3D-Visualisierung Mit dem 3D-Scanner Schädelknochen rekonstruieren

Redakteur: Katharina Juschkat

Wie ähnlich sahen uns unsere menschlichen Vorfahren? Auf diese Frage versuchen Wissenschaftler von der Universität Dundee in Schottland eine Antwort zu finden. Mithilfe des 3D-Scanners Artec Eva können Forscher die Erscheinung eines verstorbenen Menschen rekonstruieren und wollen die umfangreiche Schädelsammlung der Universität digitalisieren.

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Die Wissenschaftlerin Caroline Erolin scannt ein Gorillaskelett im D’Arcy Thompson Zoology Museum.
Die Wissenschaftlerin Caroline Erolin scannt ein Gorillaskelett im D’Arcy Thompson Zoology Museum.
(Bild: Artec 3D)

Archäologische Gesichtsrekonstruktion ist derzeit sehr gefragt in Museen und bei Dokumentarfilmemachern. Erst kürzlich wurde das Gesicht des „Thankerton Man“ für das Museum von Biggar und Upper Clydesdale in Schottland nachgebildet. Der 1970 im schottischen Dorf Thankerton in einer Steinkiste gefundene Schädel wurde mit Radiokarbonmethode auf die Zeit zwischen den Jahren 2460 und 2140 v. Chr. datiert und auf 18 bis 25 Jahren geschätzt.

3D-Scanner hilft bei forensischer Gesichtsrekonstruktion

Der „Tankerton man“, rekonstruiert an der Universität Dundee, lebte wahrscheinlich zwischen 2460 und 2140 v. Chr.
Der „Tankerton man“, rekonstruiert an der Universität Dundee, lebte wahrscheinlich zwischen 2460 und 2140 v. Chr.
(Bild: Artec 3D/ BBC)

Die Arbeit der Wissenschaftler Caroline Erolin und Dr. Christopher Rynn beschränkt sich nicht allein auf archäologische Gesichtsrekonstruktion. Sie leiten auch die Master-Studiengänge Medical Art und Forensic Art and Facial Identification am Centre for Anatomy and Human Identification (CAHID) an der Universität Dundee. Sie arbeiten mit politischen Entscheidungsträgern, beteiligen sich an der Lösung medizinischer und krimineller Fälle und unterstützen damit die Strafgerichtsbarkeit Großbritanniens bei der Beweisaufnahme.

Kürzlich wandte sich das Zentrum an Patrick Thorn & Co., Artecs britischem Gold-Partner, um einen Artec-Eva-3D-Scanner zusammen mit einem Ausbildungspaket zu kaufen. Damit will das Zentrum seine Methoden für Visualisierungen verbessern. „Bisher ist der Scanner ein großer Hit unter unseren Studenten, die u.a. Techniken zur forensischen Gesichtsrekonstruktion lernen, um nicht identifizierte sterbliche Überreste zu erkennen“, sagt Caroline Erolin. „Die Studenten üben Ihre Fähigkeiten an Abdrücken aus Computertomographie-Daten, die von lebenden Individuen stammen. Nun aber können wir auch Schädelknochen scannen.“

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Scans beschädigen den eigentlichen Schädel nicht

Der Rekonstruktionsprozess umfasst das Nachbauen der Gesichtsanatomie auf dem Schädel. Dies kann mit Ton auf dem Abdruck gearbeitet oder digital auf einen Scan auf dem Computer modelliert werden. Die Arbeit mit Scans bringt Vorteile: Es beschädigt nicht den eigentlichen Schädel, außerdem können nach der Digitalisierung die Schichten der Rekonstruktion getrennt voneinander betrachtet und modelliert werden. Nach der Fertigstellung kann die endgültige Gesichtsrekonstruktion mit dem Gesicht des lebenden Individuums verglichen werden.

Ein Arbeitsschritt umfasst die Rekonstruktion der Gesichtsmuskeln mit Wachs, um ein detailliertes und lebensechtes anatomisches Modell machen zu können. Die Studenten lernen hier sowohl Gesichtsanatomie als auch bildhauerisches Können, bevor sie an den oben beschriebenen Rekonstruktionen arbeiten. Einige Studenten nutzen Artec Eva zum Scannen ihrer Modelle und zur Erstellung digitaler Versionen, die mit Artecs Viewshape online geteilt und kommentiert werden können.

Universität will Schädelsammlung online zugänglich machen

Ein anderes Projekt, an dem das Personal bei CAHID arbeitet, ist die Digitalisierung der Sammlung D’Arcy Thompson Zoology. Das zoologische Museum der Universität verfügt über viele faszinierende Proben aus der ganzen Welt. Die Sammlung kann online durchsucht werden. Die meisten Proben wurden von Sir D’Arcy Wentworth Thompson, dem ersten Professor für Biologie in Dundee und Autor des 1917 veröffentlichten bedeutenden Buchs „On Growth and Form“, gesammelt.

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Die Hoffnung ist, die Sammlung für alle zugänglicher zu machen – eingeschlossen die normalen Besucher, die örtliche Bevölkerung sowie Mitarbeiter und Studenten. Nach dem Scannen soll ein virtuelles Online-Museum entstehen, wo 3D-Modelle von Proben betrachtet werden können. Einige werden auch 3D-gedruckt, sodass sie an Tagen der offenen Tür angefasst oder auch in Schulen mitgebracht werden können.

„Viele der Proben sind sehr komplex und erfordern mehrfache Scans aus verschiedenen Winkeln.“, sagt Caroline. „Ein Schädel zum Beispiel erfordert üblicherweise mindestens zwei Scans – einen von der oberen Fläche und einen von unten. Oder sogar mehr, wenn der Unterkiefer getrennt gescannt wird.”

Schädel sind schwer zu scannen

Schädel können schwierige Objekte zum Scannen sein, da sie viele komplizierte Details und Rundungen haben. „Dennoch scheint der Scanner Eva die meisten dieser Details gut erfassen zu können. Es hilft, dass der Scanner so handlich ist, da er so zusammen mit dem Artec-Akkusatz und unserem Laptop direkt in das Museum zum Scannen vor Ort mitgenommen werden kann. Die Texturerfassung von Eva ist hervorragend und lässt sich gut in andere 3D-Software wie Z-Brush, exportieren.“

Nach ihrer positiven Erfahrung mit Artec Eva haben CAHID einen Artec Space Spider erworben, um das Erfassen kleinerer und detaillierterer Proben zu ermöglichen. Zudem sollen sich die großen Scans von Eva mit Space Spiders höherer Detailgenauigkeit kombinieren lassen, was für die Spezialisten am Zentrum eine perfekte Lösung ist.

„Damit wollen wir unseren Studenten eine größere Bandbreite an 3D-Scanning-Techniken beibringen – mit großen Exemplaren wie Elefantenschädeln bis hin zu winzigen Knochenproben“, sagt Caroline. „Früher nutzten wir einfache Laserscanner, die weniger detailgenau waren und keinerlei Farben erfassten, was für uns eine Einschränkung war. 3D-Scanning ist heutzutage erschwinglicher und leichter durchzuführen wie früher.“

Der Plan von CAHID umfasst die Digitalisierung seiner gigantischen Schädelsammlungen. Darunter befindet sich auch die Scheuer Collection für jugendliche Knochenkunde, die als das einzige aktive Repositorium für Knochenüberreste von Minderjährigen auf der Welt gilt. Es umfasst Überreste von über 100 minderjährigen Individuen und ist aus archäologischen sowie historischen anatomischen Quellen gesammelt. Viele dieser Proben sind sehr empfindlich und ihre Nutzung ist stark reglementiert. Durch die Digitalisierung der Sammlung sollen sie für Studenten sowohl online in visueller Form als auch in Form von 3D-gedruckten Proben zugänglicher gemacht werden. (kj)

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