Elektromotoren & Frequenzumrichter Moderne Antriebstechnik sorgt für sichere und flotte Bergfahrt

Redakteur: Ines Stotz

Die spektakuläre Schweizer Seilbahn Eiger Express führt vom Grindelwald Terminal zur Station Eigergletscher und ist der zweite Arm der V-Bahn. ABB hat für den Eiger Express – wie auch für die Gondelbahn auf den Männlichen – die Antriebslösungen beigesteuert.

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Die Gondeln des Eiger Express weisen eine Geschwindigkeit von fast 30 km/h auf.
Die Gondeln des Eiger Express weisen eine Geschwindigkeit von fast 30 km/h auf.
(Bild: Jungfraubahnen)

Die Aussicht durch die beheizten Panaromafenster der Kabinen ist einmalig. Links die legendäre Eigernordwand. Rechts das Lauberhorn. Hinten der Talkessel mit Grindelwald. Vorne die Station Eigergletscher, wo es entweder auf die Piste, den Wanderweg oder weiter hoch zum Jungfraujoch geht.

Der im Dezember 2020 in Betrieb genommene Eiger Express in der Schweiz beeindruckt auch durch seine technischen Daten: Die Gondeln verkehren mit einer Geschwindigkeit von 8 m/s, also knapp 29 kmh. Üblich sind 6 m/s. Das fällt den Fahrgästen spätestens bei der rasanten Einfahrt in die Station Eigergletscher auf, wo die Gondel kontrolliert auf die Stationsgeschwindigkeit abgebremst wird. So legt die Bahn eine Fahrstrecke von knapp 6,5 km und eine Höhendifferenz von 1.385 m in lediglich 15 Minuten zurück.

Vier Elektromotoren mit Frequenzumrichtern

Die Antriebslösung für diese spektakuläre Seilbahn hat ABB geliefert: vier Elektromotoren mit einer Leistung von je 500 kW, jeweils angetrieben von einem rückspeisefähigen Frequenzumrichter vom Typ ACS880. „Für unseren Endkunden, die Jungfraubahnen, hat die maximale Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Eiger Express oberste Priorität. So hat sich unsere Unternehmensgruppe für den Einsatz von Motoren und Frequenzumrichter von ABB entschieden. Wir sind von deren Qualität überzeugt und kennen ABB aus Erfahrung als verlässlichen Partner“, so Raphael Reinle, verantwortlicher Projektleiter bei Garaventa.

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Das Buch Praxishandbuch Antriebsauslegung hilft bei der Auswahl der wesentlichen Bestandteile elektrischer Antriebssysteme: Motor, Getriebe, Stellgerät, Netzversorgung sowie deren Zusatzkomponenten. Auch auf die Berechnung wird intensiv eingegangen.

Die Garaventa AG ist der Schweizer Teil der Doppelmayr/Garaventa Gruppe, welche den Eiger Express realisierte. Die Frey AG Stans, Tochterunternehmen der Gruppe, zeichnet für die elektrische Steuerung verantwortlich und hat die Antriebslösung von ABB integriert.

Der Verfügbarkeit der Bahn dient die Auslegung mit den vier Paketen aus Motor und Frequenzumrichter, die in der Station Eigergletscher installiert sind. Selbst wenn einer dieser Antriebsstränge ausfallen sollte, fährt der Eiger Express weiter. Mit der etwas geringeren Geschwindigkeit von 6 m/s, aber bei voller Auslastung.

In den 44 Gondeln der Seilbahn können 2.200 Personen pro Stunde befördert werden. „Die größte Leistung muss das System beim Ausgaragieren aus dem Terminal in Grindelwald Grund bringen, wenn talwärts noch keine Gondeln als Gegengewicht wirken“, erklärt Reinle. Für das Garagieren, mit dem die Gondeln bei Betriebsschluss vor Umwelteinflüssen geschützt werden, sind ebenfalls Dutzende Frequenzumrichter von ABB im Einsatz.

Energie beim Abbremsen in der Station wird genutzt

16 rückspeisefähige ABB-Umrichter sind zudem für das Beschleunigen und Abbremsen der Gondeln bei der Berg- und Talstation installiert. Die dabei anfallende kinetische Bremsenergie wird in elektrische Energie umgewandelt und ins Netz rückgespeist. Bei einer voll besetzten Gondel lassen sich so jeweils rund 30 Wh rekuperieren. Die zurückgewonnene Bremsenergie bei einem Umlauf der 44 Gondeln – jeweils Berg- und Talstation – beträgt etwa 2,5 kWh. Auf das gesamte Betriebsjahr hochgerechnet, kommt so einiges an rekuperierter Energie zusammen.

Der Eiger Express ist eine 3S-Bahn, welche die Vorteile einer Gondel- mit jener einer Pendelbahn zu einer kuppelbaren Umlaufbahn kombiniert. Die beiden Tragseile sorgen für eine hohe Stabilität auch bei starkem Wind. „Das konnten wir am Eröffnungstag hier live erleben und bestätigen. Der Föhn blies mit bis zu 100 kmh ins Tal. Es war wirklich beeindruckend, wie ruhig die Gondeln blieben. Im Innern spürten wir kaum etwas vom Sturm“, erinnert sich Reinle.

Die Gondeln sind die derzeit wohl modernsten Seilbahnkabinen der Welt. Die 26 Sitzplätze können ebenso beheizt werden wie die Panoramaverglasung – damit im Winter die Aussicht ungetrübt bleibt. Zwei Bildschirme bieten den Fahrgästen Informationen. Die Energie dafür wird von jeder Gondel selbst erzeugt, mit neuentwickelten Laufrollengeneratoren. Die acht Rollen versorgen so jede Kabine unterwegs mit 4 kW Leistung.

Der zweite Schenkel der V-Bahn

Der Eiger Express ist der zweite Schenkel der V-Bahn. Er teilt sich mit der Ende 2019 eröffneten Männlichenbahn den modernen, an das öffentliche Bahnnetz angeschlossene Grindelwald Terminal. Mit einer Länge von 6.100 m ersetzte die 10er-Gondelbahn Grindelwald-Männlichen im Rahmen des Projekts V-Bahn die alte Gondelbahn aus dem Jahr 1978. Sie hat mit 111 Gondeln die Beförderungskapazität von 900 auf 1.800 Gäste pro Stunde verdoppelt und die Fahrzeit von 30 Minuten auf 19 Minuten verkürzt. Angetrieben wird sie von zwei 800-kW-Motoren von ABB mit je einem rückspeisefähigen Frequenzumrichter.

Die Bezeichnung Generationenprojekt wird der V-Bahn gerecht. Ganze 470 Millionen Franken haben die Jungfraubahnen dafür im Berner Oberland investiert. Damit verkürzt sich etwa die Reisezeit auf das Jungfraujoch um eine Dreiviertelstunde, was die Attraktivität vom „Jungfraujoch – Top of Europe“ als Schweizer Tourismushighlight weiter erhöht.

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