten geeignet und bieten den Konstrukteuren ein kostengünstiges Verfahren zum Verbinden von kleinen Bauteilen bis hin zu Komponenten mit größten Abmessungen. Die Verbindungsmethode ermöglicht durch den Einsatz wesentlich geringerer Wanddicken eine wirtschaftliche, materialeffiziente Leichtbauweise und bietet darüber hinaus eine große konstruktive Gestaltungsfreiheit.

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Geprägt von manuellen Prozessen

Die Auslegung von Schweißnahtverbindungen stellt die Konstrukteure jedoch vor große Herausforderungen, da es sich zum einen oft um eine hohe Anzahl an erforderlichen Schweißverbindungen handelt und sich zum anderen die Positionierung und Dimensionierung der Schweißverbindungen direkt auf Steifigkeit, Gewicht und Lebensdauer des Produktes auswirkt. Daher gibt es in einigen Bereichen entsprechende Richtlinien (z. B. von DVS, FKM, Eurocode,…), die den Konstrukteur bei der Auslegung der Schweißverbindungen unterstützen. Darüber hinaus ist in verschiedenen Produktkategorien eine detaillierte Schweißnahtbewertung bzw. Schweißnahtzertifizierung vorgeschrieben. Die Auslegung und Berechnung von Schweißnahtverbindungen ist in vielen Unternehmen von manuellen Prozessen geprägt, was diesen Arbeitsablauf zeitaufwändig, kostenintensiv und fehleranfällig macht. Daher sind die Unternehmen bestrebt, automatisierte Verfahren einzusetzen, mit denen sowohl der Berechnungsschritt als auch die Schweißnahtqualifizierung entsprechend anwenderfreundlich gestaltet werden kann.

Schweißnähte automatisiert bewerten

Altair Engineering hat vor einiger Zeit den Weld Certification Director (WCD) veröffentlicht, der genau diese Herausforderungen adressiert. Er bietet einen standardisierten, vereinfachten und automatisierten Prozess zum Verifizieren von Schweißnähten in einem FE-Modell, entsprechend der erforderlichen Regulierung. Eingebettet in Hyperworks ermöglicht er es dem Benutzer, alle Schweißnähte und deren Status auf einen Blick zu erfassen. Die offene Architektur, die vielfältigen Konfigurationsoptionen sowie die eingebauten Möglichkeiten zur Automatisierung und Anpassung ermöglichen eine nahtlose Einbettung des Weld Certification Director in kundenspezifische Umgebungen oder Prozesse. Das Werkzeug und der gesamte Prozess hat Altair Engineering in den letzten 4 Jahren zusammen mit Kunden, unter anderem Stadler, Grimme, Bombardier Transportation, Deutsche Bahn und Amazone, spezifiziert und entwickelt.

Fokus auf Ergebnisinterpretation

Altairs WCD ist eine Kombination aus einer Basis-Software mit kundenspezifischen Ergänzungen und integrierten Leistungen, die es dem Ingenieur ermöglichen, die Zeit für die Identifikation und Analyse der mechanischen Eigenschaften der Schweißnähte drastisch zu reduzieren. Die Software ist vollständig in Altairs Hyperworks-Umgebung integriert, bietet einen automatisierten Ansatz, die Beanspruchung der Schweißnähte zu überprüfen und kritische Bereiche früh im Entwicklungsprozess zu identifizieren. Mit dem WCD können sich die Ingenieure auf die Ergebnisinterpretation konzentrieren, statt sich mit aufwändiger Datenverarbeitung, inklusive Datenvorbereitung, Extraktion, Konvertierung und Auswertung, die durchaus mehrere Tausend Schweißnähte umfassen kann, beschäftigen zu müssen. Die Lösung identifiziert automatisch Schweißnähte aus unterschiedlichen Verbindungstypen und ermöglicht den Ingenieuren eine schnelle und vollständige Untersuchung aller Schweißnähte einer Struktur. Diese Verifizierungen können auf Grundlage von Standard-Richtlinien oder kundenspezifischen Methoden durchgeführt werden.

Arbeiten mit dem WCD

Der WCD bietet dem Konstrukteur viele, hilfreiche Funktionen. Das Werkzeug unterstützt den Anwender z. B. bei der Dauerfestigkeits-Überprüfung der kompletten Struktur mit den unterschiedlichen Verbindungstypen, es identifiziert und klassifiziert die Schweißlinien der gesamten Struktur und bietet eine konsistente und effiziente Methode, einen vollständigen Schweißnaht-Verifizierungsprozess durchzuführen. Daher eignet sich der WCD insbesondere für Unternehmen, deren Produkte sehr viele Schweißnähte aufweisen und die verstehen wollen, wie sich dies auf das Strukturverhalten auswirkt. In den Fällen, in denen eine Schweißnahtzertifizierung erforderlich ist, profitiert der Anwender ganz besonders von den automatisierten Funktionen des WCD.

Das Arbeiten mit dem WCD kann in drei Bereiche unterteilt werden:

  • Vorbereitung: Der erste Schritt umfasst die Identifizierung, bei der die Schweißlinien ausgewiesen werden, für die eine Untersuchung erforderlich ist. Der Anwender wählt die Eingangsdaten, den zu verwendenden Solver und das Verfahren nach dem die Bewertung erfolgt.
  • Screening: Der Anwender kann mit einem vereinfachten Verfahren und verringerten Datenvorbereitungs- und Rechenaufwand kritische Schweißnähte erkennen. Das Ergebnis wird als Farbplot, zusammen mit Details im Schweißlinienbrowser, dargestellt.
  • Evaluation: Nach dem Screening definiert der Ingenieur alle erforderlichen Kenngrößen, darunter Kerbfall, Material, Auswerteabstand etc. Die Ergebnisse, inklusive der Kennzeichnung kritischer Schweißnähte, werden als Farbplot dargestellt. Die Berichterstellung ist optional und kann auf Basis von Kundenanforderungen hinzugefügt werden.

Der WCD in der Praxis

Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz des WCDs findet sich bei Tadano Faun. In seinem Entwicklungsprozess nutzt Tadano Faun Hyperworks, inklusive des WCDs, sowie einen simulationsgetriebenen Designprozess. Im Entwicklungsprozess werden die Simulationswerkzeuge bereits in der Ideenfindungsphase, wo die Gestaltungsfreiheit noch am größten ist und Änderungen des Designs noch nicht teuer sind, eingesetzt. Die Ingenieure Tadano Fauns waren mit ihren Eingaben zur Weiterentwicklung des Schweißnahtbewertungsprozesses auch an der Weiterentwicklung des WCDs beteiligt und konnten so sicherstellen, dass die Lösung praxisnah und unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Unternehmens gestaltet wurde. „Der Hyperworks Weld Certificate Director erlaubt uns, Optimierungspotentiale auszuschöpfen. Mit der schnellen Identifikation von gering belasteten Schweißnähten, hilft er uns, Fertigungskosten einzusparen. Im Rahmen der Strukturoptimierung können wir, dank der Berücksichtigung der Schweißnahtausnutzung, das Gewicht unserer Produkte deutlich reduzieren", erklärt Andreas Hofmann, General Manager Entwicklung bei Tadano Faun GmbH.

Kranhersteller nutzt eigene Auswertungsmethode

Auch bei dem Kranhersteller Terex Cranes ist der WCD im Einsatz. Terex hat, dank der offenen Architektur des WCD, eine eigene Auswertungsmethode integriert und nutzt das Werkzeug für eine schnelle und einfache Bewertung von Schweißnähten. Dadurch lassen sich Schweißnähte wirtschaftlicher gestalten, wovon das Unternehmen und nicht zuletzt seine Kunden enorm profitieren können. „Der WCD ermöglicht uns eine schnelle und einfache Bewertung unserer Schweißnähte. Die offene Architektur erlaubt es, unsere eigene Auswertemethode in den WCD zu integrieren, um wirtschaftlichere Schweißnähte und Produkte für unsere Kunden dimensionieren zu können“, kommentiert Dr. Urban von Terex.

WCD punktet bei Vorauslegungen der Ermüdungsfestigkeit

In der Schienenfahrzeugindustrie ist neben anderen vor allem Stadler Rail ein intensiver Nutzer des WCD. Das Unternehmen hat sich von Anfang an aktiv an der Spezifizierung und Entwicklung der Lösung beteiligt. „Wir schätzen den WCD vor allem wegen seiner Schnelligkeit bei Vorauslegungen im Bereich Ermüdungsfestigkeit. Beim WCD haben es die Altair Entwickler möglich gemacht, Schnittstellen zu anderen Postprozessoren, wie in unserem Fall zu Femfat, zu integrieren. So ermöglicht es uns der WCD, kritische Schweißnähte, z.B. bei der Auslegung von Wagenkästen, schnell und automatisiert zu beurteilen", sagte Dr. habil. Alois Starlinger, Leiter Statik, Dynamik und Zertifizierung bei Stadler Rail.

Eigene Modellierungsmethoden integriert

Ein weiterer Einsatzbereich für den WCD findet sich bei Landmaschinen. So setzt beispielsweise Amazone die Lösung ein, um Schweißkonstruktionen bei Bodenbearbeitungsgeräten zu bewerten und trägt aktiv zur Weiterentwicklung der Lösung bei. „Altair hat uns dabei unterstützt, eigene Modellierungsmethoden in den WCD einzubinden. Dadurch ist es uns möglich, die Schweißnähte schneller zu beurteilen und sicherzustellen, dass sie allen Regularien entsprechen", sagte Sebastian Kluge, Amazone Werke.

Zusammenfassung

Der WCD standardisiert, vereinfacht und automatisiert den Schweißnahtverifizierungsprozess und kann branchenübergreifend eingesetzt werden, da der Verifizierungsprozess auf allgemeine Richtlinien oder kundenspezifische Methoden angepasst werden kann. Die Vorteile liegen für den Anwender im Wesentlichen in einem insgesamt beschleunigten Gesamtprozess für Modellvorbereitung, Berechnung und Ergebnisauswertung, in einer geringeren Fehleranfälligkeit durch automatisierte Prozesse und einer höheren Genauigkeit, da alle erforderlichen Messpunkte berechnet werden. Eingebettet in Hyperworks ermöglicht er es dem Benutzer, alle Schweißnähte und deren Status auf einen Blick zu erfassen. Viele der bisher manuellen Arbeiten werden durch den WCD automatisiert abgedeckt. Die offene Architektur, die vielfältigen Konfigurationsoptionen sowie die eingebauten Möglichkeiten zur Automatisierung und Anpassung erlauben eine nahtlose Einbettung des Weld Certification Directors in kundenspezifische Umgebungen oder Prozesse. (mz)

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