Simulation Die perfekte Welle

Redakteur: Dipl.-Ing. (FH) Monika Zwettler

Akustisch induzierte Strömungen treiben Flüssigkeiten an: Die numerische Simulation unterstützt Forscher dabei, das Zusammenspiel zwischen akustischen Oberflächenwellen in piezoelektrischen Materialien und mikrofluidischer Strömung besser zu verstehen und so effiziente Bauteile zu entwickeln.

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Harmonische Schwingungen der Oberfläche von Interdigitalwandlern erzeugen akustische Oberflächenwellen (SAWs).
Harmonische Schwingungen der Oberfläche von Interdigitalwandlern erzeugen akustische Oberflächenwellen (SAWs).
(Bild: Comsol)

Mikrofluidische Bauelemente sind der Schlüssel zu vielen Anwendungen, wie zum Beispiel Lab-on-a-Chip-Sensoren für die medizinische Diagnostik oder kostengünstige Durchflusssensoren. Bei der Entwicklung dieser Produkte stehen die Hersteller vor der Herausforderung, Flüssigkeiten auf engstem Raum effektiv zu transportieren oder zu mischen.

Die mechanischen Eigenschaften von Flüssigkeiten innerhalb von Geometrien mit Abmaßen von wenigen 100 µm oder kleiner können sich von den Eigenschaften auf Makroebene unterscheiden. Dies liegt daran, dass das Verhältnis der Flüssigkeitsoberfläche zu ihrem Volumen bei diesen kleinen Dimensionen sehr groß ist und somit Faktoren wie Oberflächenspannung, Wärmetransport und Viskosität einen bedeutenden Einfluss haben.

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Forscher am SUNY College of Nanoscale Science and Engineering (CNSE) in Albany, USA, untersuchen den Einsatz akustischer Oberflächenwellen (surface acoustic waves, SAWs) als Antrieb für Flüssigkeitsströmungen. Da die Schallgeschwindigkeit in Substraten und Flüssigkeiten unterschiedlich ist, führt Dispersion dazu, dass die Schallwelle in einem bestimmten Winkel in die Flüssigkeit eingeleitet wird. Die Dämpfung dieser Druckwelle verursacht eine akustisch induzierte Strömung (acoustic streaming, am Ende des Artikels finden Sie eine Infobox über deren Entstehung und die Wirkung von akustischen Oberflächenwellen).

Simulation vereinfacht Designentscheidungen

Um solche Bauelemente effektiv zu entwickeln, ist das Verständnis der akustischen Eigenschaften des piezoelektrischen Materials, das zur Erzeugung von SAWs verwendet wird, ein entscheidender erster Schritt. In diesem Zusammenhang bietet sich die numerische Simulation als leistungsstarkes Werkzeug an, um z. B. die Effekte verschiedener Elektrodenmetalle und Geometrien auf die akustische Wellenausbreitung zu bestimmen. Die Erkenntnisse können dazu dienen, bessere Designentscheidungen zu treffen.

Graham Potter, wissenschaftlicher Mitarbeiter am CNSE, untersucht den Einsatz verschiedener piezoelektrischer Materialien für Anwendungen zur Nutzung akustisch induzierter Strömung. Das CNSE ist Teil einer einzigartigen universitären-industriellen Partnerschaft mit Sematech, einem global tätigen, industriellen Halbleiter-Forschungskonsortium, das sich den Herausforderungen bei modernen Fertigungstechnologien widmet.

Potter ist am CNSE in Professor James Castracanes Labor tätig. Sein Team entwirft Bauelemente, die aus piezoelektrischen Substraten, wie z. B. Lithiumniobat (LiNbO3) mit einem Y-gedrehten Schnitt bei einem Drehwinkel von 128°, hergestellt werden. „Der Winkel des Schnittes wird in Bezug auf die kristallinen Achsen bestimmt. Diese bestimmte Orientierung wurde aufgrund der Existenz einer Rayleighwelle traditionell in Bandpassfiltern verwendet. Die Rayleighwelle ist eine Art SAW mit starker elektromechanischer Kopplung, die sich in eine einzige Richtung entlang der Wafer-Oberfläche ausbreitet“, erklärt Potter.

Wechselspannung erzeugt harmonische Schwingungen

„Aus diesem Grund waren viele Studien, bei denen dieses Material für akustisch induzierte Strömung eingesetzt wurde, auf lineare Bauelemente mit einer Orientierung in eine Richtung beschränkt. Wir interessieren uns für den Entwurf zirkularer oder fokussierender Bauteilarchitekturen (siehe Bild 1A). Daher, und aufgrund der Anisotropie des Kristalls, benötigten wir ein besseres Verständnis der Ausbreitungscharakteristik der Wellen über die gesamte Oberfläche“, führte Potter weiter aus. Im verwendeten Versuchsaufbau wurde ein Array aus Goldelektroden, auch bekannt als Interdigitalwandler (interdigitated transducer, kurz IDT), auf einem piezoelektrischen Substrat erzeugt. An den Elektroden wird eine Wechselspannung angelegt, die aufgrund des inversen piezoelektrischen Effektes die Oberfläche zu harmonischen Schwingungen anregt, wodurch wiederum eine SAW erzeugt wird. „Indem die Orientierung dieser Testbauteile über die Oberfläche variiert wird (siehe Bild 1B) können die Resonanzfrequenz und die akustische Strömungsreaktion als Funktion der Ausbreitungsrichtung bestimmt werden“, erklärt Potter. Diese Bauelemente können für den Test des akustischen Strömungseffektes bei ausgewählten Orientierungen auf der Oberfläche sowie zur experimentellen Validierung von Simulationsergebnissen genutzt werden. Das dargestellte 20-µm-Segment entspricht der Größe des modellierten Bereiches.

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