Rückblick 2. Anwendertreff Leichtbau Leichtbau durch Bionik, 3D-Druck und Faserverbunde

Redakteur: Dipl.-Ing. Dorothee Quitter

Am 30. und 31. Mai 2017 veranstaltete die Medienmarke konstruktionspraxis den 2. Anwendertreff Leichtbau. Rund 80 Konstrukteure und Entwickler wollten in Würzburg erfahren, wie Leichtbau gelingen kann. Dabei standen die Themen Strukturoptimierung, Additive Fertigung, Verbundwerkstoffe und Materialmix im Mittelpunkt.

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In den Pausen trafen sich die Anwender mit den Leichtbauexperten um offene Fragen und konkrete Applikationen zu diskutieren.
In den Pausen trafen sich die Anwender mit den Leichtbauexperten um offene Fragen und konkrete Applikationen zu diskutieren.
(Bild: konstruktionspraxis)

Das Vogel Convention Center war die ideale Location: In zehn Vorträgen konnten sich die leichtbauinteressierten Teilnehmer einen Überblick über den Material-, Form- und Fertigungsleichtbau verschaffen und sich über neueste Entwicklungen und ausgeführte Beispiele zu informieren. Konkret anwendbares Wissen gab es in vier parallelen Praxisforen, die sich auf die Themen Strukturoptimierung, Additive Fertigung, Verbundwerkstoffe und Materialmix konzentrierten. In den Pausen fand in entspannter Atmosphäre ein reger Austausch untereinander und mit den Referenten statt. Zusätzliche Informationen zu themenspezifischer Software und Dienstleistung konnten die Teilnehmer bei vier Ausstellern erhalten. So präsentierte Altair eine topologieoptimierte Fahrwerksschwinge, die mittels additiv gefertigter Sandgussform hergestellt wurde. Bionic Production bot in Kooperation mit dem Laser Zentrum Nord einen Bauteil-Screening-Service für das Laserschmelzen und Lasersintern an. Am Stand von Dassault Systems konnten die Teilnehmer erfahren, wie ein Produkt für den 3D-Druck optimiert wird. Und Simufact Engineering erläuterte seine Software Simufact additive, mit der der metallbasierte additive Fertigungsprozess simuliert werden kann.

Im Eröffnungsvortrag erläuterte Prof. Büter von der Fraunhofer Allianz Leichtbau, wie sich der Werkstoff, die Konstruktion und die Fertigung gegenseitig beeinflussen. Der am häufigsten verwendete Leichtbauansatz ist laut Prof. Dr. Jochen Dörr von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe der werkstoffliche Leichtbau. Fast immer führt er zu einem Kompromiss zwischen Kosten und Gewicht. In seinem Vortrag „Welcher Werkstoff passt am besten?“ stellte er die meist eingesetzten metallischen Werkstoffe (Stahl, Aluminium, Magnesium, Titan) sowie Faserverbundwerkstoffe und Kunststoffe und deren mögliche Fertigungsverfahren vergleichend dar.

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Leichtbau durch Strukturoptimierung

Der konstruktive Leichtbau, auch Form-, Gestalt- oder Strukturleichtbau genannt, kann am besten mit einem simulationsgeführten Konstruktionsprozess erschlossen werden. Michael Arold von Altair Engineering gab in seinem Vortrag „Wieviel Material ist nötig?“ einen Überblick zu möglichen strukturoptimierenden Simulationen und zeigte Handlungsanweisungen auf, wie der Leichtbau von morgen gestaltet werden kann.

Bei der Gewichtsminimierung spielt die Bionik eine große Rolle. Sie überträgt erfolgreiche Lösungsstrategien der Natur auf technische Anwendungen. Für den Leichtbau sind jene Vorbilder interessant, die zu höchster Stabilität bei geringstem Materialeinsatz verhelfen. Computerprogramme sind heute in der Lage, diese Strukturen zu berechnen und konstruktiv in das zu fertigende Bauteil einfließen zu lassen. Dr. Iwiza Tesari vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) stellte in seinem Vortrag „Bionische Formfindung auf Basis lastangepasstem Wachstum“ Simulationsmethoden vor, die auf der Grundlage von Bäumen und Knochen lastabhängig Material hinzufügen oder entfernen.

Doch nicht nur Bäume und Knochen dienen als biologische Vorbilder. Das Alfred-Wegener-Institut hat sich den Planktonorganismen verschrieben. Im Vortrag „ELiSE – Ein bionischer Produktentstehungsprozess auf Basis natürlicher Leichtbaustrukturen aus dem Meer“ erläuterte Sebastian Möller eine Technologie, die klassische und neuartige Methoden der Konstruktion, Berechnung und Optimierung intelligent miteinander kombiniert, um für eine maximale Gewichtsersparnis zu sorgen.

Leichtbau durch Additive Fertigung

Additive Fertigungsverfahren sind besonders gut geeignet, hochkomplexe last- und gewichtsoptimierte bionische Strukturen aus Leichtbaumaterialien zu fertigen, die konventionell so nicht herstellbar sind. Im Vortrag „Welche Chancen bieten neue Fertigungsmethoden? – Leichtbau durch Additive Fertigung“ gab Dr. Burhard Klöden von der Fraunhofer-Allianz Generative Fertigung einen Überblick zu den Möglichkeiten dieser neuen Fertigungsmethoden. Dr. Christoph Klahn, Experte für additives Design an der ETH Zürich, zeigte im anschließenden Praxisforum, wie geeignete Bauteile und -gruppen für die Additive Fertigung in einem Produkt identifiziert werden können und welches Vorgehen bei der nachfolgenden Konstruktion die Möglichkeiten der Additiven Fertigung optimal ausschöpft. Wie dabei eine Unterstützung durch geeignete Software aussehen kann, erläuterte Karl Osti von Autodesk. Best-Practice-Beispiele zeigten Phillip Amend von Proto Labs in Form einer möglichen Metallisierung additiv gefertigter Kunststoffbauteile und Jannis Kranz von Materialise in Form eines extrem gewichtsreduzierten metallischen Funktionsbauteils aus der Raumfahrt.

Neben der technischen Machbarkeit müssen auch die rechtlichen Herausforderungen der Additiven Fertigung berücksichtigt werden. Rechtsanwalt Dr. Andreas Leupold machte in seinem Vortrag „Wem gehören wann welche Daten beim 3D-Druck? klar, was bei der Auslagerung der additiven Fertigung auf externe Dienstleister zu beachten ist, damit das geistige Eigentum an Konstruktionsdetails und Designs nicht verloren geht.

Leichtbau durch Verbundwerkstoffe

Faserverbundwerkstoffe bieten durch ihr Eigenschaftsprofil ein hohes Potential für den Leichtbau im Fahrzeug- und Maschinenbau. Die richtige Auswahl von Fasern und Matrix stellt zum einen eine Herausforderung dar und bietet zum anderen viele Möglichkeiten in der gezielten Anpassung der Eigenschaften. Ebenso ist die Betrachtung vorgesehener Fertigungsverfahren und Bauweisen für eine vollständige und wirtschaftliche Nutzung der Werkstoffe erforderlich. Prof. Dr. Joachim Hausmann vom Institut für Verbundwerkstoffe der TU Kaiserslauten gab in seinem Vortrag „Beanspruchungs- und fertigungsgerechte Auslegung von Faserverbundbauteilen“ einen Einblick in die Bauteilentwicklung mit Verbundwerkstoffen. Ein Best-Practice-Beispiel aus dem Maschinenbau stellte Fabian Trippe von der SGL Group mit einem CFK-Handlingssystem für den Hochtemperaturbereich vor. Aus dem Bereich der Faserverbund- und Hybridtechnik faszinierte Peter Fassbaender die Teilnehmer mit der von ihm entwickelten xFK-in-3D-Technologie.

Da Faserverbundwerkstoffe erst im Herstellungsprozess entstehen, sind sie für die Integration von Sensoren und/oder Aktuatoren besonders gut geeignet. Welche Funktionen sich so integrieren lassen und was dabei zu beachten ist, beantwortete Prof. Dr. Andreas Büter vom Fraunhofer LBF in seinem Vortrag „Integration von Funktionen in Faserkunststoffverbunde“.

Leichtbau durch Materialmix

Die Hybridbauweise kombiniert Komponenten verschiedener Materialien, wobei der Fokus auf einem anforderungsgerechten Einsatz liegt. Durch die Reduzierung des Materialeinsatzes bei gleichbleibenden oder besseren Struktureigenschaften und Funktionsintegration werden eine Gewichtsreduzierung der Struktur und eine Verringerung der Komponentenanzahl erreicht. Wie durch Hybridbauweise komplexere Konstruktionen im Vergleich zur herkömmlichen Bauweise realisiert werden, erläuterte Kai Rieger vom Leichtbau-Zentrum-Sachsen im Vortrag „Konstruieren in Hybridbauweise“.

Oft kommt es dabei zu einem Mix aus metallischen Werkstoffen mit Faserverbundkunststoffen. Damit die Komponenten sicher miteinander verbunden werden können, müssen alternative Verbindungstechniken evaluiert werden. Welche Verfahren sich zum Fügen artfremder Werkstoffe eignen und nach welchen Kriterien sie ausgewählt werden sollten, verriet Michael Stroka vom Fraunhofer IPA.

Sehen Sie hier die Veranstaltung in Bildern dokumentiert:

2. Anwendertreff Leichtbau
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(qui)

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