Moderne Maschinenkonzepte Gesucht: Die intelligente Spanntechnik

Autor M.A. Bernhard Richter

Die digitale Transformation erreicht die Spanntechnik. Die Spannmittelhersteller reagieren auf die Herausforderungen mit den ersten intelligenten Produkten.

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(Bild: ©grafikplusfoto - stock.adobe.com)

Digitalisierung und Vernetzung der Produktion prägen die „vierte industrielle Revolution“. Um die Herausforderungen von Industrie 4.0 zu meistern, brauchen Unternehmen hochflexible, vernetzte und anpassungsfähige Produktionsmittel. Ein hohes Potenzial zur Steigerung der Produktivität liegt in der Verwendung intelligenter Spanntechnik, ist sich das Fraunhofer IPT sicher.

Die Herausforderungen sind gleichermaßen die Trends in der Industrie, denen sich die Hersteller von Spanntechnik aktuell stellen müssen: zunehmende Bearbeitung von Verbundwerkstoffen, Leichtbauteilen, dünnwandigen und miniaturisierten Bauteilen, Individualisierung von Werkstücken und die damit verbundenen kleineren Losgrößen. Hinzu kommen Anforderungen wie höhere Rundlaufgenauigkeiten und Wuchtgüten für Werkzeugaufnahmen, vollautomatisierte Fertigungsprozesse und zuverlässige Prozessüberwachung sowie automatisierte Werkstückbestückung.

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Sind die klassischen Technologien im Zeitalter von Industrie 4.0 noch zeitgemäß? Wo bieten sich neue Maschinenkonzepte an, wo spielen bewährte Technologien ihre Stärken auch in Zukunft aus? Antworten auf diese Fragen sowie Entscheidungshilfen und Kriterien für die Auswahl der jeweils am besten geeigneten Methoden, Technologien und Komponenten bietet der Anwendertreff Maschinenkonstruktion am 05.

Die Vernetzung und eindeutige Identifizierung von Spanntechnikkomponenten, aber auch die Implementierung von Sensorik zur Datenerfassung und -übertragung sind darüber hinaus im Pflichtenheft kommender Werkzeugmaschinen und ihrer Spannmittel festgeschrieben.

Der Spannmittelhersteller Schunk hat sich der Herausforderung als einer der Ersten gestellt und verfügt über mehrere Studien für die smarte Werkstückspannung. Ein elektromechanisches Nullpunktspannmodul z.B. ermöglicht die Überwachung von Einzugskraft, Spannschieberstellung, Innentemperatur und Zyklenzahl. Zudem kann das Modul die Anwesenheit der Werkstücke erkennen.

Einen Schritt weiter geht der intelligente Kraftspannblock des Unternehmens, der eine integrierte Spannweg- und Spannkraftüberwachung sowie einen Temperatursensor und Zyklenzähler bietet. Hier können Spannkraft und die Position der Spannbacken an das Werkstück angepasst werden. So ist es möglich, Beschädigungen der Oberfläche zu verhindern und eine sichere Spannung zu gewährleisten.

Interaktive Echtzeitsteuerung

Auch die Römheld GmbH, die noch vor etwa zehn Jahren zu den Neulingen der Spanntechnikhersteller zählten, ist mittlerweile eine bekannte Größe. Für Geschäftsführer Hans-Joachim Molka liegt die Zukunft in den unterschiedlichen Antriebsarten bzw. -technologien der Spannmittel: „Wenn es um Feinregulierung oder Vernetzung geht, sind elektromechanische Spannsysteme im Vorteil. Wenn Sie große Kräfte auf kleinstem Raum benötigen, ist die Hydraulik ganz klar vorne“, meint Molka. Er geht davon aus, dass Spanntechnik ein integraler Bestandteil von Fertigungssystemen ist – und nicht bloße Hardware. „Die Spannkomponenten liefern Daten an das Gesamtsystem und tragen damit zur interaktiven Echtzeitsteuerung bei“, erklärt Molka weiter. Wie das funktionieren kann zeigt ein Projekt des Fraunhofer IPT.

Cyberphysische Systeme

Fräsprozesse bei lang auskragenden und dünnwandigen Bauteilen werden durch Schwingungen des Werkstücks oftmals stark beeinträchtigt. Ziel des Fraunhofer Projekts „Fix-Tronic“ ist es, ein mechatronisches Stabilisierungssystem zu entwickeln, das die Schwingungen durch aktive Dämpfung und Drehzahlanpassung der Spindel minimiert: So werden während der Bearbeitung Informationen über das Werkstücks anhand von Sensoren im Spannsystem erfasst und mit einer adaptiven Regelung verknüpft. Durch Piezoaktoren wird eine ausgleichende Gegenschwingung erzeugt.

Die Vernetzung des Spannsystems mit der Werkzeugmaschine ermöglicht die Überwachung des Stabilitätsverhaltens im Werkstück und erlaubt so die prozesssichere Bearbeitung. Durch den neuen Ansatz im Projekt wird das Werkstück selbst zum cyberphysischen System im Sinne der Industrie 4.0 und so zum Informationsträger für die autonome Prozesssteuerung durch das Produkt. Das Projekt „Fix-Tronic“ soll im Juni diesen Jahres zum Abschluss kommen. (br)

Industrie 4.0 im Fräsprozess: Flexible, mechatronische Spannsysteme mit aktiver Schwingungsdämpfung - Fraunhofer IPT

Durch den neuen Ansatz im "FixTronic"-Projekt wird das Werkstück selbst zum cyberphysischen System im Sinne der Industrie 4.0 und so zum Informationsträger für die autonome Prozesssteuerung durch das Produkt. Das Projekt "FixTronic" verbindet die Stärken von Unternehmen und Forschungseinrichtungen verschiedener nordrhein-westfälischer Hochtechnologiestandorte in den Bereichen Produktion und Mechatronik, mit dem Ziel, eine entscheidende Flexibilitätslücke der Industrie 4.0 zu schließen.

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