Lineartechnik Linearachse ermöglicht vollautomatisiertes Schleifscheibenhandling

Mit einem vollautomatisierten Kompaktmagazin für bis zu 70 Schleifscheiben und 20 Kühlmittelschutze macht Haas seine Schleifmaschinen deutlich variantenreicher. Ein Linearachssystem von Schunk bildet das Herzstück.

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Das Schunk-Achssystem ermöglicht einen hochflexiblen, mannlosen Schleifbetrieb. Auf engstem Raum werden Schleifscheiben, Fräser und Kühlmittelschutze kombiniert.
Das Schunk-Achssystem ermöglicht einen hochflexiblen, mannlosen Schleifbetrieb. Auf engstem Raum werden Schleifscheiben, Fräser und Kühlmittelschutze kombiniert.
(Bild: Schunk)

Sinkende Losgrößen, verkürzte Produktlebenszyklen, ein hoher Kostendruck sowie die Forderung, Werkstückänderungen möglichst unmittelbar umsetzen zu können, bestimmen mehr und mehr die Maschinenkonzepte beim Schleifen. Längst sind die Zeiten vorbei, als ein und dasselbe Produkt sieben oder acht Jahre lang unverändert lief. Wenn in der Luftfahrt oder der Medizintechnik komplette Teilefamilien mannlos produziert werden sollen oder komplexe Werkstücke bearbeitet werden müssen, stoßen selbst moderne Schleifmaschinen an Grenzen, da die Zahl der Werkzeuge bei hoher Varianz nicht ausreicht. Haas Schleifmaschinen hat das Anliegen des Marktes aufgenommen und ein modular nutzbares Werkzeugmagazin entwickelt, das genau diesen Engpass beseitigt. Geschäftsführer Thomas Bader: „Die ersten Anwender sind begeistert. Seit Einführung des Systems sank deren Rüstzeit von mehreren Wochen auf wenige Tage pro Jahr.“

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Bis es so weit war, galt es, eine besondere Herausforderung zu meistern: Das Magazin sollte eine möglichst kleine Grundfläche (2000 mm × 2400 mm) beanspruchen. Zugleich musste es ausreichend Raum bieten für eine große Zahl von Schleifscheiben mit Durchmessern zwischen 20 mm und bis zu 300 mm sowie für die entsprechenden Kühlmittelschutze, die passend zur jeweiligen Größe mit den Schleifscheiben kombiniert werden.

Der Kniff gelang mit einem individuell konstruierten, einbaufertigen Achssystem des Unternehmens Schunk, das Schleifscheiben und Kühlmittelschutze flexibel kombiniert und bereitstellt. Die minimale Wechselzeit für eine individuelle Kombination aus Scheibe und Schutz innerhalb des Magazins, also hauptzeitparallel, beträgt 28 s. Der eigentliche Wechsel zur Maschine ist mit einer reinen Werkzeugwechselzeit von 10 s durchgeführt.

Darüber hinaus können mit dem System auch Fräser gehandhabt werden. Diese werden gerade im Bereich der Medizintechnik immer häufiger eingesetzt, um kleine Konturen oder Radien zu bearbeiten, die mit Schleifscheiben nicht erreichbar sind. Als Schnittstelle zur Maschine, die zum Schutz vor Ölnebel durch eine Sicherheitstüre vom Magazin getrennt ist, dient ein Wechseltisch, der den herkömmlichen Werkzeugwechsler der Maschine ersetzt.

Anwendungsspezifisches Achssystem

Das störkonturminimierte Achssystem wurde von Schunk anwendungsspezifisch konstruiert und inklusive Ventilinseln, Energieketten sowie der Anbindung an die Zentralschmierung fertig montiert geliefert. Zwei vielzahngeführte PGN-plus Universalgreifer des Herstellers übernehmen das Handling der Schleifscheiben und Kühlmittelschutze. Hierfür sind die Greifer mit speziell konstruierten Aufsatzbacken ausgestattet, deren komplexe Konturen so aufeinander abgestimmt wurden, dass die unterschiedlichen Schutzvarianten beziehungsweise die HSK-80- und HSK-50-Aufnahmen der Schleifscheiben zuverlässig gegriffen werden. Eine Greif­krafterhaltung stellt sicher, dass die Werkzeuge im Falle eines plötzlichen Energieabfalls zuverlässig gehalten bleiben. Optische Sensoren überwachen die Werkstückanwesenheit. Spezielle Abblasdüsen reinigen vor dem Handling die jeweiligen Schnittstellen von eventuellen Verunreinigungen.

Mithilfe einer Schunk-SRU-plus Schwenkeinheit lässt sich der untere Greifer sowohl zur Kombination von Schleifscheibe und Kühlmittelschutz als auch zur Entnahme und Ablage der einzelnen Schleifscheiben und Fräser nutzen.

Schunk-Beta-120-Zahnriemenachsen in X-Richtung

Das Linearsystem ist auf Kompaktheit und Prozesssicherheit getrimmt: So übernehmen drei Schunk-Beta-120-Zahnriemenachsen aus dem Katalogprogramm die Linearbewegung in X-Richtung: Die beiden Achsen am Kopf des Achssystems werden synchron über einen Servomotor angetrieben, die dritte Achse am Fuß ist elektrisch synchronisiert und ebenfalls mit einem Servomotor ausgestattet. Letztere sorgt für eine hohe Steifigkeit des Gesamtsystems und verhindert bei hochdynamischen Bewegungen mit Beschleunigungen von bis zu 5 ms-2 und Geschwindigkeiten von bis zu 60 m/min, dass das System ins Schwingen gerät. Auf diese Weise lassen sich sehr schnelle Achsbewegungen realisieren, es gibt keine Wartezeiten beim Werkzeugwechsel und der Verschleiß des Gesamtsystems wird minimiert.

Schunk-Delta- 240C-Spindelachse in Z-Richtung

In Z-Richtung kommt eine Schunk-Delta- 240C-Spindelachse zum Einsatz, die mit einer Absenksperre sowie mit verlängerter Spindel und Drehgeber ausgestattet ist. Dieser überwacht permanent die Position und bewirkt im Falle eines Bruchs oder einer Kollision den sofortigen Not-Stopp des Achssystems.

Speziell konstruiertes Linearmodul in Y-Richtung

In Y-Richtung vereint ein eigens für den engen Bauraum konstruiertes Linearmodul kompakte Abmessungen mit einem besonders großen Hub von 490 mm. Ohne dass Raum für die Lagerung der Spindel benötigt wird, fährt der Schlitten komplett bis ans Ende des Moduls. Nur so war es möglich, dass der Greifer sowohl das linke Magazinregal mit den Kühlmittelschutzen als auch das rechte Regal mit den Schleifscheiben und Fräsern vollständig erreicht.

Neben der Konstruktion und dem Bau des Achssystems hat Schunk auch die Antriebsauslegung und die Taktzeitberechnung übernommen. Das Ziel war eine hohe Prozesssicherheit aber auch eine hohe Wirtschaftlichkeit.

Seit 1989 ebnet Haas den Weg zu automatisierten Schleifprozessen. Neben der Prozesssicherheit beim Schleifen stehen vor allem die Reduzierung der Rüstzeiten und die mannlose Fertigung im Fokus. Die Programmierung der Handlingsysteme erfolgt ebenso wie die Programmierung der Schleifprozesse direkt bei Haas über die eigene Software Horizon.

Schleifprozesse ändern sich permanent

„Aufgrund neuer Schleifscheiben und Materialien verändern sich Schleifprozesse permanent“, erläutert Haas-Geschäftsführer Thomas Bader. Vor allem die verbesserten Möglichkeiten mit Korund-Scheiben, die sehr genau abgerichtet werden können, hätten die Prozesse deutlich beeinflusst. „Da bei Haas die Maschine, Automatisierung, Spannmittel und Software aus einer Hand kommen, können Anwender hocheffiziente Prozesse und µ-genaue Ergebnisse realisieren. Das schätzen unsere Kunden“, betont Bader.

Bezogen auf das Magazin heißt das: Individuell abgestimmt auf das jeweilige Teilespektrum werden die Werkzeuge und Kühlmittelschutze so magaziniert, dass für einen Wechsel möglichst kurze Wege erforderlich sind. Das Lagerhaltungskonzept wurde eigens von Haas entwickelt und kombiniert Werkzeuge und Schutze, die an fixen Positionen abgelegt werden, mit solchen, die chaotisch magaziniert sind. Die Integration des einbaufertigen Achssystems in die Maschine ist schnell und einfach erledigt. Sämtliche Pneumatik- und Elektroanschlüsse sowie der Anschluss an die Zentralschmierung der Schleifmaschine werden seitens Schunk bereitgestellt.

Mit großem Schleifscheibenmagazin für Zukunft gerüstet

Für die Zukunft erwartet Thomas Bader eine wachsende Bedeutung von derart flexiblen Systemen. Je härter und anspruchsvoller die Werkstoffe, desto stärker gehe der Trend zum Schleifen, da bei der Fräszerspanung immense Kosten für die Werkzeuge entstünden, ist er sich sicher. Wenn dann große Teilefamilien, kurze Reaktionszeiten und ein hoher Schleifmittelverbrauch aufeinandertreffen, so dass viele Schwesterwerkzeuge bevorratet werden müssen, mache sich das große Schleifscheibenmagazin schnell bezahlt. (sh)

Automatica 2018: Halle A5, Stand 502

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