Funktechnologie Funktechnologie macht ruhige FTS munter

Autor / Redakteur: Andreas Schenk* / Jan Vollmuth

Mobile Fördertechnik mit Fahrerlosen Transportsystemen (FTS) erfordert neue Kommunikationsstrukturen zwischen Produktionsanlagen und übergeordneter IT. Automobilhersteller setzen hier auf Funktechnologie.

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Die Vision-E-FTS wurden für die flexible Produktion von Elektrofahrzeugen entwickelt. Über die sWave.NET-Funktechnologie werden sie innerhalb extrem kurzer Zeit aus dem energiesparenden „Deep sleep“-Modus „aufgeweckt“.
Die Vision-E-FTS wurden für die flexible Produktion von Elektrofahrzeugen entwickelt. Über die sWave.NET-Funktechnologie werden sie innerhalb extrem kurzer Zeit aus dem energiesparenden „Deep sleep“-Modus „aufgeweckt“.
(Bild: Daum & Partner Maschinenbau GmbH)

In ihren „Smart Factories“ erproben mehrere Automobilhersteller zurzeit ein neues Produktionssystem: Sie verzichten auf stationäre Fördertechnik wie Montagebänder und Hängebahnen. Stattdessen wird jedes Fahrzeug – beginnend bei der Rohkarosse – auf einem Fahrerlosen Transportsystem (FTS) montiert. Die zahlreichen dafür benötigten Teile werden auf weiteren (kleineren) FTS am mobilen Verbauort bereitgestellt.

Größere Flexbilität dank FTS

Dieses Produktionskonzept ermöglicht eine größere Flexibilität, weil die FTS – je nach Ausstattungsgrad des zu montierenden Fahrzeugs – unterschiedliche Stationen anfahren können. Es eignet sich zwar nicht für Großserienmodelle, aber für Nischenfahrzeuge und Autos der Oberklasse sowie für Elektrofahrzeuge.

Die dpm Daum & Partner Maschinenbau GmbH gehört zu den Spezialisten der FTS-Systeme für den Automobilbau und hat mit dem Vision E ein neues FTS-Konzept speziell für die Montage von Elektrofahrzeugen entwickelt. Zu der Besonderheit des Vision E gehört die „On board“-Sicherheitstechnik, die nach Angaben des Herstellers erstmals Montagearbeiten im Fließbetrieb rund um das Fahrzeug ermöglicht. Der Fließtransport wird dabei nicht unterbrochen.

Funkgesteuertes Batteriemanagement

Eine weitere Besonderheit des Vision E ist sein energieeffizientes Batteriemanagementsystem. Bei Betriebsruhen bis zu drei Wochen kann die gesamte FTS-Anlage in einen „Sleep-Modus“ versetzt werden, bei dem die Energiezufuhr gänzlich ausgeschaltet wird. Das hat u. a. den Vorteil, dass die FTS keine zentrale Ladestation anfahren müssen, sondern in beliebiger Position stehenbleiben können. Lediglich eine Pufferbatterie ist während dieser Zeitspanne in Betrieb und versorgt einen Funkempfänger mit Strom. Dieser Empfänger startet die Anlage mit allen Fahrzeugen auf Knopfdruck innerhalb kürzester Zeit. Bei bisherigen Anlagen erfolgte die Stromversorgung durch Batterien, die nach längeren Pausen bei jedem einzelnen Fahrzeug neu gestartet und ggf. neu aufgeladen werden müssen.

Access Points empfangen die Funksignale der einzelnen Schaltgeräte und geben sie z. B. per WiFi oder Ethernet an die IT-Infrastruktur des Anwenders weiter.
Access Points empfangen die Funksignale der einzelnen Schaltgeräte und geben sie z. B. per WiFi oder Ethernet an die IT-Infrastruktur des Anwenders weiter.
(Bild: steute Technologies GmbH & Co. KG)

Das Starten der einzelnen FTS erfolgt über die Funktechnologie sWave.NET von Steute. In den Produktions- oder Montagehallen werden Access Points installiert, die jeweils bis zu ca. hundert netzwerkfähige Endgeräte wie zum Beispiel Positionsschalter, Fußschalter oder Magnetsensoren und andere Geräte miteinander verbinden. In jedes Netzwerk können zahlreiche Access Points eingebunden werden.

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Energiearme Funktechnologie mit kurzer „Aufwachzeit“

Die sWave.NET-Funktechnologie gehört zur Klasse der Low Power Wide Area Networks (LPWAN). Die Low-Power-Funktionalität gewährleistet lange Batteriestandzeiten von bis zu zehn Jahren. Zugleich ist die Übertragungssicherheit auch unter ungünstigen Bedingungen (andere Funknetze, Reflexionen) hoch. Dafür sorgt z. B. die Möglichkeit der Mehrfachübertragung bei einer fehlgeschlagenen Übermittlung: Wenn das Senden an den ersten Zugangspunkt scheitert, wird der zweite Access Point adressiert usw.

Vom Schaltgerät bis in die obersten Ebenen der Unternehmens-IT: Architektur des sWave.Net-Funknetzwerks.
Vom Schaltgerät bis in die obersten Ebenen der Unternehmens-IT: Architektur des sWave.Net-Funknetzwerks.
(Bild: steute Technologies GmbH & Co. KG)

In der neuesten Generation des Funknetzwerks übernimmt eine „Sensor Bridge“ als Service Manager die Anbindung der auf der Produktionsebene generierten Daten an die kundenseitige IT-Infrastruktur, in diesem Fall an die Flottenmanager-Software von dpm. Die Konfiguration der Sensor Bridge erfolgt web-basiert über ein zentrales Dashboard und schafft u. a. die Voraussetzung dafür, dass dpm die jeweiligen Funktionen des Funknetzwerks an die individuellen Anforderungen anpassen kann – was wiederum den Vorteil bietet, dass das funkgestützte Batteriemanagement mit sWave.NET künftig als Standard bei allen Fahrerlosen Transportsystemen des Unternehmens genutzt werden kann.

Mehrere Applikationen – eine Funktechnologie

DPM wird das funkgesteuerte Batteriemanagement auch für andere FTS-Baureihen übernehmen.
DPM wird das funkgesteuerte Batteriemanagement auch für andere FTS-Baureihen übernehmen.
(Bild: dpm Daum & Partner Maschinenbau GmbH)

In einem nächsten Schritt könnte ein solches Funknetzwerk weitere Funktionen übernehmen – zum Beispiel die Nachschubsteuerung der Fahrzeugproduktion. In diesem Fall würden stationäre oder mobile, ggf. ebenfalls auf FTS installierte E-Kanban-Regale das Vorhandensein bzw. die Entnahme von Behältern detektieren und diese Information an die Materialflusssteuerung übermitteln. Oder aber es werden Funksensoren an den Übergabepunkten zwischen stationärer und mobiler Fördertechnik installiert, die z. B. dem FTS signalisieren, dass ein Behälter zum Transport bereitsteht, und einen entsprechenden Abholauftrag bzw. Fahrbefehl generieren.

Für solche Anwendungen entwickelt Steute zurzeit vorkonfigurierte Applikationen, die ohne Programmieraufwand nur konfiguriert und dann schnell installiert werden können. In den bereits zur Verfügung stehenden Applikationen für E-Kanban-Systeme sind jeweils verschiedene Funktionen (E-Kanban für Schnell- und Langsamdreher, mit Regalfeldabfrage oder manuellem Abruf) bereits hinterlegt. So kann der Materialfluss in Produktion, Montage und Lager noch flexibler gestaltet werden. Und das gilt selbstverständlich ebenso für andere Aufgabenbereiche, etwa bei der Steuerung von Kommissioniersystemen oder der Zuführung von Material und Sendungen zu Packstationen. (jv)

Andreas Schenk ist Produktmanager Wireless bei steute Technologies.
Andreas Schenk ist Produktmanager Wireless bei steute Technologies.
(Bild: steute Technologies GmbH & Co. KG)

* Andreas Schenk ist Produktmanager Wireless bei Steute Technologies GmbH & Co. KG, Löhne

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