Klebverbindungen Neue Zentrifugentechnologie ermöglicht das Prüfen von Klebfestigkeiten
Mit einer neuartigen analytischen Zentrifuge lassen sich Klebverbindungen, Beschichtungen und Kompositwerkstoffe untersuchen. Die Proben müssen nicht mehr eingespannt sondern nur noch eingesteckt werden.
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Mit einer neuartigen analytischen Zentrifuge können Klebverbindungen, Beschichtungen und Kompositwerkstoffe untersucht werden. Die Idee der Wissenschaftler an der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung: Die Proben müssen nicht mehr eingespannt sondern nur noch eingesteckt werden. Durch das einfache Einstecken der Prüfkörper ist ein sehr schnelles Beladen möglich. Zudem lassen sich bis zu acht Proben gleichzeitig unter identischen Bedingungen prüfen. Konventionelle Zugprüfmaschinen waren und sind nur in der Lage, einen (eingespannten) Probekörper zu testen. Das von BAM-Forschern bereits 2004 zum Patent angemeldete Funktionsprinzip wurde seitdem von der Berliner LUM zum marktreifen Produkt weiterenwickelt.
Die resultierende Zeitersparnis liegt im Ergebnis bei etwa 85 Prozent. Wenn die Prüfstempel abreißen beziehungsweise der Verbund versagt, werden der Zeitpunkt, die aktuelle Rotationsgeschwindigkeit und der betroffene Probenplatz automatisch aus der laufenden Zentrifuge an einen Computer gesendet. Eine speziell entwickelte Software berechnet online die kritischen Kräfte und Zugspannungen und stellt die Ergebnisse dar. Das Prüfsystem sieht auf den ersten Blick wie eine herkömmliche Tischzentrifuge aus. In ihr läuft ein von LUM entwickelter Spezialrotor mit bis zu 13000 U/min. Durch aufgeklebte beziehungsweise anderweitig mit dem Prüfkörper verbundene Prüfstempel können Klebungen, Beschichtungen und Kompositwerkstoffe mit Zugkräften belastet werden. Wie bei einem Karussell wird die aus der Drehbewegung resultierende Zentrifugalbeschleunigung ausgenutzt. Man erreicht Beschleunigungen bis zu 10000 g. Dabei wirken auf die Proben Fliehkräfte von bis zu 6,5 kN.
"Durch die durchgehend realisierbaren Prüfkräfte von 0,1 N bis 6,5 kN sind nahezu beliebige Prüfabläufe sowohl für Kurzzeitbeanspruchungs- als auch Langzeitermüdungstests programmierbar“, sagt Professor Dietmar Lerche, Geschäftsführer der auf analytische Zentrifugen spezialisierten LUM in Berlin. Und der BAM-Fachbereichsleiter Uwe Beck ergänzt: „Das vollautomatisierte Auf-Tisch-Prüfsystem ist sowohl für Forschung und Entwicklung als auch für die industrielle Qualitätssicherung gleichermaßen interessant“. Der Durchmesser der Prüffläche kann bis zu 10 mm betragen, die maximalen Probenabmessungen liegen derzeit bei 30 mm x 30 mm x 15 mm. Die dabei prüfbare Zugfestigkeit beträgt bis zu 82,5 N/mm². Für die Umsetzung der neuartigen Technologie in der Materialprüfung, insbesondere der innovativen Hard- und Softwarelösungen, bekam LUM den Innovationspreis Berlin-Brandenburg 2012 verliehen. Noch ist die Entwicklung aber nicht beendet: Unter Federführung beziehungsweise Mitwirkung der BAM werden zusammen mit der LUM und weiteren Partnern in zwei Verbundprojekten neue Anwendungen auf Zukunftsfeldern der Werkstofftechnik beziehungsweise der Materialforschung bearbeitet: Das Quo Vadis-Projekt im BMWi-Programm MNPQ zur Qualitätssicherung von Kompositwerkstoffen und das Oktett-Projekt im AiF-Programm ZIM zur Validierung der Prozesskette Kleben. (bm)
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