Anwendertreff Maschinensicherheit Safety wird digital
Wie Konstrukteure im Jahr 2030 mit Safety umgehen und welche Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen, war Thema auf dem 8. Anwendertreff Maschinensicherheit.
Anbieter zum Thema

Wie kann die Maschinenrichtlinie mit der rasanten technologischen Entwicklung Schritt halten? Diese Frage zu beantworten, war Alois Hüning ein Anliegen auf dem 8. Anwendertreff Maschinensicherheit. Der Leiter des Kompetenzzentrums Werkzeugmaschinen/Fertigungssysteme bei der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) zeichnete ein umfassendes Bild der Faktoren, die im Jahr 2030 die Maschinensicherheit prägen werden. Dazu gehören aus seiner Sicht die komplett vernetzte Produktion, das Energiemonitoring, hohe Ansprüche an Security-Maßnahmen, ein Risikomanagement sowie offene Rechtsgrundlagen. „In diesem Umfeld werden Gefährdungsbeurteilungen Geschichte sein“, erwartet Hüning.
Software analysiert Gefahrenstellen
Stattdessen werden Maschinen deshalb sicher sein, weil Software schon bei der Simulation des Betriebs Gefahrenstellen analysiert, und zwar automatisch. Die Software schlägt dem Konstrukteur gleichzeitig eine Sicherheitslösungen vor. „Die Auswahl bedingt dann immer die sicherheitstechnisch richtige Umsetzung in die Steuerung“, betont Hüning.
Doch Hüning geht mit seinen Prognosen noch weiter: Um als Hersteller Rechtssicherheit zu schaffen, werde die Zahl der freiwilligen – und vor allem virtuellen – Prüfungen steigen. Security-Maßnahmen in einer smarten Fabrik hält Hüning in Zukunft vor allem im Zusammenhang mit der Energieversorgung für erforderlich. Schließlich gehe es in erster Linie immer um die Verfügbarkeit der Anlagen. Die ist aber eng mit der Energieversorgung verbunden, denn nur mit einer gesicherten Stromversorgung ist die Anlage auch verfügbar.
In seinem Vortrag „Bremst Safety die Konstruktion aus?“ plädierte Matthias Schulz eindringlich dafür, Sicherheitsanforderungen nicht als Innovationshemmer zu betrachten, sondern als Qualitätsziel, um sich damit vom Wettbewerb abzuheben.
:quality(80):fill(efefef,0)/images.vogel.de/shared/infinity/content-defaultimage.jpg)
Normen als Pay-per-use-Modell
Das werde Konstrukteuren und Entwicklern allerdings schwer gemacht, weiß Schulz aus unzähligen Beratungsgesprächen nur zu gut. Eine aufwendige und teure Normenrecherche, Sicherheitsanforderungen, die als unrealistisch eng aufgefasst werden sowie belastender „Papierkram“ im Zusammenhang mit dem CE-Kennzeichnungsprozess stehen der eigentlichen konstruktiven Arbeit im Weg. „Warum gibt es Normen eigentlich nicht als HTML5 oder in einer App mit ‚Pay-Per-Use‘-System?“, fragt sich daher wohl nicht nur Matthias Schulz.
Die Sicherheit wird in vielen Unternehmen „reparativ gehandhabt“; die Risikobeurteilung findet dann oft erst am fertigen Projekt statt.
Ein weiteres Hemmnis ist aus Schulz' Sicht die mangelnde Ausbildung in Sachen Maschinensicherheit. „Angehende Konstrukteure lernen noch immer kaum etwas über Sicherheit und Normung“, stellt der Safety-Experte fest und geht sogar soweit, Hochschulen und Technikerschulen eine Verweigerungshaltung zu attestieren. Darüber hinaus wird die Sicherheit in vielen Unternehmen „reparativ gehandhabt“; die Risikobeurteilung findet in diesen Fällen oft erst am fertigen Projekt statt. Für Schulz führt der hohe Kostendruck dazu, Safety als notwendiges Übel zu betrachten. „Das Produkt wird zu teuer“, hört Schulz in der täglichen Beratungspraxis oft.
Schulz sieht vier Lösungsansätze, die aus diesem Dilemma herausführen:
- Sicherheit fest in der Ausbildung von Ingenieuren verankern,
- die Normung in Struktur, Präsentation und Zugang zu stärken,
- Safety klar zu priorisieren und
- Prozesse festzulegen und zu leben.
So kann es gelingen Produktsicherheit als unabdingbares Qualitätskriterium zu betrachten. Schließlich, verwies Schulz auf das Grundgesetz, habe jeder „das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“.
(ID:46933618)