Metalle Eigenspannungen in Verbundgussteilen bestimmt
Eigenspannungen in Verbundgussteilen führen zu Verformungen und schlimmstenfalls zu Rissen im Material. Eine Verbundgussform aus Aluminium und Stahl wurde jetzt zum ersten Mal an der Forschungs-Neutronenquelle Heinz Maier-Leibnitz (FRM II) in Garching mit Neutronen in-situ während des Abkühlens untersucht.
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Betroffen von Eigenspannungen sind vor allem Werkstücke, die aus zwei verschiedenen Metallen bestehen, wie etwa Zylinderlaufbuchsen in Automotoren. Die Metalle, die wie Ringe umeinander herum gelegt werden, dehnen sich beim Abkühlen nach dem Gießen unterschiedlich aus. Es kommt zu Spannungen zwischen den beiden Stoffen.
Bisher errechnete Spannungen dreimal höher
Mit seinen Ergebnissen begeistert der Doktorand am Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen der Technischen Universität München (TUM) von Prof. Dr. Hartmut Hoffmann auch die Industrie: Wasmuth konnte zeigen, dass ein Computerprogramm, das die Spannungen in Werkstücken aus zwei Metallen simuliert, einen wichtigen Faktor nicht berücksichtigt. Es hat die Spannungen drei Mal höher berechnet, als sie dann tatsächlich waren. Denn die Simulation lässt außer Acht, dass sich der Aluminiumring des Versuchszylinders durch Kriechprozesse noch ein wenig an den härteren und sich geringer zusammenziehenden Stahlkern anpasst.
Die Spannungen ermittelte der Doktorand am Instrument Stress-Spec im FRM II an einem Werkstück, das aus zwei in der Industrie verwendeten Aluminium- und Stahllegierungen besteht. Um den bereits fertigen Stahlkern goss er das 710 °C heiße Aluminium. Neutronen, die auf die Atome der Alu- und Stahllegierungen trafen, maßen die Dehnung beim Abkühlen im Atomgitter und ließen so völlig zerstörungsfrei Rückschlüsse auf die Spannung im gesamten Werkstück zu.
Kriechprozesse während des Abkühlens untersucht
Wasmuth beobachtete mit Hilfe des Stress-Spec, dass Spannungen, die einer Last von bis zu 20 Kilogramm pro Quadratmillimeter entsprechen, erst ab einer Abkühl-Temperatur von 350 °C auftraten. „Das Aluminium zieht sich beim Abkühlen doppelt so stark zusammen wie der Stahl“, erklärt er die Ursache der Spannungen. Sichtbar werden diese enormen Kräfte lediglich durch wenige Hundertstel Millimeter, um die sich die Stahlhülse beim Abkühlen verformt.
Der Gießereiindustrie hat Uwe Wasmuth die Ergebnisse seiner Neutronenmessungen am FRM II schon mehrfach vorgestellt. Nun ist das Interesse groß, ein verallgemeinertes Computer-Modell für den Kriechprozess zu finden, der die Spannungen zwischen den Metallen abschwächt. Denn nur mit genauen Computer-Simulationen, die auch temperaturabhängige Kriechprozesse berücksichtigen, lassen sich die Spannungen in Werkstücken exakt vorhersagen und somit Risse vermeiden.
Forschungsergebnisse sollen in Computer-Simulation einfließen
Wasmuth beantragt nun Förderungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), um ein Nachfolgeprojekt am TUM-Lehrstuhl für Umformtechnik und Gießereiwesen sowie an der Neutronenquelle FRM II für seine Verbundgussforschungen zu finanzieren. Dieses soll mehrere, verschiedene Verbundwerkstücke mit Neutronen untersuchen, um die Computer-Simulation für Eigenspannungen auf breitere Füße zu stellen und noch zu verfeinern.
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