6. Anwendertreff Maschinensicherheit Safety von der Altmaschine bis zur Smart Factory

Autor Jan Vollmuth

Wann eine wesentliche Veränderung beim Umbau von Maschinen vorliegt und welche Konsequenzen mit dieser verbunden sind, war eines der dominierenden Themen, das Konstrukteure, Hersteller und Betreiber auf dem 6. Anwendertreff Maschinensicherheit am 26. September 2018 in Würzburg intensiv diskutierten.

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Auf dem Anwendertreff Maschinensicherheit konnten sich Konstrukteure, Entwickler und Hersteller informieren, was sie bei Safety alles beachten müssen.
Auf dem Anwendertreff Maschinensicherheit konnten sich Konstrukteure, Entwickler und Hersteller informieren, was sie bei Safety alles beachten müssen.
(Bild: K. Juschkat/konstruktionspraxis)

„Wesentliche Veränderungen von Maschinen bleibt das bestimmende Thema der Maschinensicherheit in den nächsten Jahren“, stellte Dipl.-Ing. Alois Hüning, Leiter Kompetenzzentrum Werkzeugmaschinen/Fertigungssysteme der Berufsgenossenschaft Holz und Metall, gleich in seiner Eröffnungs-Keynote klar.

Der Normen-Spezialist gab in seinem Vortrag vor rund 170 Teilnehmern nicht nur ein aktuelles Update zu den Entwicklungen der Maschinenrichtlinie, wie dem Leitfaden in der Version 2.1 sowie dem geplanten Refit für 2020 bzw. 2023, sondern ging auch detailliert auf die neuen Begriffsdefinitionen für Schutzeinrichtungen ein. Denn: Kann der Konstrukteur beim Umbau einer Altmaschine eine sogenannte einfache Schutzeinrichtung verwenden, liegt keine wesentliche Veränderung vor – eine erneute Abnahme der Maschine ist dann nicht nötig.

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Safety beim Retrofit bleibt ein Riesen-Thema

Mit seinem Vortrag gab Alois Hüning, Programmbeirat des Anwendertreffs Maschinensicherheit, der diesjährigen Veranstaltung die grundlegende Richtung: Lag 2017 Jahr der Schwerpunkt der Veranstaltung darauf, wie sich die zunehmende Digitalisierung auf die Sicherheitskonzepte von Maschinen auswirkt, rückten in diesem Jahr wieder Aspekte funktionaler Sicherheit in den Vordergrund: Normen und Standards, Retrofit oder die Verkettung von Maschinen und Anlagen, was sich vor allem in den Inhalten der vier Praxisforen widerspiegelte.

Dort standen Themen auf dem Plan wie: Riskobeurteilung in der Praxis; normenkonform Validieren nach ISO/TS 15066; Sicherheitsaspekte beim Verketten von Maschinen; Profisafe; Risiken mindern durch technische Schutzmaßnahmen; geprüfte Sicherheitslösungen für Linearbewegungen und Schutzzäune; Safety bei fahrerlosen Transportssystemen sowie Verantwortlichkeiten und Konsequenzen bei wesentlichen Änderungen von Maschinen und wie sich letztere vermeiden lassen. Die zum Teil lebhafte Diskussionen der Teilnehmer mit den Referenten zeigte die Relevanz der Themen.

Daneben blieb Zeit für einen Blick über den Tellerrand. Den ersten Blick warf Daniel Wuhrmann, Salary Partner der Reusch Rechtsanwaltsgesellschaft, wo er schwerpunktmäßig Mandanten aus dem Automobilzuliefererbereich berät. Der Anwalt ging in seinem für juristische Laien mehr als verständlichen Beitrag auf rechtliche Fragen im Zusammenhang mit dem autonomen Fahren und der funktionalen Sicherheit ein. Eine wichtige Rolle spielt hier unter anderem das Produkthaftungsgesetz, dessen Fallstricke er mithilfe anschaulicher Beispiele aufdeckte, die nicht nur Konstrukteure und Entwickler in der Automobilbranche den einen oder anderen Aha-Effekt entlockten.

MRL auch vor Industrie-4.0-Hintergrund relevant

Einen Blick in die nahe Zukunft warf Bernard Mysliwiec: Der langjährige Safety-Experte und Programmbeirat des Anwendertreffs Maschinensicherheit stellte in seinem Vortrag die Frage, in wie weit bei Industrie 4.0 die Einhaltung der Maschinenrichtlinie auf der Strecke bleiben wird – natürlich nicht, lautete das Fazit seines Vortrags. Für ihn ist Industrie 4.0 vielmehr "eine schöne Bezeichnung für verkettete Maschinen". Dementsprechend legte er in seinem Ausblick Lösungskonzepte dar, die auch Maschinen berücksichtigen, die über die Cloud verbunden sind.

Wieder als Referent mit von der Partie war Matthias Schulz, seit 1993 aktiv in der Beratung und Schulung zur Maschinensicherheit tätig sowie langjähriges Mitglied des Beirats für Normen der Tekom Gesellschaft für technische Kommunikation. Gewohnt unterhaltsam und mit einem Blick für das Detail gab er einen Überblick über die wichtigsten Schutzmaßnahmen und deren Anwendung. Dabei forderte er die Konstrukteure und Entwickler im Auditorium unter anderem auf, beim Konstruieren von Maschinen Risiken für den Anwender möglichst vollständig zu ermitteln und systematisch am liebsten durch inhärent konstruktive (früher eigensichere) Lösungen zu reduzieren oder beseitigen. Erst wenn es hier keine Möglichkeit gäbe, seien technische Schutzmaßnahmen das Mittel der Wahl.

Smarte Safety-Konzepte für die smarte Fabrik

In der Abschluss-Keynote stellte Dr. Detlev Richter vom TÜV SÜD ein modulares Safety-Konzept für die Smart Factory KL und dessen aktuellen Stand vor. Smart Factory KL ist ein Netzwerk von rund 50 Akteuren aus Industrie und Wissenschaft, die gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprojekte rund um Industrie 4.0 und die Fabrik der Zukunft durchführen. Basis des vorgestellten Safety-Konzepts ist eine durchgängige Safety-Betrachtung unter Zuhilfenahme der Digital Twins von Maschinen und Anlagen. In seinem Vortrag stellte Dr. Richter auch den Bezug zu laufenden Standardisierungen her.

Abgerundet wurde die erfolgreiche Veranstaltung von einer begleitenden Fachausstellung, bei der sich die Teilnehmer nicht nur weitere Informationen holen, sondern auch das Gehörte mit Experten im Gespräch vertiefen konnten. Der 7. Anwendertreff Maschinensicherheit findet am 25. September 2019 statt. (jv)

SEMINARTIPPNeue Methoden zur Bewertung von Sicherheitsfunktionen beschreibt die Norm ISO 13849. Wie diese Norm einzuhalten ist, dabei hilft das Seminar „Anwendung der Sicherheitsnorm DIN EN ISO 13849 beim Aufbau von Maschinensteuerungen“.
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