Radarmessgeräte Erhöhte Wirtschaftlichkeit und Messwertzuverlässigkeit durch Radar

Autor / Redakteur: Carsten Schulz* / Jan Vollmuth

Die neue Generation frei abstrahlender Radarmessgeräte für Füllstand setzt mit neuen Auswertealgorithmen Maßstäbe in der Messwertzuverlässigkeit. Die Firma Arcelor Mittal Bremen ersetzt mit der neuen Radartechnologie die bisher eingesetzten mechanischen Seilsonden.

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Vielfältige Einsatzmöglichkeiten in Flüssigkeiten und Schüttgütern durch angepasste Gerätevarianten.
Vielfältige Einsatzmöglichkeiten in Flüssigkeiten und Schüttgütern durch angepasste Gerätevarianten.
(Bild: Endress+Hauser)

Die Arcelor Mittal Bremen GmbH hat ihren Standort direkt am Unterlauf der Weser auf einem ca. sieben Quadratkilometer großen Gelände im Norden von Bremen. Seit 1957 wird hier Stahl produziert. Als zweitgrößter Arbeitgeber der Region verfügt Arcelor Mittal Bremen über hoch technisierte Anlagen, mit denen mehr als drei Millionen Tonnen Rohstahl hergestellt werden können. Das Unternehmen ist ein modernes integriertes Hüttenwerk: Alle Anlagen - von der Roheisenerzeugung bis zur Feinblechverarbeitung – sind auf dem Gelände vereint. Damit sind kurze Wege garantiert, die für einen optimalen Produktionsablauf sorgen. Arcelor Mittal Bremen gehört zum weltgrößten Stahlkonzern ArcelorMittal, und bietet ein vielfältiges Lieferprogramm von warm-, kaltgewalzten und oberflächenveredelten Flachstahlprodukten.

Ersatz für wartungsintensive mechanische Lotsysteme

Eine hohe Anlagenverfügbarkeit ist der Maßstab bei der Füllstanderfassung im Hochofen. Für die Erfassung der Hochofenfüllstände wurden in der Vergangenheit wartungsintensive mechanische Lotsysteme eingesetzt. Durch das physikalische Prinzip das ein Stahlseil mit einem entsprechenden Gewichtsstück ständig durch auf- und abfahren die Füllgutoberfläche detektiert entstehen hohe Wartungskosten und nur zeitweise verfügbare Messwerte.

Arecelor Mittal Bremen nutzt die Vorteile der berührungslosen Radartechnologie:

  • Kontinuierliche Messung
  • Die Profil-Informationen sind immer verfügbar
  • Keine Unterbrechung der Begichtung und keine Teufenänderung durch die Sondenfahrt
  • Geringere Instandhaltungskosten

Für die zwei unterschiedlichen Füllstanderfassungen im Hochofen werden insgesamt neun freiabstrahlende Radarmessgeräte Micropilot eingesetzt:

Füllstanderfassung Teufemessung

Für die Begichtung ist eine Überwachung der rotationssymmetrischen Schüttung bei Befüllung mit drehbarer Schurre sowie die Steuerung der Nachführung wesentlich.

Lösung: Installation von vier Radarsonden auf einem Radius mit 90 Grad Versatz (vier Sektoren im Hochofen) als Ersatz mechanischer Sonden.

Füllstanderfassung Profilerfassung

Nutzung der Profilinformation, um die Materialschüttung pro definiertem Ringsegment im Hochofen zu beeinflussen.

Lösung: Installation von fünf Radarsonden am Ofenkopf, die entlang eines Radius die Teufe messen.

Mit den Daten kann über fünf Stützstellen das Schüttungsprofil grob bestimmt werden. Die Genauigkeit gegenüber einer konventionellen Profilsonde ist geringer, aber die Vorteile durch die berührungslose Messtechnik überweigen.

Hohe Messwertzuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit

Die hohe Messwertzuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit des neuen Micropiloten FMR5x resultiert aus einer Vielzahl von innovativen Eigenschaften:

  • Messwertzuverlässigkeit durch Mehrfach-Echoerkennung - Die selbst lernenden Softwarealgorithmen des neuen freiabstrahlenden Radar sind in der Lage, bis zu 20 Mikrowellenreflexionen gleichzeitig zu verfolgen und in Füllstand-, Stör-, Doppler- oder Bodensignal zu charakterisieren: Die Definition der Signalart wird durch eine Bewertung der unterschiedlichen Reflexionseigenschaften wie Reflexionshöhe, Reflexionsposition, Reflexionsgeschwindigkeit und Bewegungsrichtung definiert.Durch diese einzigartigen Auswertealgorithmen ist es erstmalig möglich, eine Signalreflexion auch unterhalb einer Störausblendung zuverlässig auszuwerten.
  • HistoROM – der vergisst nicht - Bei stetig wachsenden Sicherheitsanforderungen, erhöhter Nachweispflicht und dem Bedarf an hoher Anlagenverfügbarkeit, gewinnt ein cleveres Datenmanagement für Feldgeräte an Bedeutung – besonders im Anlagenbetrieb überwachungsbedürftiger Anlagen (z. B. chemische/petrochemische Industrie). Folgende Anforderungen standen im Fokus: die Dokumentation der Messstelle im Rahmen der Nachweispflicht von Anlagen; die einfache, sichere Wartung und Reparatur durch Austausch von Komponenten ohne Neuparametrierung oder Abgleich; die Nachvollziehbarkeit von Anlagenzuständen und etwaigen Störeinflüssen; und die Nachvollziehbarkeit von Parametrieränderungen bei sicherheitsgerichteten Messstellen. Das HistoROM ist Hauptbestandteil im cleveren Datenmanagementkonzept der Zweileiter-Geräte. Es ermöglicht viele neue, für den sicheren Anlagenbetrieb wichtige Funktionen. Sozusagen unverlierbar mit dem Transmittergehäuse verbunden, speichert es automatisch alle zum Messgerät gehörenden Daten.

Davon profitiert der Betreiber

Automatische Datensicherung ermöglicht den zeitsparenden Austausch von Elektroniken ohne Neuabgleich. Bei einem Elektronikwechsel laden sich die Gerätedaten der letzten Parametrierung automatisch von dem Speicherbaustein HistoROM in die neue Elektronik und das Gerät nimmt automatisch den Messbetrieb wieder auf. Einen Parametrierung über das Display oder ein Download der Gerätedaten über einen Laptop ist nicht erforderlich. Zusätzlich werden die Daten als Backup im Display gespeichert werden.

Sollte eine Parametrierung misslingen, kann über das Display der vorherige Stand der Einstellungen wiederhergestellt werden – die aktuellen HistoROM-Daten werden mit den Displaydaten überschrieben. Die Funktion „Daten duplizieren“ ermöglicht die Parametrierung von Geräten in gleichen Anwendungen, hier kann ein Parametersatz von einem Gerät zum anderen übertragen werden. Alle Anforderungen wurden auf elegante Weise gelöst. Effekt: erhöhte Sicherheit im Anlagenbetrieb bei gesenkten Kosten.

Anlagensicherheit umgesetzt

Alle Geräte des neuen Micropilot FMR5x wurden nach IEC 61508 entwickelt. Diese hohe Qualität erlaubt den Einsatz in Schutzeinrichtungen direkt ab Markteinführung.

Die Geräte-Hardware wurde nach SIL 2, die Gerätesoftware nach SIL 3 entwickelt. Dies erlaubt den Einsatz in SIL 2-Schutzeinrichtungen, aber auch SIL 3 in homogener Redundanz. Um die Sicherheitsfunktion der Schutzeinrichtung zu gewährleisten, d. h. gefährliche, unerkannte Fehler weitgehend auszuschließen, muss diese regelmäßig wiederkehrend geprüft werden.

Betreiber verfahrenstechnischer Anlagen beklagen den enormen Zeit- und Kostenaufwand im Zusammenhang mit diesen Prüfungen insbesondere bei kontinuierlich messenden Systemen. Füllstandänderungen für wiederkehrende Prüfungen sind im laufenden Prozess nicht praktikabel. Der Zugriff auf Geräte in der Anlage ist häufig nur bei Revision möglich.

Problematisch stellt sich auch die aufwändige zeitliche Abstimmung zwischen Dienstleister und Prozessbetrieb dar. Die Lösung für all diese Anwenderprobleme ist die neue Gerätefamilie Micropilot FMR50 bis -57. Mit diesen Geräten ist es möglich, das Prüfintervall auf bis zu zwei Jahre zu verlängern und eine Prüfung ohne Betriebsunterbrechung im eingebauten Zustand abzudecken − und das alles ohne Spezialkenntnisse. Eine Wiederholungsprüfung ist zu jeder Zeit unabhängig vom Prozess möglich, ohne Stillstand der Produktion und Beeinflussung der Anlagenverfügbarkeit.

Spektrum erweitert

Die Neuentwicklung der Mikrowelleneinkopplung erweitern das Anwendungsspektrum für Flüssigkeitsgeräte auf bis zu 450 °C und für Schüttgutgeräte auf bis zu 400 °C Prozesstemperatur. Für anspruchsvolle Applikationen mit Messbereichen bis 70 m in Schüttgütern ist der FMR57 die Lösung. Ergänzt wird das Geräteportfolio mit der wirtschaftlichen Gerätevariante des FMR56 mit einem Messbereich von 30 Meter in Schüttgütern.

Diese neuen, innovativen Software- und Hardwareentwicklungen erhöhen die Messwertzuverlässigkeit des Micropilot FMR5x in Flüssigkeiten und Schüttgütern erheblich. Dies führt auch bei anspruchsvollen Prozessbedingungen zu einer hohen Anlagenverfügbarkeit.

Die Zukunft hat ein Gesicht

In der Prozessindustrie steigen die Anforderungen an die Automatisierungstechnik stetig. Immer leistungsfähigere und gleichzeitig flexiblere Anlagen, mit der gesamten Bandbreite an messtechnischen Anwendungen, sollen zu möglichst geringen Kosten betrieben werden. Die Komplexität für den Anwender nimmt aufgrund der Vielzahl von Messaufgaben und der dafür verfügbaren Geräte unterschiedlicher Hersteller stetig zu. Gleichzeitig steigen die Anforderungen hinsichtlich der Betriebssicherheit und Verfügbarkeit von Anlagen.

Endress+Hauser setzt mit der vollumfänglichen Integration der neuen Gerätevarianten des frei abstrahlenden Radar Micropilot FMR5x in das Zweileiter-Konzept für Durchfluss und Füllstand diese Anforderungen um. Die Einheitlichkeit zeigt sich z. B. in Dokumentation, Bedienung, Diagnose, Ex- und Ersatzteilkonzept sowie vielen weiteren Details und führt zu einer Kostenreduktion in Planung, Beschaffung und Betrieb. Das erste einheitliche Zweileiter-Konzept für Durchfluss und Füllstand erhöht die Sicherheit und senkt die Kosten. (jv)

SPS IPC Drives 2014: Halle 4A, Stand 135

* Carsten Schulz, Produktmanager Füllstand, Endress+Hauser Weil am Rhein

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