In Form gebracht
Gussteile aus Aluminium finden zunehmend Verwendung, vor allem in der Automobilindustrie, dem Maschinenbau und der Elektrotechnik. Sie vereinen die werkstoffspezifischen Vorteile mit den Vorzügen des Gießens. Automatisierte Prozessabläufe prägen heute das Bild moderner Druck-, Kokillen- und Sandgießereien. Im Teil 1 stellen wir den Sandguss, den Druckguss und das Squeeze-Casting vor.
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Der Werkstoff Aluminium hat eine erstaunliche Entwicklung hinter sich. Obwohl erst seit knapp zweihundert Jahren bekannt, ist das Leichtmetall aus keinem Lebensbereich mehr wegzudenken. Neben dem geringen Gewicht, der hohen Korrosionsbeständigkeit und Leitfähigkeit ist dafür auch die sehr gute Verarbeitbarkeit verantwortlich. Aluminium lässt sich hervorragend zu filigranen Drähten ziehen, zu Blechen oder dünnsten Folien walzen sowie zu komplexen Profilen pressen. Besonders gut eignet es sich auch zum Gießen, der in Deutschland mengenmäßig nach dem Walzen häufigsten Verarbeitungsmethode.
Über die Hälfte der Produktion entfällt auf den Druckguss, mehr als ein Drittel auf den Kokillenguss und knapp zehn Prozent auf Sandguss. Andere Gießverfahren spielen derzeit mengenmäßig noch keine bedeutende Rolle, gelten jedoch als zukunftsträchtig.
Hauptabnehmermarkt ist der Verkehrssektor
„Größter Abnehmer für Gussteile aus Aluminium ist der Verkehrssektor, in den über drei Viertel der Produktion gehen“, weiß Wolfgang Heidrich, Referent im Gesamtverband der Aluminiumindustrie e.V. (GDA) für Technik und Maschinenbau. „Bedeutende Abnehmerbranchen sind außerdem der Maschinenbau mit rund fünf Prozent und die Elektrotechnik mit etwa drei Prozent. Eine nur untergeordnete Rolle spielt dagegen das Bauwesen“.
Unter den Aluminium-Bauteilen haben Gussteile im Automobil mit Abstand den größten Gewichtsanteil vor Strangpressprofilen und Blechen. Anwendung findet das Leichtmetall vor allem im Antriebsbereich als Motorblock, Zylinderkopf oder Getriebegehäuse. Dazu kommen Chassis- und Fahrwerkskomponenten, aber auch Karosserieteile wie Hauben, Klappen, Türen und – als sichtbarstes Manifest des Werkstoffs – die Felgen.
Wenn man bedenkt, dass 1987 der erste Reihenmotorblock aus Aluminiumguss in Großserie ging, ist es erstaunlich, dass heute bereits rund die Hälfte aller Pkw-Motorblöcke aus dem Leichtmetall bestehen. Inzwischen wird nicht nur ein großer Teil der Benzinmotoren aus Aluminium gefertigt, auch bei Kurbelgehäusen für Dieselmotoren wird der Werkstoff immer öfter verwendet.
Gussteile aus Aluminium ermöglichen eine Gewichtsersparnis bis zu zwei Drittel gegenüber Grau-, Temper- oder Stahlguss, die sich besonders bei bewegten Massen positiv auswirkt. Darüber hinaus bieten sie ein einfaches Recycling sowie gute Zerspanungseigenschaften.
Die hervorragende Bearbeitbarkeit macht sich als deutlicher Zeitgewinn beim Drehen, Fräsen oder Bohren bemerkbar. Das Gießen verringert in der Regel den Fertigungsaufwand und damit die Herstellkosten. Zudem bieten gegossene Bauteile die Möglichkeit, die Konstruktion zu vereinfachen und mehrere Funktionen in einem Bauteil zu kombinieren.
Sandguss: flexibel und kostengünstig
Flexibilität beim Herstellen und Ändern der Werkzeuge gelten als die herausragenden Vorteile des Sandgießens. Aufgrund immer kürzerer Entwicklungszeiten gewinnen diese Vorteile noch an Bedeutung. Bisher wurde das Sandgießen vornehmlich für die Prototypenherstellung, zur Absicherung des Anlaufes eines neuen Produktes oder für so genannte Non-Safety-Parts mit hohem Kernanteil genutzt. Je größer die Serie , desto eher der Einsatz der mechanischen Dauerform-Verfahren Druck- und Kokillenguss.
Mittlerweile lassen sich aber auch mit Aluminium trotz der relativ niedrigen Bruchdehnung im Vergleich zu Sphäroguss oder Schmiedestahl die Deformationsanforderungen an Bauteile für Automobilfahrwerke erfüllen. Bei Querlenkern aus Aluminium-Sandguss mit kaum mehr als drei Prozent Dehnung sorgt zum Beispiel eine spezielle Geometrie dafür, dass sich der Querlenker definiert verformen kann.
Mit Hilfe moderner Simulationswerkzeuge erreicht man heute eine hohe Sicherheit, dass die Komponenten ausreichend dimensioniert sind. Simulationen der Formfüllung und der Erstarrung ermöglichen außerdem erheblich genauere Gießprozesse.
„Vor allem dünnwandige Hohlkonstruktionen sind für Sandguss bestens geeignet und finden als Fahrwerksteile und Aggregatträger Anwendung“, erklärt Wolfgang Heidrich. Hohl gegossene Getriebequerträger oder Motorträger aus Aluminium-Sandguss können gegenüber offenen Konstruktionen Gewichts- und Eigenschaftsvorteile bieten. Um im Kostenwett-bewerb bestehen zu können, ist beim Sandgießen allerdings ein ähnlich hoher Automati-sierungsgrad wie bei den anderen Verfahren nötig.
Druckguss für präzise Bauteile
Die technisch und wirtschaftlich beste Lösung bietet in vielen Fällen das Druckgießen. „Das Verfahren erlaubt geringe Wanddicken, Gewichts- und Materialeinsparungen sowie kontinuierliche Produktionsabläufe“, sagt Wolfgang Heidrich.
Druckgussteile sind sehr konturgenau und zeichnen sich durch vergleichsweise sehr enge Maß , Form und Lagetoleranzen aus. Mit dem Präzisionsgießverfahren lassen sich kompliziert geformte Gussteile endabmessungsnah und mit hoher Oberflächengüte fertigen. Aufgrund der Maßhaltigkeit sowie der glatten, sauberen Flächen und Kanten erfordern sie nur geringe mechanische Bearbeitungen. Wegen der hohen Produktivität gilt das Druckgießen als Standardverfahren zum Herstellen von Bauteilen mit komplexen Geometrien, insbesondere im Fahrzeugbau. Es eignet sich für die Produktion mittlerer und großer Serien von Kleinteilen bis hin zu großen Motorblöcken.
Beim Druckgießen wird die Metallschmelze durch einen Kolben mit großer Geschwindigkeit unter hohem Druck aus der Gießkammer in eine zweiteilige metallische Dauerform gepresst, wo sie aufgrund der hohen Wärmeableitung schnell erstarrt. Hohlräume und Hinter-schneidungen werden durch feste oder bewegliche Kerne bzw. Schieber ausgeformt. Aufgrund der geringen Formfüllzeiten lassen sich unter anderem großflächige, dünnwandige Bauteile mit Wanddicken unter drei Millimeter herstellen. Als Vakuum-Druckguss erlaubt das Verfahren die Herstellung wärmebehandelbarer und schweißbarer Sicherheitsbauteile für Chassis-, Fahrwerks- und Karosserieteile.
Squeeze-Casting: langsame Formfüllung
Das Squeeze-Casting unterscheidet sich vom herkömmlichen Druckguss durch die unterschiedliche Gießposition. Beim Herstellen von Motorblöcken liegt beim Druckguss das Gehäuse horizontal, beim Squeeze-Casting steht es. Während der bei herkömmlichen Druckgießmaschinen horizontal geführte Gießkolben die Form mit hoher Geschwindigkeit füllt, geschieht dies beim Squeeze-Casting eher langsam und bei klassischen Maschinen mit vertikaler Bewegung. Die Formfüllung geschieht deshalb ohne nennenswerte Gaseinschlüsse.
Weil die allgemeine Wanddicke beim Squeeze-Casting etwas üppiger als beim Druckguss bemessen sein sollte, sind Druckgussteile wie die erwähnten Zylinderkurbelgehäuse in der Regel vergleichsweise etwas leichter. Werkstoffbedingte Steifigkeitsdefizite lassen sich gut mit Verrippungen, Bombierungen sowie möglichst geschlossenen Profilelementen kompensieren.
Gesamtverband Aluminiumindustrie (GDA)
Tel. +49(0)211 47 96 282
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