Materialwissenschaften Forschende entdecken neuartige 2D-Materialien
Zweidimensionale Materialien bestehen aus wenigen Atomlagen. Sie leiten Wärme und Strom sehr gut. Graphen ist das bekannteste davon. Nun haben Forschende in einer Studie neuartige Typen entdeckt.
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Zum Erstaunen vieler, heißt es, wurde jetzt bekannt, dass 2D-Materialien auch auf der Grundlage bestimmter Metalloxide existieren können, die etwa für nanoelektronische Anwendungen denkbar sind. Sie lassen sich aus Ilmenit (Titaneisenerz) oder Chromit (Chromeisenerz) synthetisieren, heißt es weiter. Einem deutsch-amerikanischen Forschungsteam unter der Leitung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) ist es nun mithilfe datengestützter Methoden gelungen, von diesen Neulingen gleich 28 Vertreter vorherzusagen. Bei der Studie kam auch die Material-Datenbank AFLOW (Automatic Flow for Materials Discovery) von der Duke University in den USA zum Einsatz. Die Datenbank klassifiziert rund 3,5 Millionen Verbindungen mit über 700 Millionen berechneten Materialeigenschaften.
Ionenbindung statt schwache Wechselwirkung
Der wesentliche Unterschied der neuen 2D-Materialien im Vergleich zu Graphen ist, dass ihre kristallinen Strukturen keine sogenannte schwache Wechselwirkung (van-der-Waals-Kräfte) zeigen. In alle Richtungen wirkten aber Ionenbindungen. Das sei die Erklärung dafür, dass man solche Materialien bisher kaum von dreidimensionalen Probekörpern habe ablösen können. Die Erkenntnisse aus der Studie könnten das aber nun ändern und sie sparen auch noch Zeit, weil man sich auf die aussichtsreichsten Typen davon beschränken könnte, um damit zu experimentieren. Das datengestützte Suchen nach den Neulingen basierte natürlich auf vorhandenen experimentell ermittelten Erkenntnissen. Von diesen ausgehend, hat man strukturelle Prototypen entwickelt, die als Filterkriterium für die Suche in einer riesigen Materialdatenbank fungierten, wie das HZDR erklärt. Dabei galt es herauszufinden, warum sich bei ganz bestimmten Oxiden 2D-Systeme leichter bilden. Als das klar war, konnte ein valides, verallgemeinertes Suchkriterium entwickelt werden. Mit diesem werden die ermittelten „Kandidaten“ systematisch nach ihren Eigenschaften charakterisierbar.
Auf der Suche nach der „Abschälenergie“
Zur Charakterisierung wendeten die Forschenden vor allem die sogenannte Dichtefunktionaltheorie an, heißt es weiter. Das ist eine praktische Berechnungsmethode für elektronische Strukturen, die in der Quantenchemie und der Physik der kondensierten Materie weit verbreitet ist, wie man erfährt. Für die nötigen Rechenschritte arbeiteten sie mit mehreren Hochleistungs-Rechenzentren aus Deutschland zusammen. Ein entscheidender Faktor sei dabei die Bestimmung der Exfoliationsenergie (quasi Schälenergie) gewesen. Diese definiert, wie viel Energie nötig ist, um eine 2D-Schicht von der Oberfläche eine 3D-Materialprobe abzulösen.
Die zukünftige Quelle für neue Datenspeicher winkt
Zusammen mit der zugehörigen Software lieferte die Datenbank den Forschern schließlich nicht nur die chemische Zusammensetzung der bisher 28 2D-fähigen Materialien, sondern ermöglichte auch die Untersuchung ihrer Eigenschaften, die sowohl in elektronischer und magnetischer als auch topologischer Hinsicht bemerkenswert seien. Den Experten zufolge könnten sie durch ihre spezielle magnetische Oberflächenstruktur besonders für spinelektronische (fluxtronische) Anwendungen attraktiv sein – etwa für Datenspeicher in Computern oder Smartphones. Es könnte nach Ansicht der Forschenden so viele neue 2D-Materialien geben, dass sich daraus eine darauf spezialisierte Materialdatenbank aufbauen ließe. Die erste Publikation darüber findet sich übrigens in „Nano Letters“ (DOI: 10.1021/acs.nanolett.1c03841).
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