Exakt positionieren in sechs Freiheitsgraden
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Bei einer neu entwickelten Mess- und Frässtation für die Montage von Lenkrädern und Airbagmodulen sorgt ein Hexapod für eine hochgenaue Positionierung der Bauteile.

„Jeder Kunde kann sein Auto in einer beliebigen Farbe lackiert bekommen, solange die Farbe schwarz ist“, sagte der US-amerikanische Erfinder und Automobilpionier Henry Ford. Bei heutigen Autos geht es nicht mehr nur um einige Farben: Die Zahl der Fahrzeugmodelle hat sich ebenso wie die Zahl der Ausstattungsvarianten und Assistenzsysteme sich vervielfacht.
Komplexe Montage
Gleiches gilt für Lenkräder: Alleine für den VW-Golf gibt's sechs verschiedene Lenkräder mit jeweils ca. 30 Ausstattungsvarianten und für das Modell GLC von Daimler stehen sieben Lenkradvarianten mit unzähligen Oberflächen und Modifikationen zur Verfügung. Dies macht die Montage von Lenkrädern immer komplexer – die gleichzeitig kosteneffizient und fehlerfrei erfolgen soll.
„Wo früher einfache Kurbelteile saßen geht’s jetzt multifunktional zu. Das Lenkrad soll den Fahrer informieren, die Bedienung des Fahrzeugs vereinfachen und bietet so eine wachsende Zahl an Funktionen“, sagt Dr. Friedrich Piater, Inhaber der IMAK-Gruppe. Assistenzsysteme, Navigation und Smartphone-Anbindung müssen auf relativ kleinem Raum untergebracht werden, ohne sich gegenseitig zu beeinträchtigen. Zudem soll die Anordnung der Funktionen die Autofahrer nicht verwirren.
Modellunabhängige und kosteneffiziente Produktion
Eine kosteneffiziente Produktion der Lenkräder erfordert deshalb eine sichere automatisierte Montage unabhängig vom jeweiligen Modell und dem jeweiligen Funktionsbauteil, wie z.B. einem Airbagmodul. Eine kosteneffiziente Produktion der Lenkräder erfordert deshalb eine sichere automatisierte Montage unabhängig vom jeweiligen Modell und dem jeweiligen Funktionsbauteil, wie z.B. einem Airbagmodul. Darüber hinaus soll das Ergebnis schön aussehen, mit einem vollkommen gleichmäßigen Spalt zwischen Gehäuse und Deckel des Moduls.
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Die Väter der Hexapoden
Wer hat’s erfunden?
Ein Fahrzeug-Zulieferer hat deshalb IMAK beauftragt eine Montageanlage zu entwickeln, mit welcher Lenkräder und Airbagmodule unabhängig von den jeweils gewählten Varianten präzise und sicher zu montieren sind. Das Ergebnis: eine kombinierte Mess- und Frässtation, mit der ein beliebiges Lenkrad mit einem beliebigen Airbagmodul zusammengebracht werden kann. Dank eines Hexapoden sind alle sechs Freiheitsgrade justierbar. Die Fräseinrichtung wurde ebenfalls von IMAK speziell entwickelt.
Feinfühliges Messsystem
Ein Airbag-Modul besteht einfach gesagt aus einem Korpus und einer Kappe. Beide Teile sind aus Kunststoff-Spritzguss und nicht vollkommen formstabil, was die Montage erschwert. Der Korpus des Airbags und seine Kappe werden vor der Befräsung verklipst.
Fünf 2D-Sensoren erledigen die erforderlichen Messaufgaben: Vier beobachten das Objekt aus Z-Richtung, einer aus Y-Richtung. Die Mess-Sensorik bestimmt so von oben die Position des Lenkrades in X- und Y-Richtung sowie die Winkelausrichtung um die Z-Achse. Das Spaltmaß wird erst nach der Befräsung durch Einsetzen eines Masterteiles in das Lenkrad überprüft. Ein Spiegel im Strahlengang halbiert das Bildfeld des Sensors aus der Y-Richtung. Ein Teilstrahl erfasst den Y-Abstand und der zweite die Z-Orientierung. Über die Messwerte der Sensoren aus der Z-Richtung errechnet das System die Symmetrie in X- und Y-Richtung und stellt sie mit dem Hexapoden ein. Auch der Funktionsspalt wird durch Gewichten der einzelnen Sensoren in Z-Richtung optimiert und die Winkelstellungen um die X- und Y-Achse nivelliert.
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Hexapoden
Hilfe für den Roboterarm
Spaltmaße werden an vier Stellen geprüft
Die Messgenauigkeit für den Funktionsspalt zwischen der Blende des Lenkrades und Masterteil des Airbagmoduls beträgt ± 0,05 mm bei einem Spaltmaß von 2 mm. Damit die Optik stimmt, werden die Spaltmaße an vier Stellen geprüft. Das Airbagmodul mit seiner Kappe weist erhebliche Abweichungen zum Ideal auf. Im Grundkörper des Airbagmoduls befinden sich deshalb Bohrungen, die nach dem Ausrichten des Moduls befräst werden. An diesen Bohrungen wird das Airbagmodul in das Lenkrad eingeklipst.
In der neu entwickelten Mess- und Frässtation für Airbags werden die Generatorträger für voll funktionsfähige Airbags an zwei Aufnahmepunkten durch einen Diamant-Fräskopf für den passgenauen Einsatz im Lenkrad endbearbeitet. Nach Einlegen des Airbags in seine Aufnahme und dem Einlesen des Barcodes wird der Airbag samt Generatorträger vom Hexapod linear in seine Verbauposition verfahren, die durch Vermessen der Kappe ermittelt wird. Sitzt der Airbag an der vorgesehenen Position, fährt ein spindelbetriebener Schlitten den Fräskopf an die definierten Bearbeitungspunkte. Mit Umdrehungsgeschwindigkeiten von 1.500 min–1 wird der Generatorträger bauteilschonend und vor allem erschütterungsarm an den Aufnahmepunkten zirkular gefräst.
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Positionierung
Punktgenau ins richtige Licht rücken
Speziell entwickelte Fräsköpfe
Bei den Lenkrädern muss die Airbag-Aufnahme der unterschiedlichen Typen bearbeitet werden. Nach dem Einlegen des Lenkrads bestimmt die Mess-Sensorik Typ und Position des eingelegten Lenkrades innerhalb seiner Achsen. Sitzt das Lenkrad an seiner vorgesehenen Position und wurde der jeweilige Barcode über einen DataMatrix Reader ermittelt, verschwindet die komplette Mess-Sensorik vollautomatisch im hinteren Bereich der Anlage. Nun fährt ein spindelbetriebener Schlitten von oben mit drei speziell entwickelten Fräsköpfen ins Innere des Lenkrads und fräst dort die Außenkonturen und Oberflächen der drei Airbag-Aufnahmen auf das entsprechende Maß.
Sowohl der Airbag als auch das Lenkrad sind durch Klemmmechanismen auf dem Hexapoden fixiert, der minimale Positionsabweichungen zu den in einer Datenbank hinterlegten mehrdimensionalen Referenzwerten präzise ausgleicht.
Vormontierte Bauteile fügen
Dieses Konzepts erlaubt das Fügen vormontierter Bauteile. Dabei ist eine beliebige Kombination der einzelnen Baugruppen bei Einhaltung der geforderten Spaltmaße und der Symmetrie gewährleistet. „Unser Lösungsansatz baute auf Erfahrung mit der Ansteuerung eines Hexapoden. Wir hatten schnell erkannt, dass bei der Kontur im Raum alle sechs Freiheitsgrade zu justieren sind“, berichtet Friedrich Piater.
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Automatisierungs-Anbindung
Der Mann aus Hawaii
Imak hat die Aufgabe im geforderten Zeitrahmen gelöst und die ersten Maschinen fristgerecht ausgeliefert. Die geforderte Taktzeit von 30 s wurde zudem um 15% unterschritten.
Ausschlaggebend für die Erteilung des Auftrags an Imak war die unternehmenseigene Erfahrung beim Ausrichten von Optiken für Fahrerassistenzsysteme. „Diese Kompetenz soll weiter erhalten bleiben und fortgeführt werden. Zu diesem Zweck bin ich auf der Suche nach einem Nachfolger, der ein Interesse an der Technik hat, darüber hinaus auch den wirtschaftlichen Aspekt nicht verliert“, sagt Friedrich Piater.
* Barbara Stumpp ist freie Journalistin
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