PLM Globale Datenlandschaften effizient vereinheitlichen

Autor / Redakteur: Michael Wendenburg / Dipl.-Ing. (FH) Monika Zwettler

Die Harmonisierung der IT-Landschaft für Produktentwickler ist nicht einfach für ein Unternehmen, das global tätig ist und Kunden in einer Vielzahl von Industriebranchen betreut. Um den Zugriff auf die Modelldaten aus unterschiedlichen CAD-Systemen zu erleichtern, hat HellermannTyton ein Multi-CAD-fähiges Produktdatenmanagement aufgebaut. PTC Windchill sorgt für höhere Effizienz durch vereinfachte Entwicklungsarbeit mit gleichem Datenbestand an weltweit zehn Standorten.

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Die HellermannTyton-Gruppe führt mehr als 60.000 Artikel, mehrheitlich ab Lager verfügbar.
Die HellermannTyton-Gruppe führt mehr als 60.000 Artikel, mehrheitlich ab Lager verfügbar.
(Bild: HellermannTyton)

Die HellermannTyton-Gruppe, die ihren Ursprung in Deutschland und Großbritannien hat, ist seit über 80 Jahren einer der führenden Hersteller von technisch anspruchsvollen Produkten zum Bündeln, Befestigen, Schützen, Kennzeichnen und Verarbeiten von Kabeln sowie deren Anschlusskomponenten. Mit circa 3.800 Mitarbeitern an weltweit 35 Standorten, davon 12 Produktionsstätten, erwirtschaftete das Unternehmen im Geschäftsjahr 2014 einen Umsatz von 597 Millionen Euro.

60.000 Artikelvarianten

Das Unternehmen beliefert Kunden aus nahezu allen Industriebranchen mit Kabelbindern, Befestigungselementen, Kabelschutzprodukten und Verarbeitungswerkzeugen. Der Vertrieb über den Elektrofachhandel, auch zur Versorgung des Handwerks hat für das Unternehmen eine zentrale Bedeutung. Entsprechend groß ist das Produktspektrum: „Wir führen über 60.000 Artikelvarianten in unserem Sortiment, die mehrheitlich ab Lager verfügbar sind“, sagt Kommunikationsmanager James Hill. Sehr wichtig ist für das Unternehmen aber auch die Vielzahl an kundenspezifischen Lösungen.

Kundenanforderungen schnell umsetzen

Eine besondere Stärke des Unternehmens ist die Fähigkeit, effektiv auf die speziellen Anforderungen und Bedürfnisse von OEM-Kunden zu reagieren, wie Hill betont. Die Entwicklung von speziellen Kabelmanagement-Komponenten und die Betreuung von speziellen Neuteil-Projekten setzt eine vertrauensvolle Kundenbeziehung voraus, die auf jahrelanger Erfahrung beruht. Die immer anspruchsvolleren Kundenanforderungen in der Automobil-, Bahn- und Flugzeugindustrie müssen in kurzer Zeit in eine funktionsfähige Lösung umgesetzt und qualifiziert werden. Dies ist eine große Herausforderung für die Produktentwickler. Um die Datenkommunikation mit den Kunden zu vereinfachen, arbeiten sie grundsätzlich mit dem CAD-System des Auftraggebers. Catia V5 und Siemens NX sind inzwischen die führenden Systeme in der Produktentwicklung bei HellermannTyton.

Heterogene CAD-Datenlandschaft

Da das Unternehmen nicht nur die Produkte entwickelt, sondern auch die für ihre Herstellung erforderlichen Spritzguß-Werkzeuge, unterhält es in Deutschland, Großbritannien und Japan drei große Werkzeugbau-Zentren. Konstruiert werden die Spritzguß-Werkzeuge mit der 3D-Software PTC Creo. Außerdem stellt Hellermann Tyton Applikationswerkzeuge für die Verarbeitung und Montage der Produkte her, die meist mit SolidWorks entwickelt werden. Die Unterstützung der heterogenen CAD-Landschaft an den weltweit zehn Entwicklungs- und Engineering-Standorten war ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl der neuen PLM-Lösung.

Ablösung eines älteren EDM-Systems

Die Zukunftssicherung der Zusammenarbeit mit den CAD-Systemen aller Kunden war das primäre Ziel für die Änderung in der Software-Landschaft. Unmittelbarer Anlass für die Suche nach einer neuen PLM-Lösung war das Bedürfnis, die NX-Daten aus einer großen Menge Daimler-Projekten verwalten zu können.

PTC Windchill löste ein älteres EDM-System (Engineering Data Management) ab.

Dr.-Ing. Bernd Matschiner, Senior Engineering Manager erzählt: „Aufgrund regionaler Kundenanforderungen an unterschiedlichen Standorten kam es vor, dass gleiche oder ähnliche Produkte entwickelt wurden. Diese Redundanzen wollten wir durch eine zentrale Datenbasis für die Konstrukteure einerseits minimieren und andererseits das Potential für Produktinnovationen auf Basis von Bestandsdaten begünstigen.“ Daraufhin wurde 2005 an den Haupt-Entwicklungsstandorten in Deutschland, UK, Frankreich und den USA Smarteam eingeführt.

Praktikabel und zukunftssicher

In das Auswahlteam waren Mitarbeiter der vier Standorte eingebunden, an denen das alte EDM-System genutzt wurde. Sie definierten die Anforderungen und untersuchten drei PLM-Lösungen auf ihre Multi-CAD-Fähigkeit und Ausbaufähigkeit. Abgesichert wurden die Ergebnisse durch eine Bachelor-Arbeit, die zu einer ähnlichen Bewertung kam wie das Team aus den Fachbereichen.

Die Lösung von PTC überzeugte HellermannTyton als die praktikabelste Variante mit der erwünschten Zukunftssicherheit. Das Unternehmen will PTC Windchill Schritt für Schritt mit dem ERP-System sowie mit dem MDM-System (Master Data Management) eng verknüpfen, das eine Schlüsselrolle bei der Anlage und Pflege von neuen Artikeln spielt. Außerdem soll das Management von Entwicklungsprojekten und das Engineering Change Management (ECM) künftig mit PLM unterstützt werden können, wie Dr. Matschiner weiter ausführt: „PTC Windchill war auch attraktiv für die Kollegen im Werkzeugbau, weil sie nur ein Update ihrer gewohnten Software benötigten.“ Sie verwalteten ihre ProEngineer-Daten nämlich vorher mit Pro/Intralink.

Unterstützung bei der Datenmigration

Die größte Hürde beim Systemwechsel war die Migration der Bestandsdaten, die das Unternehmen mit Hilfe von PTC-Partner NET AG meistern konnte. In mehreren Anläufen schafften es die Experten des Hamburger Systemhauses, Catia-Modelle und -Zeichnungen zusammen mit den Metadaten aus dem Altsystem zu extrahieren und ohne Dubletten wieder in PTC Windchill zu importieren – immerhin ein Bestand von mehreren Tausend CAD-Dokumenten. Einfacher war die Migration der Daten aus SolidWorks. Die Übernahme der Creo-Daten bereitete naturgemäß die geringsten Probleme, weil sie vorher mit Pro/Intralink in einer ähnlichen Struktur verwaltet wurden.

„Dass der Migrationsaufwand bei PDM-Projekten gern unterschätzt wird, können wir nur bestätigen“, sagt Dr. Matschiner. „Bei uns ist dadurch der Terminplan zwar in Verzug geraten, aber die Qualität der Datenmigration war uns von vornherein wichtiger als die Geschwindigkeit per se. „Um die Akzeptanz der Anwender zu gewinnen, informierten wir die Mitarbeiter direkt vor Ort über die Handhabung der neuen Software und nahmen ihre besonderen Wünsche persönlich auf. Seit einigen Monaten gibt es wöchentliche Online-Meetings mit den Projektverantwortlichen für den etappenweisen Rollout an den Standorten, um schneller auf Fragen reagieren zu können. Außerdem werden alle Geschäftseinheiten durch den Steuerkreis regelmäßig über die Fortschritte des PLM-Projekts informiert.“

Schneller Zugriff für hohe Wiederverwendung

PTC Windchill ist mittlerweile an weltweit zehn Standorten erfolgreich im Einsatz. Die Metadaten werden zentral in Deutschland verwaltet, während die CAD-Daten und andere Dokumente auf verteilten Servern gespeichert und im Tagesrhythmus synchronisiert werden, so dass an allen Standorten grundsätzlich alle CAD-Daten zur Verfügung stehen. Der schnelle Zugriff soll ihre Wiederverwendung fördern, wie Dr. Matschiner sagt.

Harmonisierung des Änderungswesens

Nach Abschluss des weltweiten Rollouts ist geplant, das PLM- mit dem ERP-System zu verknüpfen, um die CAD-Daten automatisch mit den Artikeln verknüpfen zu können. Wobei neue Artikel führend im MDM-System angelegt werden, sobald zu einem Produkt ein Prototypen-Werkzeug gebaut wird.

Zielsetzung ist es, den Produktentstehungsprozess an den Standorten soweit zu vereinheitlichen, dass alle Verantwortlichen in den Projekten ähnlich mit dem PLM-System arbeiten: „Das funktioniert an Standorten, die seit langem Projekte transferieren, schon ganz gut, aber wir müssen natürlich alle mitnehmen“, sagt Dr. Matschiner, zu dessen Aufgaben die Harmonisierung der Prozesse gehört. Um sie zu unterstützen, überlegt das Unternehmen, ein unternehmensweites Projektmanagement mit Terminplanung und Aufgabesteuerung in PTC Windchill aufzubauen und Kernprozesse wie das Engineering Change Management (ECM) in der Lösung abzubilden. Das schafft zugleich die Voraussetzung dafür, Produkte wirklich standortübergreifend entwickeln zu können.

Ziel erreicht

Das Unternehmen unterstützt damit die Anstrengungen seiner internationalen Kunden, ihre Bauteil-Vielfalt zu reduzieren und beflügelt die Innovationskraft in der Entwicklung von speziellen Befestigungskomponenten. Das Ergebnis lässt sich sehen: Es gibt heute kaum ein Fahrzeug, das ohne eine Komponente von HellermannTyton vom Band rollt.

Der weltweite Rollout von PTC Windchill trägt dazu bei, dass die Konstrukteure an den verschiedenen Standorten mehr Know-how teilen, wie Dr. Matschiner sagt: „Wir sehen, dass vorhandene Komponenten mehr verwendet und weiter entwickelt werden, als das in der Vergangenheit der Fall war. Das ist toll zu erleben. Unseren Kunden bieten wir die gebündelte Stärke unserer ganzen Entwicklungskompetenz weltweit. Damit haben wir unser Ziel erreicht.“ (mz)

PTC auf der Hannover Messe 2015: Halle 7, Stand E28

* Michael Wendenburg ist freier Journalist in Sevilla, Spanien.

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