Digitalisierte Antriebstechnik Maschinenstillstände intelligent reduzieren

Von Michael Herkert, Produktmanager, und Andreas Kolibius, Vertriebsingenieur, beide bei der Wittenstein alpha GmbH, Igersheim

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Der Verpackungsmaschinenspezialist Koch Pac-Systeme ist mit seinen digitalen Serviceprodukten ein Pionier der Digitalisierung im Maschinenbau. Im Predictive Pack zur Überwachung von Verschleißteilen setzt das Unternehmen auf smarte Getriebe und Smart-Service-Expertise von Wittenstein.

Getriebe von Wittenstein Alpha mit Cynapse-Funktionalität – also mit integrierter Sensorik, Logik und einheitlicher IO-Link-Datenausgabe – sind in der Lage, das Betriebsverhalten von Antriebsachsen zu erkennen.
Getriebe von Wittenstein Alpha mit Cynapse-Funktionalität – also mit integrierter Sensorik, Logik und einheitlicher IO-Link-Datenausgabe – sind in der Lage, das Betriebsverhalten von Antriebsachsen zu erkennen.
(Bild: WITTENSTEIN SE)

Neue Wertschöpfungspotenziale für die Hersteller, neue Mehrwerte für die Betreiber – die Digitalisierung im Maschinenbau eröffnet allen Beteiligten völlig neue Möglichkeiten. „Die Herausforderung für uns als Verpackungsmaschinenhersteller ist es, smarte Produkte und Services kommunikations- und informationstechnisch in die digitale Infrastruktur unserer Maschinen und Anlagen zu integrieren“, sagt Jürgen Welker, Director Automation and Technology der Koch Pac-Systeme GmbH in Pfalzgrafenweiler. „In den letzten zehn Jahren sind wir immer mal kleinere Digitalisierungsprojekte angegangen. Seit letztem Jahr nun sind wir mit insgesamt acht digitalen Serviceprodukten, unseren K 4.0 Smartpacks, am Markt – und freuen uns über die große Nachfrage.“ Kein Wunder, denn die Smartpacks stehen für mehr Produktivität, erhöhte Verfügbarkeit und optimierte Gesamtanlageneffektivität – genau das, worauf die Betreiber von Maschinen Wert legen.

Optimierungspotenziale frühzeitig erkennen

Star des K-4.0-Smartpack-Portfolios ist aktuell der Predictive Pack. Dieses digitale Serviceprodukt hilft, Maschinenstillstände zu vermeiden und Optimierungspotenziale frühzeitig zu erkennen. Zusätzlich gewährleistet es nachhaltige Verpackungsprozesse sowie eine verbesserte Verpackungsqualität und liefert zudem einen Überblick über alle Produktionszahlen und den Gesamtenergieverbrauch einer Maschine. „Die Getriebe von Wittenstein Alpha mit integrierter Cynapse-Funktionalität sowie die bei Wittenstein hierfür entwickelten Smart Services sind die ideale Basis für unseren Predictive Pack“, erklärt Dipl.-Ing. Simon Brehmer, Head of Technology and Digitalization bei Koch Pac-Systeme.

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Jürgen Welker ergänzt: „Es gibt nur ganz wenige Komponentenhersteller am Markt, von Antriebsherstellern ganz zu schweigen, die mit so viel Know-how in Sachen IIoT-Umsetzung unterwegs sind. Auf diese Expertise greifen wir als Maschinenbauer zu. Dies spart uns eigenen Entwicklungsaufwand, verkürzt so die ‚time to market‘ der Smartpacks und gibt uns zugleich die Gewähr, technologisch auf dem richtigen Weg zu sein.“

Getriebe erkennen das Betriebsverhalten von Antriebsachsen

Getriebe von Wittenstein Alpha mit Cynapse-Funktionalität – also mit integrierter Sensorik, Logik und IO-Link-Datenschnittstelle – erkennen das Betriebsverhalten von Antriebsachsen. Gleichzeitig bilden sie die technologische Grundlage für die Entwicklung von Smart Services, die mit Daten rund um den Antriebsstrang Informationen für bessere Prozesse erhalten. Als integraler Bestandteil des digitalen Serviceproduktes Predictive Pack von Koch Pac-Systeme ermöglichen die Getriebe mit Cynapse und die Smart Services von Wittenstein in den Maschinen des Verpackungsspezialisten eine vorausschauende Wartung von Getrieben. Ergänzend werden im Predictive Pack andere Komponenten wie Vakuumsysteme, Sensoren, Motoren und pneumatische Bauteile überwacht, visualisiert sowie lokal in der Maschine und auch in Cloud-Applikationen genutzt.

Die Maschinengröße spielt dabei keine Rolle: „Ob kleinere Verpackungsmaschinen für Konsumprodukte mit einem Industrie-PC (IPC), ein paar Servoachsen und etwa 20 digitalen I/Os oder Großanlagen für komplexe Verpackungslinien mit 120 Servoantrieben, mehreren Tausend digitalen I/O-Robotern und umfangreicher Software – unsere Smartpacks, insbesondere der Predictive Pack, können überall überzeugen“, sagt Simon Brehmer. „Die Betreiber wollen, dass die Maschinen laufen, und dies erreichen wir durch ein kontinuierliches Performance-Monitoring aller relevanten Maschinenteile. Unser Predictive Pack analysiert beispielsweise den Stromverbrauch eines Antriebsstrangs, sich ändernde Drehzahlen oder auch auftretende Vibrationen und Geräusche. Diese Informationen werden auf ‚in Ordnung‘ oder ‚nicht in Ordnung‚‘ beurteilt. Zusammen mit den Betriebs- und Zustandsdaten von Komponenten an anderen Maschinenpunkten, etwa Durchflusssensoren von Vakuumerzeugern, werden sie zentral im Gehirn der Maschine, einem eigenen IPC mit State-of-the-Art-Bedienpanel und Anbindung an das Cloudsystem Azure mit dem Dienst IoT Hub, aggregiert, verarbeitet und angezeigt – bis hin zu konkreten Handlungsanweisungen für das Bedienpersonal.“

Für alle Getriebe von Wittenstein Alpha einheitlich

Produkte und Services für die Digitalisierung von Maschinen sind meist in bereits vorhandene Mechanik-, Kinematik und IT-Strukturen zu integrieren. Bei Getrieben mit Cynapse-Funktionalität geschieht dies ohne jegliche mechanisch-konstruktive Änderung, denn das Sensorik-, Logik- und IO-Link-Modul ist vollständig in das jeweilige Getriebe integriert, z. B. ein TP+ 050 an einer Prägeachse oder ein DP+ 010 an einem Deltaroboter. Zudem ist das Modul für alle Getriebe von Wittenstein Alpha einheitlich – und so maschinenweit immer einheitlich integrierbar. Dies gilt auch für die IT-Anbindung über das Kommunikationssystem IO-Link. „Sogar das Retrofit bestehender Maschinen wird dadurch auf einfache Weise möglich“, sagt Simon Brehmer und weist darauf hin, dass Smartpacks wie der Predictive Pack auch für bereits ausgelieferte Maschinen verfügbar sind.

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Abhängig von der Maschinentaktrate, Wert des zu verpackenden Produkts, einem möglichen Produktverlust bei Prozessstillstand und daraus resultierendem Reinigungs- und Instandsetzungsaufwand, ist die Investition in den Predictive Pack bereits bei einem vermiedenen Maschinenausfall wieder raus.

Jürgen Welker, Koch Pac-Systeme GmbH

Abweichungen vom Normalzustand, auch schleichende, werden zuverlässig erkannt und das Risiko eines kurzfristigen Maschinenausfalls minimiert. „Der kann teuer werden“, sagt Jürgen Welker. „Abhängig von der Maschinentaktrate, also Durchsatz, Ausfalldauer, Wert des zu verpackenden Produkts, einem möglichen Produktverlust bei Prozessstillstand und daraus resultierendem Reinigungs- und Instandsetzungsaufwand, ist die Investition in den Predictive Pack bereits bei einem vermiedenen Maschinenausfall wieder raus.“

Der Betreiber kann mit dem Predictive Pack die Performance der Maschine also aktiv optimieren – und dabei von außen durch Koch Pac-Systeme unterstützt werden. „Diese Option wird im Gegensatz zu noch vor ein bis zwei Jahren bei vielen unserer Kunden immer beliebter“, sagt Simon Brehmer. „Immer mehr Unternehmen erkennen die Vorteile eines sicheren Remote-Datenzugriffs, direkt oder über eine Cloud, für ihre Gesamtanlageneffektivität. Und im Zuge der Corona-Pandemie mussten sie sich in vielen Fällen daran gewöhnen, Service- und Wartungsarbeiten so weit wie möglich digital und remote zu organisieren und durchzuführen. Das hat viele Skeptiker überzeugt. Wer den Predictive Pack dennoch nur im Intranet nutzen möchte, kann dies selbstverständlich tun.“

Fokus auf nachhaltigen Verpackungslösungen

Ob Drehtisch-, Blister- oder Kartonverpackungsmaschinen, ob Zuführ- und Handlingsysteme oder Kontroll- und Inspektionslösungen – seit mehr als 30 Jahren stellt sich Koch Pac-Systeme mit nachhaltigen Verpackungslösungen der Verantwortung für die Umwelt. Beispiele hierfür sind nicht nur kunststofffreie Verpackungen, recycelbare Einstoffverpackungen oder die mit dem Deutschen Verpackungspreis 2021 prämierte, papierbasierte Verpackung Cycle Form, sondern auch technologische Innovationen, durch die weniger Material verbraucht, nachwachsende Rohstoffe verwendet, Abfall vermieden und Maschinenressourcen noch effizienter genutzt werden können.

„Unsere K 4.0 Smartpacks, insbesondere der Predictive Pack, machen unsere Verpackungsmaschinen noch nachhaltiger“, so Jürgen Welker. „Die digitale Maschinen- und Prozessüberwachung reduziert Packmitteleinsatz und Abfall, vermeidet Ausschuss und Produktverlust, optimiert Reinigungszyklen und spart so Reinigungsmittel-, Wasser- und Energieverbrauch und optimiert die Prozesseffizienz. Unsere Smartpacks sind also nicht nur funktionale, sondern auch umweltgerechte Ausstattungsmerkmale unserer Maschinen.“

Digitale Services verzeichnen steigende Nachfrage

Für Koch Pac-Systeme hat sich die Umsetzung des Predictive Packs mit Wittenstein Alpha zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt – und Getriebe mit Cynapse zum künftigen, maschinenweiten Standard gemacht. „Anfangs sind wir davon ausgegangen, dass ein eher geringer Anteil unserer Maschinen mit diesem digitalen Service bestellt wird, doch schon jetzt beträgt der Anteil etwa ein Drittel“, sagt Jürgen Welker. „Hält diese Dynamik an, sind durchaus fast 100 Prozent denkbar. Damit wäre der Predictive Pack eine Standardausstattung, die Kunden gegebenenfalls aktiv abbestellen müssten, wollten sie darauf verzichten.“

Buchtipp

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Auch im Mutterkonzern, der Uhlmann Gruppe, ist man auf Getriebe mit Cynapse-Funktionalität und die Smart Services von Wittenstein aufmerksam geworden und hat ein erstes Testsystem bestellt. Parallel dazu arbeiten Koch Pac-Systeme und Wittenstein an neuen Funktionalitäten für den Predictive Pack, so zum Beispiel an einer Anomalieerkennung, die ungewohntes Betriebs- und Prozessverhalten einer Maschine frühzeitig erkennt. Mit ihr wird es dann unter anderem möglich sein, Fehler vor dem Entstehen zu bemerken und auf diese Weise eventuell mögliche Maschinenstillstände proaktiv zu vermeiden. (jv)

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