Schrauben für Kunststoff Kunststoff optimal verschrauben

Redakteur: Juliana Pfeiffer

Gewindeformende Schrauben für Kunststoff weisen laut Experten momentan das stärkste Wachstum auf. Vorteil: Es ist kein zusätzliches Element als Verschraubungspartner nötig.

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Damit ein Gewinde entsteht, wird die Schraube in den Tubus eingedreht, wobei deren Flanken das Kunststoffmaterial verdrängen, das sich dazwischen anlagert.
Damit ein Gewinde entsteht, wird die Schraube in den Tubus eingedreht, wobei deren Flanken das Kunststoffmaterial verdrängen, das sich dazwischen anlagert.
(Bild: Arnold Umformtechnik)

Beim Verschrauben polymerer Werkstoffe stehen prinzipiell vier Verbindungstechniken zur Verfügung. Neben dem Umspritzen separater Bauteile durch eine zusätzliche Komponente als Verbindungselement hat der Konstrukteur die Wahl zwischen spritzgegossenen Gewinden inkl. dem Einsatz einer metrischen Schraube, Gewindeeinsätzen sowie gewindeformenden Schrauben. Bei der Verschraubung von Kunststoffen lassen sich die Verbindungen im Vergleich zum Kleben oder Schweißen mehrfach lösen und wieder herstellen. Zudem verursachen Schraubverbindungen nur geringe Investitionen.

Gewindeformende Schrauben für Kunststoff

Ergänzend zu Gewindeeinsätzen weisen gewindeformende Schrauben laut Experten momentan das stärkste Wachstum auf. Vorteil: Es ist kein zusätzliches Element als Verschraubungspartner notwendig. Gleichzeitig entfällt somit ein Fertigungsschritt. Damit ein Gewinde entsteht, wird die Schraube in den Tubus eingedreht, wobei deren Flanken das Kunststoffmaterial verdrängen, das sich dazwischen anlagert. Verglichen mit Metallen existiert jedoch eine vielfache Anzahl von Kunststoffen. Hinzu kommt, dass polymere Werkstoffe häufig mit Fasermaterial gemischt werden um entsprechende Eigenschaften zu erzielen. Jedes Material zeigt dabei andere Eigenschaften hinsichtlich der Reibung, dem Gleiten sowie dem Fließverhalten. Diese wirken sich unmittelbar auf die Schraubverbindung aus.

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Qualität der Kunststoffverschraubung

Generell gilt, dass nur eine große Überdeckung von Flanke und Kunststoff sichere Verbindungen ermöglicht. Beim Auslegen der Verbindung ist ein höherer Vorspannkraftverlust als bei Metallen zu berücksichtigen. Dies liegt an dem materialbedingten Kriech- und Relaxationsverhalten der Polymere. Es lässt sich zwar durch belastungsarme Konstruktionen optimieren, aber nicht verhindern.

Ein optimal ausgelegter Tubus bestimmt also maßgeblich die Qualität der Kunststoffverschraubung. Problem: Allgemeine Empfehlungen in Handbüchern beziehen sich lediglich auf Metalle und bieten für Kunststoffe nur grobe Anhaltspunkte für eine Vorauslegung. Auch die Software-Programme von Rohstoffherstellern berücksichtigen nur Standardformeln und lassen sich nicht universell anwenden.

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Asymmetrische Gewindegeometrie bei Schrauben für Kunststoff

Abhilfe bringen hier beispielsweise die Remform-Schrauben von Arnold Umformtechnik. Sie bieten eine optimale Gewindeüberdeckung und sorgen für mechanisch hoch belastbare Verschraubungen. Da die ertragbaren mechanischen Lasten über Versuche ermittelt werden müssen, profitiert der Anwender von einem großen Messwertfundus des Herstellers, basierend auf zahlreichen Anwendungserfahrungen.

Die Remform-Schrauben haben eine asymmetrische Gewindegeometrie. Dadurch werden die beim Einschrauben entstehenden Kräfte in die vorgesehene Richtung gelenkt. Das Ziel ist es, ein möglichst vollständig tragendes Gewinde auf der gesamten Länge des Schraubenschafts zu erreichen. Der Kunststoff soll sich nach der Relaxationsphase so tief wie möglich zwischen den Gewindegängen befinden. Um den Materialfluss zu verbessern, hat die vom Schraubenkopf abgewandte Gewindeflanke einen Radius erhalten. Dadurch gelangt das Polymer nahe an den Kerndurchmesser. Die dem Schraubenkopf zugewandte steilere Seite der Gewindeflanke fängt den in axialer Richtung verdrängten Kunststoff ab.

Ein weiterer Effekt, den diese Gewindegeometrie hervorruft, sind kleine Radialspannungen bei der Gewindeformung. Dadurch ist beim Auslegen des Tubus eine reduzierte Wanddicke möglich. Dies ist deshalb von großer Bedeutung, da bei Kunststoff aus Kostengründen die Wanddicken minimiert werden sollen. Bestimmt doch dessen Trockenzeit mit rund 70 Prozent die Zykluszeit und damit die Kosten.

Die steile tragende Flanke der asymmetrischen Gewindeform gewährleistet hohe Ausreißkräfte und hohe Überdrehmomente (Drehmoment, bei welchem der Kunststoff ausschert).

Gewindegeometrie sorgt für effektive Materialverlagerung

Die Gewindeform bewirkt ein niedriges Form-Moment, dass das Material wirkungsvoll verlagert. Remform mit ihrer hohen Torsionsfestigkeit zeigt ein hohes Überdrehmoment, das sich dort bewährt, wo Schrauben durch hohe Torsionsbelastungen in entsprechenden Anwendungsfällen brechen. Um Versagen durch Ausschälen des Muttergewindes zu verhindern, sorgt die steile tragende Flanke dafür, dass die meiste Kraft in axiale Richtung geleitet wird, wodurch entsprechend Vorspannkräfte generiert werden. Durch den optimierten Materialfluss des Kunststoffes wird eine hohe Differenz zwischen Form-Moment und Überdrehmoment erreicht. Dies führt bei einer automatisierten Schraubmontage zu einer hohen Prozesssicherheit für den Anwender.

Das Anziehmoment kann sich in einem großen Spielraum zwischen beiden Werten bewegen. Dies stellt sicher, dass alle Maschinenelemente voll angezogen sind und die Gefahr ausgeschälter Gewindegänge nahezu ausgeschlossen ist. Die Radiusflanke in Verbindung mit der steilen Lastflanke reduziert die Radialspannungen, indem sie die Radialkräfte während des Gewindeformens und des Anziehens der Schraube minimiert. Die steile tragende Flanke überträgt die meisten der resultierenden Kräfte, die beim Anziehen entstehen.

Parameter und Fertigungstoleranzen bestimmen Ergebnis

Neben der Schraube selbst haben sich die Arnold-Experten u.a. auch mit den Einflussfaktoren auf die Prozesssicherheit beschäftigt. Beim Einsatz gewindeformender Schrauben in Kunststoff bestimmen folgende Parameter und Fertigungstoleranzen das Ergebnis:

  • Die Festigkeit vom Werkstoff (Werkzeuggeometrie, Anspritzpunkte usw.)
  • Die Kernlochdurchmessertoleranzen
  • Der Konditionierungszustand des Kunststoffs (Feuchtigkeitsanteil)
  • Die Schraubendurchmessertoleranzen
  • Der Reibungskoeffizient der Schraube (Oberflächenbeschichtung)
  • Werker- und Montageeinflüsse (Drehzahlen, Temperaturen usw.)

Für die jeweiligen Werkstoffe bietet das Unternehmen entsprechende Einbauempfehlungen. Exakte Werte zu den benötigten Einbaufaktoren lassen sich jedoch nur durch hinreichende Versuche mit den betreffenden Kundenbauteilen festlegen.

Höhere Sicherheit bei dynamischen Beanspruchungen

Für Verbindungen mit gewindeformenden Schrauben kommen meist spezielle Maschinenelemente zum Einsatz. Damit optimale Eigenschaften entstehen, werden überwiegend Schrauben mit optimierter Gewindegeometrie verwendet, wie die Remform-Schraube von Arnold Umformtechnik. Da die verschiedenen Kunststoffe in Abhängigkeit vom Kundenbauteil hinsichtlich der Einschraubeigenschaften eine sehr große Toleranz aufweisen bedarf es zur optimalen Auslegung einer Schraubverbindung nach einer Vorauslegung des Bauteils weiterer Versuche am Kundenbauteil.

Asymmetrische Gewindeflanken erzielen besonders hohe Überdrehmomente bei kleinen Einschraubdrehmomenten. Optimierter Materialfluss sichert hohe Auszugskräfte. Die Mindestbruchdrehmomente erhöhen sich gegenüber herkömmlichen 30°-Flankenschrauben um rund 30 Prozent. Darüber hinaus ergibt sich eine höhere Sicherheit bei dynamischen Beanspruchungen. Remform ist ein Lizenzprodukt der Firma Reminc USA und kann weltweit bezogen werden.

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